Tichys Einblick
Krönungsmesse für Klüngel-Königin

Bei CDU: Von der Leyen lobt sich selbst für Green Deal und Pfizer

Wie Ursula von der Leyen Kommissionschefin wurde, gehört zu den bestgehüteten Geheimnissen des EU-Prozesses. In Berlin nutzte die nunmehrige CDU-Kandidatin den Tag, um für den Green Deal zu werben, „schmutzige fossile Energien“ zu geißeln und 25 Prozent Bürokratie-Abbau zu geloben. Das ist noch weniger, als ihre eigene Partei fordert.

picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Auf dem CDU-Anstecker mit ihrem Bild, den die Kommissionschefin wohl autorisiert haben muss, gibt Ursula von der Leyen quasi die Anti-Strack-Zimmermann. Wo die bekannteste Marie-Agnes der Republik, oder kurs MASZ, als Halbgesicht in der Erde zu versinken scheint, da blickt UvdL zu den Sternen, scheint wie in Verzückung durch die himmlischen Eingebungen ihres Schöpfers. Der ist allerdings inzwischen weit weniger verzückt von ihr, war es vielleicht nie. Von Emmanuel Macron, der die Kommissionspräsidentin einst als Morgengabe an Angela Merkel erschuf, ist weiterhin zu hören, dass er eine Ersetzung von der Leyens plant, vielleicht sogar durch den EU-Technokraten Mario Draghi, was kaum eine Verbesserung wäre.

Aber die Gegner von der Leyens, von denen es ein paar mehr gibt, haben ihre Rechnung offenbar ohne die europäischen Klüngelverbände CDU und CSU gemacht, die für ihre Kommissions-Vorsitzende kämpfen wollen. Merz sprach den merkwürdigen Satz von der „Kampfbereitschaft von CDU und CSU“ für UvdL aus. Man will es offenbar erreichen, dass die Merkelanerin auf ihrem Sessel kleben bleibt. Dabei könnte es auch um einen möglichst heißen Draht nach Brüssel gehen und die Möglichkeit von einer Klüngel-Königin in den eigenen Reihen zu profitieren. Erst kürzlich besuchte die Chefkommissarin die Kernfusions-Forschungsanlage im bayerischen Garching, und die größte Nachricht des Tages war, dass sie diesmal keine neuen Fördergelder dabei hatte.

Daneben sprach von der Leyen von „my dearest Roberta Metsola“, die ebenfalls ins Neuköllner Estrel Congress Center (an der berühmten Sonnenallee, alias „arabische Straße“) gekommen war. Später sprach die aus Malta stammende Parlamentspräsidentin  Metsola auf Deutsch und musste sich von Friedrich Merz als „kleines Mitgliedsland“ einheimsen lassen. Dazu gab es Musik von der Band „Noble Composition“, die durch Hits wie „We are family“ den halben Saal zum Klatschen brachte.

In ihrer Rede bedankte sich von der Leyen auch bei Hendrik Wüst für die „enge und gute Zusammenarbeit“ in Sachen der irgendwas, vermutlich finanziert mit EU-Fördermitteln. Ach ja, es ging um die „sich schlängelnde“ längste Wasserstoff-Pipeline Deutschlands von Marl bis Leverkusen. Die Botschaft: Wo ich regiere, fällt allemal etwas für euch andere ab. Landesvater Wüst freute sich wie ein Pennäler über das Lob. Aber das ist wohl immer die Hauptaufgabe eines EU-Kommissars: den Weg frei machen dafür, dass die eigenen Leute etwas vom großen Förderkuchen abbekommen. Insofern treten inhaltliche Unterschiede in den Hintergrund.

