Donald Trump hat zum Anschlag in Charlottesville kein klares Wort gesagt. Dass er das nicht tat, weil das Attentat den Gegendemonstranten galt, die gegen eine Demonstration der „alt-right“ genannten Bewegung gerichtet war, also gegen einen Teil seiner Wählerschaft, ist unübersehbar. Bei Anschlägen mit islam(ist)ischer Motivation twitterte er stets sofort und scharf. Politische Einäugigkeit ist niemals akzeptabel. Auch hier nicht. Für die unbedingten Freunde von Recht und Freiheit gibt es keinen Spielraum für Ausreden oder Relativierungen.
Dass der Anlass der Gewalttat die Auseinandersetzung über ein Monument des Südtstaaten-Generals Lee und die Umbenennung des nach ihm benannten Parks war, unterstreicht einmal mehr, wie wenig von einer Bewältigung des amerikanischen Krieges gesprochen werden kann, den – unverändert – die einen Civil War nennen und die anderen War between the States. Uns in Europa sollte das immer wieder daran erinnern, wie lange es braucht, bis innere Umbrüche in Gesellschaften als befriedet angesehen werden können. Aber das ist eine eigene, andere Geschichte.
Was mir an Charlottesville wieder ins Auge springt, ist, dass es den allermeisten, die öffentlich hörbar sind, Politiker, Stimmen der organisierten Gesellschaft und Journalisten, nicht um die Opfer geht. Ja, sie, die Tat und die Täter werden in ritualisierten Formeln, die stets die gleichen sind, erwähnt. Doch die Masse und Kraft der Worte richtet sich gegen den politischen Gegner, den man wegen seines inakzeptablen Verhaltens verurteilen kann. Die Meinungsführer-Medien auf beiden Seiten des Atlantiks verurteilen Trumps Äußerungen oder besser Nichtäußerungen zu Recht.
Das erinnert mich an den großen Anschlag von Berlin und die vielen alltäglich gewordenen „kleineren“ Gewalttaten und Übergriffe. Statt klare Worte von den politisch Verantwortlichen für die permanent weiter abnehmende Sicherheit der Bürger zu verlangen und Abhilfe, üben die Meinungsführer-Medien sich im Abwiegeln, Relativieren und auch in schlichtem Verschweigen, als wäre es ihre Aufgabe, den Herrschenden die Notwendigkeit klarer Worte und Standpunkte zu ersparen.
Es ist der Medien Pflicht, den Opfern ein Gesicht zu geben, um die Grausamkeit und Abscheulichkeit der Tat zu verdeutlichen. In Deutschland wird da der Datenschutz vorgeschoben. Die Amerikaner zeigen sie, wie auch die Franzosen, Engländer, Israelis, Russen, wo immer der Terror zu schlägt, welcher auch immer gegen wen auch immer.