Tichys Einblick
Causa Arne Schönbohm

Schwere gerichtliche Klatsche für das ZDF und Jan Böhmermann

Das Landgericht München hat dem ZDF die Verbreitung und Behauptung vier konkreter Äußerungen untersagt, die in der Sendung „ZDF Magazin Royale“ von Jan Böhmermann getätigt wurden und aufgrund derer Arne Schönbohm von Nancy Faeser strafversetzt wurde. Wann zieht ZDF-Intendant Himmler die Reißleine?

picture alliance/dpa | Rolf Vennenbernd

TE hat über zwei Jahre hinweg über den Skandal um die Strafversetzung des hochrangigen Beamten Arne Schönbohm berichtet. Er war elf Tage nach der ZDF-Böhmermann-„Royal“-Sendung vom 7. Oktober 2022 von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) von seinen Aufgaben als Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) entbunden worden. Böhmermann hatte in der Sendung behauptet, Schönbohm unterhalte Kontakte zum russischen Geheimdienst. Faeser sah in dieser Behauptung eine nachhaltige Beschädigung des öffentlichen Vertrauens in Schönbohms Amtsführung. Zum 1. Januar 2023 wurde Schönbohm auf den weitaus weniger bedeutenden Posten des Präsidenten der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung strafversetzt (siehe TE zuletzt am 20. September 2024).

Heute hat die 26. Zivilkammer des Landgerichts München I ihr – noch nicht rechtskräftiges – Urteil dazu gesprochen. Das Landgericht hat dem ZDF die Verbreitung und Behauptung vier konkreter Äußerungen untersagt, die in der Sendung „ZDF Magazin Royale“ von Jan Böhmermann und später auf www.zdf.de getätigt wurden.

Nach Überzeugung der Kammer könnten insbesondere zwei im Rahmen der Sendung getätigte Äußerungen vom Publikum so verstanden werden, dass Schönbohm als BSI-Präsident bewusst Kontakte zu russischen Nachrichtendiensten gehabt habe. Dies stelle, so das Landgericht, eine unwahre Tatsachenbehauptung dar, die den Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht verletze. Das ZDF müsse diese Äußerungen daher künftig unterlassen. Insgesamt hat die Kammer Schönbohm einen Anspruch auf Unterlassung von vier der angegriffenen fünf Äußerungen zugesprochen. Der Kläger sei insoweit in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden.

Das ZDF wand sich: Die Böhmermann-Sendung sei keineswegs so zu verstehen, dass man dem Kläger bewusste Kontakte nach Russland unterstellt habe. Vielmehr habe der Kläger selbst „unbewusste Kontakte“ zu russischen Geheimdiensten nicht ausschließen können. Das ZDF rabulistisch weiter: Es sei ein typisches Stilmittel der Satire, dass mit Uneindeutigkeiten gespielt werde und dadurch zum Beispiel Lücken in einer Argumentation oder einer Stellungnahme offengelegt würden. TE-Anmerkung: Wenn das das journalistische Leitbild des ZDF ist, dann Gnade uns Gott.

Das Gericht stellte hingegen fest: Auch eine satirische Äußerung müsse sich an den Maßstäben der Meinungsfreiheit messen lassen, wenn es um den Tatsachenkern gehe. Entsprechend sei in der Abwägung, ob die Äußerungen untersagt werde oder nicht, ein großzügiger Maßstab anzulegen, der seine Grenze jedoch dort finde, wo sich die Äußerung als eine unwahre, das Persönlichkeitsrecht verletzende Tatsachenbehauptung darstelle. Bei vier von insgesamt fünf angegriffenen Äußerungen sei diese Grenze überschritten und Schönbohms Anspruch daher begründet. Bei der fünften der angegriffenen Äußerungen handele es sich dagegen um eine satirisch zugespitzte Meinungsäußerung, nicht um eine unwahre Tatsachenbehauptung, die deshalb unter Abwägung der konkreten Umstände noch hinzunehmen sei.

Einen Anspruch auf Geldentschädigung hat die Kammer dem Kläger dagegen nicht zuerkannt. Aber das schmälert das politische und juristische Gewicht des Urteils keineswegs. Schönbohm hatte vom ZDF die Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von mindestens 100.000 Euro verlangt. Schönbohms Anwälte begründeten ihre Forderungen damit, Schönbohm sei durch die angegriffenen Äußerungen besonders schwerwiegend in seinen allgemeinen Persönlichkeitsrechten verletzt worden. Insbesondere sei er in der Öffentlichkeit in erheblichem Umfang herabgewürdigt worden und habe sein Amt als BSI-Präsident verloren.

Jetzt müssen ZDF-Intendant Himmler und ZDF-Verwaltungsrat umgehend handeln

Das ZDF, das sich in puncto politischer Neutralität und Ausgewogenheit in den letzten Jahren ohnehin nicht mit Ruhm bekleckert hat, muss nun die Reißleine ziehen. Der ZDF-Clown ist die mehr als 700.000 Euro Honorar (Zwangsgebühren) pro Jahr nicht wert. Wenn das ZDF weiterhin an Böhmermann festhält, verspielt es zumal in der aufgewühlten Zeit einer bevorstehenden Bundestagswahl die Reste an Glaubwürdigkeit. Ein ZDF, das mit Böhmermann nicht nur am 7. Oktober 2022 schwer gegen journalistische Grundsätze verstoßen hat, darf dem (Zwangs-)Gebührenzahler nicht pro Jahr 2,3 Milliarden Euro (also täglich 6,3 Millionen Euro) aus der Tasche ziehen und dann auch noch unter dem verlogenen Etikett „Satire“ Fake News verbreiten.

Es bleibt eine Staatsaffäre der Ministerin Faeser

Nicht vergessen sei: Wie sich sehr früh herausstellte, war Faesers Ministerium in der Vorbereitung der Böhmermann-Sendung vom 7. Oktober 2022 stets eingebunden. Das belegt der dem Landgericht bekannte E-Mail-Verkehr. Faeser bzw. deren Leute mussten also vorab wissen, in welch hinterhältige Richtung ZDF-Royal recherchierte und welche Fake News es offenbar vorbereiten wollte.

Faeser mag nicht mehr lange im Amt sein. Es bleibt aber festzuhalten, dass Faeser mit ihrem Handeln und mit ihrem verdrucksten Auftreten in eigens zur Affäre einberufenen Bundestagsausschüssen hier eine Staatsaffäre produziert hat. Ihren Chef Olaf Scholz störte und stört so etwas freilich nicht. Nein, Faeser hat in den bislang drei Jahren ihres „Wirkens“ als Bundesinnenministerin nicht belegt, dass sie dieser Aufgabe politisch und charakterlich gewachsen ist. Deshalb wird Arne Schönbohm wohl seine berechtige Erwartung einer Entschuldigung und Rehabilitierung seitens Faesers auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben müssen.


Die mobile Version verlassen