Von der Leyen bleibt dabei: Green Deal ist für alle gut

Denn von denen gäbe es eigentlich genug, wenn man an die Basis der CDU denkt, vor allem was das Lieblingsprojekt Green Deal angeht. Der wurde unter von der Leyen eingeläutet und teils durchgezogen, was vor allem die niederländischen Bauern als erste zu spüren bekamen. 2023 erlaubte die EU zudem Insekten im Essen, was viele Verbraucher grundsätzlich ablehnen, bald aber nicht mehr im Auge haben werden. Schon jetzt darf man die kleinen Kriecher in Brot, Nudeln oder Chips hineinrühren.

Der „Deal“ blieb das heimliche Hauptthema der Von-der-Leyen-Rede, das überproportional viel Redezeit einnahm. Die Spitzenkandidatin sprach dabei plakativ wie eine in die Jahre gekommene Luisa Neubauer von Russlands „schmutzigen fossilen Energien“. So grün-radikal kann das Herz der Schwarzen in Deutschland sein. Von der Leyen bettete ihren „Deal“ geschickt in Verbeugungen vor deutschen Industrieprojekten und Naturlandschaften ein wie hier zu erleben.

Angeblich sollen beide profitieren von der Umstülpung der deutschen und der EU-Wirtschaft bis zum Jahr 2050, und ebenso die Bauern, die von der Leyen zu Naturschützern umschulen will. Dabei haben gerade die europäischen Landwirte – früher mal Kernwählerschaft der einstigen Union – in den letzten Monaten klar gemacht, was sie von den Brüsseler Plänen zu Renaturierung, Düngerverzicht und immer neuen Dokumentationspflichten halten. Ihre Antwort war, wenn man sich recht erinnert: Gar nichts, weil das alles nicht wirtschaftlich ist, sondern Höfe zu vernichten droht.

Bei leerer Forderung Bürokratie-Abbau unterbietet sie die eigene EVP

Derweil hatte am dritten Tag des CDU-Parteitags in Berlin die Feier vom Vorabend ihre Spuren hinterlassen. Glasige Augen und verkniffene Münder allerorten. Nur Markus Söder kam anscheinend erfrischt in den Saal und frotzelte sofort jeden an, der irgendwie in Reichweite saß. Konkret und der Reihe nach: Friedrich Merz, UvdL selbst und Carsten Linnemann. Auch das Parteitagspublikum hielt durch und feierte auch die eigene Kandidatin, so gut es eben ging, wobei sich auch weiterhin ein gewisser Geschlechterkampf abspielte: Die beiden Frauen auf der Bühne, die den EU-Abgeordneten und Vize-EVP-Chef David McAllister einrahmten, klatschten besonders demonstrativ für ihre Frauenunions-Kollegin, die es „Klasse!“ fand, dass auch die Rentner- und Schülerunion am Parteitag teilnahm.

Von der Leyen schien sich ihrer niedersächsischen Herkunft zu erinnern und machte an diesem Tag auf volkstümlich. Aber auch McAllister versprach UvdL in der Art eines unheimlichen Verehrers: „Du wirst dich heute sehr wohlfühlen bei uns in Berlin.“ Wobei man sich höchstens fragen kann, woher er das so genau wusste. Programmatisch war diese „Popularisierung“ der Ursula von der Leyen aber nicht in ihrer Rede zu erkennen. Selbst hinter den Zielen ihrer EVP (der EU-CDU) bleibt vdL zurück. So will sie den Unternehmen angeblich „weniger vorschreiben, mehr vertrauen“.

Die selbst beförderten Bürokratiemonster will die Kandidatin aber nicht so mutig zähmen, wie von der EVP gefordert. In deren Programm ist nämlich nicht nur von einer „1 in, 2 out“-Regel die Rede, wonach für jede neue Regel zwei alte fallen müssten, sondern auch vom Ziel, die Last der Regulierungen um ein Drittel (33,3 %) zu vermindern. UvdL versprach nur 25 Prozent Regeln-Einsparen und wurde dafür artig beklatscht. Aber warum hat sie mit diesem Vorschlag eigentlich so lange gewartet? Warum spricht sie erst jetzt von „elenden Berichtspflichten“? Das lange Elend gehört zu ihr. Wie sagte neulich Macron zu seinem Finanzminister: „Bruno, du bist hier aber schon sieben Jahre.“ 

