Ausgerechnet die Kreisvorsitzenden der CDU wollen, dass die Parteibasis, also alle Mitglieder den künftigen Bundesparteivorsitzenden wählen. Dafür stimmten sie jedenfalls mehrheitlich auf der heutigen Kreisvorsitzendenkonferenz.
Das ist durchaus überraschend. Denn die Kreisvorsitzenden sind innerhalb der Partei eine wichtige Machtinstanz, sie sind sozusagen die Schwelle, die die Berufspolitiker der Partei in Berlin und den Landeshauptstädten mit der Basis verbindet – oder besser gesagt, sie voneinander abschirmt. Da sie in der Regel sowohl bei der Kandidatenauswahl für Land- und Bundestagswahlen als auch bei den Delegierten auf Parteitagen die Strippen ziehen, ist ihre Unterstützung für Parteichefs bislang wichtiger als die der gesamten Mitglieder. Ihre heutige Entscheidung ist damit auch eine Art Machtverzicht.
Bei den beiden vorangegangenen Parteivorsitzendenwahlen gab es keine Mitgliederentscheide, sondern nur die Delegierten wählten Annegret Kramp-Karrenbauer (7. Dezember 2018) und Armin Laschet (16. Januar 2021). Laut Umfragen lag bei den Mitgliedern jedoch der unterlegene Friedrich Merz vorn.
„Die Kreisvorsitzendenkonferenz hat sehr einmütig und klar gemacht, dass man eine Mitgliederbefragung möchte für den nächsten Parteivorsitzenden oder für die nächste Parteivorsitzende“, sagte Junge-Union-Chef Tilman Kuban am Rande der Veranstaltung laut Merkur. Die Stimmung bei einem Treffen in Berlin sei „überwältigend“ für ein solches Vorgehen gewesen, sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak. „Der nächste Vorsitzende oder die nächste Vorsitzende der CDU Deutschlands soll ermittelt werden unter Durchführung einer Mitgliederbefragung.“
Nach geltendem Parteienrecht kann zwar allein der Parteitag (also die Delegierten) den Parteivorsitzenden wählen. Man könne sich aber, so Ziemiak, darauf verlassen, dass das vorherige Votum der Mitglieder von diesen „akzeptiert und respektiert wird“.
Der Mitgliederentscheid gilt auch als Vorentscheidung gegen die noch vorherrschende Funktionärsschicht der Merkel-Anhänger und ihrer Spezis. Merz hatte bereits vor seinem zweiten Anlauf zum Amt des Parteivorsitzenden unbedingt einen Mitgliederentscheid erzwingen wollen. Die Parteibasis ist Merkel-fern; die Funktionärskaste steht dagegen zu dem von ihr verordneten Linkskurs. Für eine Erneuerung der Partei in Richtung gesellschaftlicher Mitte wollen dem Vernehmen nach Merz und als Fraktionschef Carsten Linnemann antreten; beide waren Merkel-kritisch. Ihre Gegenspieler sind Norbert Röttgen und u.a. die Bildungsministerin Karin Prien aus Kiel, die für eine „Doppelspitze“ plädiert.