Vor einigen Tagen hat die Frankfurter CDU ihre Kandidaten für die Bundestagswahl nominiert. Wider Erwarten wurde der Bundestagsabgeordnete Matthias Zimmer nach 12 Jahren nicht mehr nominiert, der zur „Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA)“ gehört, also dem linken Parteiflügel. Stattdessen wurde Axel Kaufmann, ein Vertreter des konservativen Flügels, gewählt. Zimmers Abwahl bedeutete den Bruch mit einer undemokratischen Tradition, die nach einer TE-Recherche seit Jahrzehnten in Frankfurt herrscht.
Seit den 70er Jahren existiert in der Frankfurter CDU eine „Übereinkunft“, dass die „Christlich-Demokratische Arbeiternehmerschaft“ (CDA) – der linke Flügel – und die „Mittelstands- und Wirtschaftsunion“ (MIT) – der rechte Flügel – sich die Vergabe der vorderen Listenplätze aufteilen. Das Duopol aus MIT und CDA galt auch jahrelang für die zwei Frankfurter Bundestagswahlkreise: Für Frankfurt-West wurde ein CDA-Mitglied, für Frankfurt-Ost ein MIT-Mitglied nominiert. Die Entscheidungsgewalt und Vergabe der Listenplätze liegt demnach hauptsächlich in den Händen von fünf Politikern: Stadtrat Jan Schneider, Bürgermeister Uwe Becker, Bundestagsabgeordneter Matthias Zimmer, Landtagspräsident und MIT-Vorsitzender Boris Rhein, dessen Stellvertreter Ralf-Norbert Bartelt.
Zimmer: „das System der Absprachen in Frankfurt zerstört“
Für den Bundestagsabgeordneten Matthias Zimmer, der nicht nur in der Frankfurter CDU als „treuer Merkelianer“ gilt, war dies eine schwere politische und wohl auch persönliche Niederlage. TE liegt eine Email von Matthias Zimmer vor, in der er sich über den Bruch dieser autoritären Strukturen innerhalb der CDU echauffiert. In der Email an CDU-Mitglieder heißt es wörtlich:
„Ich habe immer gewollt, dass wir als CDA sichtbar sind – und das thematisch profiliert vertreten. Das missfällt einigen, die für Volkspartei nur das halten, was aus der Wirtschaft kommt. Das hat letztlich auch das System der Absprachen in Frankfurt zerstört. Die MIT-Führung war nicht in der Lage, ihr gegebenes Wort einzuhalten. Mehr noch: Gegenüber den teilweise groben Angriffen auf meine Person während der Delegiertenkonferenz aus den Reihen der MIT bin ich nicht in Schutz genommen worden – ganz so, als ob diese Angriffe mit klammheimlicher Freude zur Kenntnis genommen wurden.“
TE zeigte an dem Beispiel Frankfurt/Main auch, wie sich innerhalb der CDU ein System der Angst etabliert hat, das zur weitgehenden Entmachtung der Parteibasis führte. Mitglieder berichteten von Einschüchterungen, die bis zu Erpressung reichen. Die Forderung ist stets: „Entweder politische Gefolgschaft oder du wirst nichts mehr.“ Wer nicht auf der Linie Merkels und des linken Flügels ist, wird innerparteilich bekämpft.
Vor dem zweiten Wahlgang für den Frankfurter Wahlkreis Ost wurden CDU-Parteimitglieder, die TE über Missstände berichteten, von der Bundestagsabgeordneten Bettina Wiesmann scharf angegriffen: „Der Artikel in Tichys Einblick betreibt Parteischädigung aus den eigenen Reihen.“ Dafür gab es keinen Applaus und sie wurde mit nur 69 Ja- und 20 Nein-Stimmen nominiert. Damit offenbarte Wiesmann die innere Verfassung der CDU: Es darf keine Kritik innerhalb der Partei aufflammen, sowie keine Kritik nach außen dringen. Wer dies tut, wird gebrandmarkt.
Die Ereignisse von Frankfurt zeigen, dass undemokratische Machtstrukturen in der CDU nicht unüberwindbar sind. Die Frankfurter CDU könnte ein Vorbild für andere Kreisverbände sein, in denen ähnliche Verhältnisse herrschen.