Kampf nur gegen eine andere Partei

Daneben machte die Kandidatin eigentlich nur gegen eine Partei kämpferisch Stimmung, und das war natürlich die AfD. Klar, ihr Verbleib an der Kommissionsspitze hängt ja meistenteils von linken Parteien ab, die die inoffizielle Mehrheit im EU-Parlament bilden und in Deutschland die Regierung stellen. Beides ist von Belang. Daneben steht von der Leyen in der Kritik, mit den halbrechten Konservativen und Reformisten (EKR) einer Giorgia Meloni anzubandeln. Insofern dienen die scharfen Angriffe auf die AfD hier auch ihrer eigenen Entlastung. Aber es bleibt dabei: Abgegrenzt hat sich die Kandidatin damit nur nach rechts, mit den Linken ist sie bereit, über alles zu reden. Und das, obwohl sie zuvor auch die eindeutigen Vorschläge etwa eines Nathanael Liminski, Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten in NRW,  beklatscht hat, der – wie im EVP-Programm beschlossen – Asylverfahren in Drittstaaten auslagern will. Bewegt sich die EU auf Brexit-Britains Pfaden?

Wie Ursula von der Leyen 2019 Kommissionschefin wurde, gehört zu den bestgehüteten Geheimnissen des EU-Prozesses. Aber wie kann eigentlich eine in der EU ungewählte und auch nicht offiziell zur Wahl stehende Ursula von der Leyen gegen die „Selbstinthronisierung“ Putins anreden? Die „mächtigste Frau der Welt“ (Forbes) kam ebenso wie Putin durch gute Konnexion ins Amt (und durch ihr Scheitern im Bundesverteidigungsministerium). Der russische Präsident stand aber immerhin mehrmals auf einem Wahlzettel, auch wenn er dabei nicht immer nett mit seinen Konkurrenten umging.

VdL: Haben Pandemie in „großer Solidarität“ beendet

Und eins ist dann schon beinahe unheimlich: Ursula „Röschen“ von der Leyen glaubt anscheinend wirklich, „die Pandemie“ quasi eigenhändig per Handy-SMS besiegt zu haben, natürlich auch dank der „großen Solidarität“ so breiter Bevölkerungsschichten mit den von ihr und anderen verhängten Maßnahmen, eingeschlossen mRNA-Ankauf in rauhen Mengen. Nicht die „Schlagbäume“ und nicht die „Aluhüte“ haben laut UvdL die „Pandemie“ beendet. Hier zeigt sich erneut, wie die Politik ein weithin unbedrohliches Phänomen zum eigenen Machtgewinn nutzen konnte – und es für schmutzige Deals unter der Hand ausnutzte, die die europäischen Steuerzahler Milliarden für bestenfalls wirkungslose „Impfstoffe“ gekostet haben. Massen an Geld und undurchsichtigem mRNA-Gebräu wurden letzten Endes im Wortsinn auf der Deponie entsorgt.

Bei allen Tiraden gegen die AfD gibt es aber auch einen erstaunlichen Kollateraleffekt: Eine CDU-Spitzenkandidatin für eine EU-Wahl sprach positiv vom Vaterland, wenn auch bloß, um den AfD-Kandidaten den Verrat desselben vorzuwerfen. Nur das „Volk“ übernahm von der Leyen nicht aus ihrer polemischen Zuspitzung des AfD-Programms („für Volk und Vaterland“). Das ist ihr offenbar noch mehr egal als der alte, schlummernde Begriff Vaterland. Erstaunlich, dass der Begriff derart gerade in einem EU-Wahlkampf zum Tragen kommt, in dem es den großen, alten, etablierten Parteien doch darum geht, die europäischen Vaterländer wieder etwas mehr abzuschaffen zugunsten eines heranwachsenden Superstaats.

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