Das Verwaltungsgericht Berlin hat gestern Mittag und danach das Oberverwaltungsgericht das verfügte Verbot des Berliner Senats von Demonstrationen gegen die Corona-Politik aufgehoben. Zur Begründung erklärte ein Sprecher des Gerichts, die von Innenverwaltung und Polizei vorgelegten Begründungen für die Verbote hätten für eine Bestätigung der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht Berlin nicht ausgereicht, um einen so schwerwiegenden Eingriff in den Grundgesetzartikel acht (Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit) zuzustimmen. Gleichzeitig verfügte das Gericht einzuhaltende Auflagen – hier insbesondere ein Abstandsgebot. Auch wies der Sprecher des Gerichts darauf hin, dass das Infektionsschutzgesetz kein Tragen von Masken auf öffentlichem Straßenland vorschreibt.
Die Berliner Polizei rüstet auf
Als letzte Instanz auch gegen dessen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg bleibt dann das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
Noch vor dem Gerichtsurteil hatte der Einsatzleiter der Polizei die vorgesehenen Maßnahmen erläutert. So seien etwa 3.000 Polizisten im Einsatz. Es handele sich dabei neben den Kräften aus Berlin um Verbände der Bundespolizei sowie aus mehreren Bundesländern.
Vorgesehen sei eine vollständige Absperrung der Zugänge zu den beabsichtigten Demonstrationsrouten, wie auch den Orten der Kundgebungen. Damit dürfte das Regierungsviertel, das Brandenburger Tor und die Zufahrtswege wie die Straße des 17. Juni, Berlins große Demonstrations- und Partymeile, verrammelt sein.
Alleine dafür werden Absperrgitter auf einer Gesamtstrecke von neun Kilometern Länge aufgestellt. Die Polizei werde Demonstrationsverbote konsequent durchsetzen, erklärt ihr Sprecher, noch ehe es welche gibt. Im Falle des Verstoßes werde gegen den Antragsteller der Demonstrationen und Kundgebungen ein Strafverfahren eingeleitet, wie auch jeder und jede, welche sich an einer verbotenen Veranstaltung beteilige, mindestens wegen einer Ordnungswidrigkeit angezeigt würde.
Auch die Wasserwege würden entsprechend abgeriegelt, so wie auch eine Beobachtung aus der Luft erfolgen werde. Sollte es zu weitergehenden gewalttätigen Handlungen kommen, zu denen bestimmte Gruppen im Internet aufgerufen hätten, stünden sowohl Wasserwerfer als auch schweres Einsatzgerät in Bereitschaft. Unter schwerem Einsatzgerät sind Räumfahrzeuge zu verstehen. Wer von ihnen erfasst wird, riskiert schwere Verletzungen.
Der Frage, ob die Bewegung nicht mittlerweile von einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen zu einer generellen gegen die Merkel-Regierung geworden ist, stimmt Michael Ballweg von der Organisation Querdenken, dem Veranstalter, zu: Die Maßnahmen der Berliner Senatsregierung hätten die Bürger noch einmal mehr auf die Barrikaden gebracht, das sei jedenfalls sein Eindruck. Doch das Gerichtsurteil ist nicht nur eine Ohrfeige für den Berliner Innensenator Andreas Geisel. Angela Merkel hat seiner falschen Entscheidung Respekt gezollt. Der Vorwurf, ein grundgesetzwidriges Verbot erlassen zu haben, trifft also auch sie.
Warum die Eskalation?
Doch anstatt Klarheit zu schaffen, verbietet man lieber und verliebt sich in Kampfbegriffe wie „Corona-Regime“. Als solches wird die Bundesregierung wahrgenommen, und das Vorgehen in Berlin verschärft diesen Eindruck. Niemand darf sich wundern, wenn die Bürger sich auf den Arm genommen fühlen, und ob dieser Verachtung Wut entwickeln. Eine Folge könnte das rapide Ansteigen der Zustimmung zur AfD sein. Macht diese Regierung wirklich Werbung für ihren ärgsten Herausforderer? Vielleicht aber verspricht man sich am Ende eine Art Volksfront aller im Bundestag vertretenen Parteien, ausgenommen die AfD, zur Abwendung einer „faschistischen Gefahr.” Dann wären noch ganz andere Maßnahmen denkbar.
Die Antwort könnte aber auch sehr viel simpler sein. Je länger das Pandemie-Gespenst beschworen werden kann, umso länger kann der Staat mit seinen Restriktionen als fürsorglicher Zuchtmeister auftreten mit Hoffnungen auf die nächsten Wahlen. Ein nicht ganz ungefährliches Spiel, vielleicht wäre ein vernünftiges Aufeinanderzugehen doch der bessere Weg.