Tichys Einblick
Arroganz satter Oberer

„Containern“: Grüner Justizsenator will Mittagstisch aus dem Mülleimer legalisieren

Der Hamburgs Justizsenator Till Steffen (Grüne) hat zur Vorlage zur Konferenz der Justizminister der Länder einen Antrag geschrieben, der das Containern künftig erlauben soll. Das ist zynisch.

imago images / Sabine Gudath

So sieht der Kampf für die Abgehängten der Gesellschaft nach grünem Rezept aus: Der Hamburger Justizminister möchte aktuell seine Kollegen der anderen Bundesländern davon überzeugen, das Einsammeln von Lebensmitteln aus Müllcontainern zu legalisieren.

Kann man eigentlich das eigene Versagen noch plastischer machen, wenn es darum geht, die Würde der abgehängten Deutschen auf diese Weise mit Füßen zu treten, wenn eine Antwort auf die dringende Fragen der Armutsbekämpfung darin bestehen soll, den Menschen den Mittagstisch aus Mülltonnen zu legalisieren?

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Aber der Reihe nach: Dort oben in Gesellschaft des grünen Justizsenators auf der trockenen Anhöhe leben die Guten nebst ihren noch traditionell im alten Schulsystem via Gymnasium gepäppelten zukünftigen Elitesprösslinge. Ihnen gegenüber, auf der anderen Seite des Grabens der die Anhöhe von der deutschen Tiefebene trennt, stehen die Anderen, die Fachkräfte, die Arbeiter und die kleinen Angestellten mit ihren in diese inflationär aus dem Boden wachsenden Ganztagsschulen hineingepressten Kindern und der ihnen damit also automatisch zugedachten unteren Spielklassen.

Hier also die sich per grüner oder grüngefärbter Politik staatlich quersubventionierende neue deutsche Elite, dort die Arbeitsdrohnen, die Anschaffer, die Steuergelddruckmaschinen, das Fußvolk bildungsferner Unterschichten.

Tatsächlich braucht es nicht viel Fantasie, etwas über eine neue deutsche Gutsherrenmentalität zu erzählen, die zum Synonym für eine immer anmaßender auftretende Gesellschaftsschicht geworden ist, deren größte Übereinstimmung wohl darin besteht, ihr Kreuz bei den Grünen zu machen oder schon selbst grünaktivistisch unterwegs zu sein oder wenigstens irgendwo dort querfinanziert zu sein, wo man beispielsweise als Nichtregierungsorganisation aus von grünen Entscheidern geführten staatlichen Töpfen bezahlt wird.

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Wie weit sich diese in immer obszönerem Maße bezuschusste grüne Meinungsführerschaft ihrer Sache schon sicher ist, zeigt jetzt eine Obszönität, die ihres Gleichen sucht, wenn der grüne Hamburger Innensenator gerade vorschlägt, das so genannte Containern, also das Durchwühlen von Müllcontainern hinter Supermärkten zu legalisieren, anstatt sich endlich um die Menschen zu bemühen, die dort wühlen müssen, die so etwas offensichtlich nötig haben, um zu überleben.

Anstatt dieses für eine so hoch entwickelte Gesellschaft auf vollkommen unwürdige „Essen aus der Mülltonne“ rigoros zu bekämpfen indem man beispielsweise die Discounter zu einer umgehenden Vernichtung der abgelaufenen Lebensmittel verpflichtet bzw. dazu, ihre Mülltonnen in verschlossenen Bereichen bis zur Abholung zwischenzulagern, sollen nun quasi legale Mülleimertheken eingerichtet werden als eine Art Gammelfress-Points für die, die keine Frischwaren verdient haben, weil Unterschicht oder zugewandert?

Was bisher als Diebstahl galt, aber in der Realität so gut wie nie ernsthaft geahndet wurde, soll jetzt eine neue Versorgungslinie neben den Tafeln werden, die ja sowieso schon jenen Teil der abgelaufenen Waren, der noch zumutbar ist, bekommen, welche also die Discounter noch guten Gewissens zur Weitergabe empfehlen können?

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Der Hamburgs Justizsenator Till Steffen (Grüne) hat zur Vorlage zur Konferenz der Justizminister der Länder einen Antrag geschrieben, der das Containern künftig erlauben soll. Das ist zynisch. Das gräbt den Graben quer durch die Gesellschaft mit sozialem Sprengstoff tiefer, wenn man im Staatsdienst oder staatlich subventioniert für sich selbst und seine Familie im stylischen Frischeregal stöbert, während die Ärmsten die herab fallenden welken Blätter aus dem Müll klauben sollen – neuerdings gönnerhaft ohne dafür bestraft zu werden?

Anstatt sich darum zu bemühen, dass die Menschen in Brot und Arbeit bleiben, wird ihnen das Vorvorvortagsbrot legalisiert, auch wenn es schon ein bisschen nach Gammel schmeckt?

Das ist nun selbst den Tafeln zu bunt, wenn beispielsweise Christian Tack, Chef der Hamburger Tafel, die Pläne des Hamburger Justizministern kritisch sieht. Er wolle keine Schlägereien an den Müllcontainern hinterm Supermarkt: „Wir möchten keine Prügelszenen an den Behältern sehen“, berichtet er gegenüber dem Hamburger Abendblatt.

Der Tagesspiegel hat dazu dankenswerterweise einen Kommentar eines Lesers hervorgehoben, dem eigentlich nichts hinzuzufügen ist:

„Das ist die neoliberale Version von Sozialpolitik. Anstatt das Wegwerfen von Lebensmittel zu bestrafen, legalisiert man das Einsammeln von Müll.“

Oder doch: Es ist schlimmer. Das ist eine grüne Arroganz von Leuten, die in ihrer Gutmenschen-Wagenburgmentalität längst über allem zu schweben glauben, die nach mehr Polizei schreien, wenn jemand ihren ganz persönlichen Grenzen zu nahe kommt, die aber nostalgisch-revolutionäre Gefühle bekommen, wenn ihre Klientel auf der Straße ACAB (All Cops are Bastards) proklamieren oder „No-Border-no-Nation“ fordern. Es ist so verlogen. Es gehört in die Container der Gegenwart und es sollte dort bitte auch verbleiben.

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