Es ist wohl das Sinnbild der Union des gestrigen Abends: Als um Mitternacht nach langer, aufzehrender Sitzung des CDU-Bundesvorstandes über den Kanzlerkandidaten abgestimmt werden soll, versagt die Technik. Mitglieder haben Zweifel ob eine geheime Abstimmung so möglich sei, andere bemängeln, sie hätten keinen Zugangslink bekommen, bei manchen liegt der im Spamordner. Es steht schon die Frage im Raum, ob man die Sitzung verschieben und in Präsenz stattfinden lassen sollte – in diesen Zeiten könnte eine solche Verschiebung die Lage entscheidend verändern. Dann klappt es doch noch und ein peinliches Politikum wird geradeso nochmal abgewendet.
Es ist ein Stolperstart, alles andere als eine Machtdemonstration, aber am Votum des CDU-Vorstandes kommt Söder nur schwer vorbei. Zudem gestand der bei seiner gestrigen Pressekonferenz nach langem Rumgeeiere ein, dass er auch ein alleiniges Votum des CDU-Vorstandes akzeptieren würde. Eigentlich wollte er aber eine „breite“ Entscheidung, er könnte jetzt also darauf pochen, die Fraktion noch anzuhören. Oder die im Laufe der gestrigen Sitzung immer wieder ins Spiel gebrachte Kreisvorsitzendenkonferenz. Eigentlich, wenn Söder seinen Worten treu bliebe, müsste er aber am Dienstag zurückziehen.
Das interessanteste Ereignis des Abends ist aber das, was nicht stattgefunden hat: Merkels Beitrag. Will sie einfach zusehen, wer zu ihrem Nachfolger wird?
Während Armin Laschet als vordergründig rheinische Frohnatur herumstolpert, im Hintergrund aber natürlich ein Strippenzieher mit eigenem Machtgerüst ist, ist Markus Söder allein auf der Suche nach den Fußstapfen der Kanzlerin. Mit Söder wäre die CDU als eigenständiger Machtapparat wirklich tot, das könnte ganz in Merkels Sinne sein. Und der Umfrage-König aus Franken dürfte ähnlich schnell entgleisen, wie 2017 der Schulz-Zug.
Eine der klarsten Wortmeldungen des Abends kommt vom Merkel-Vertrauten Peter Altmaier. Der sagte völlig überraschend, dass es außer NRW keinen Landesverband gäbe, der Armin Laschet wolle und man auf die Basis hören sollte – für CDU-Verhältnisse sind das klare Worte für Söder. Und das obwohl der Franke Altmaier bereits einmal aus dem Kabinett schmeißen wollte. Wie soll das zu erklären sein?
Am Ende hat sich das Parteiestablishment mit Mühe durchgesetzt, Schäuble und Bouffier stützten den angeschlagenen Rheinländer. Markus Söder muss jetzt entscheiden. Kämpft er weiter und riskiert eine immer größere Blamage oder lenkt er gespielt staatsmännisch zum „Wohle der Parteienfamilie“ ein. Entscheidend ist wohl, wie gut Laschets Freunde wirklich sind. Und ob Merkel für Söder schweigt.