Im Netz kursieren Zeitungsausschnitte, nach denen der Hamburger Landeswahlleiter den Zutritt zur Wahlkabine nur nach 3G-Prinzip erlauben würde. Lapidar stehen am Ende mehrerer Lokalzeitungs-Berichte über das Versenden der Wahlunterlagen ein paar „pandemiebedingte Hinweise“: „Für den Fall, dass Sie über keinen vollständigen Impfschutz verfügen oder seit mindestens sechs Monaten genesen sind, bringen Sie bitte ein tagesaktuelles Testergebnis mit.“
Diese Berichte sind nach jetzigem Stand falsch. In der Infektionsschutzverordnung des Landes Hamburg ist für das Betreten von öffentlichen Gebäuden „lediglich“ eine Maskenpflicht vorgesehen. Eine entsprechende 3G-Regel wäre verfassungsmäßig hoch umstritten und würde die ganze Wahl anfechtbar machen – doch dazu später mehr.
Empörte User fragen auf Twitter beim Bundeswahlleiter nach, was es mit diesem Gerücht auf sich habe. Der äußert sich zunächst äußert vage: Es bestehe ja die Möglichkeit, Briefwahl zu beantragen. Letztendlich teilt die Wahlaufsichtsbehörde mit: „Das Schutzkonzept am Wahltag orientiert sich an der pandemischen Lage. Maßgeblich werden die infektionsschutzrechtlichen Regelungen von Bund und Ländern sein.“ – wohlgemerkt auf die konkrete Nachfrage hin, ob eine 3G-Regel im Wahllokal gelte.
Man muss schon fast den Eindruck gewinnen, dass eine solche Regelung gar nicht unbedingt ausschlossen ist. Die Formulierung des Bundeswahlleiters lässt eine 3G-Regel jedenfalls wie eine bürokratische Fußnote erscheinen, die je nach Tageslaune dann verordnet werden kann oder nicht. Aber das ist sie nicht! Sie stellt einen tiefen Einschnitt in das Wahlrecht dar.
Der Verfassungsrechtler Ulrich Vosgerau drückt es gegenüber TE so aus:
„Den Zugang zu Wahllokalen nur Geimpften und Genesenen zu gewähren („2-G-Regel“), wäre unmöglich, weil dies die Allgemeinheit der Wahl (Art. 38 Abs. 1 GG) beeinträchtigen würde. Jeder Staatsbürger muß mit zumutbarem Aufwand an der Wahl teilnehmen können. Eine andere Frage wäre es, ob man den Zutritt zum Wahllokal von einem Schnelltest abhängig machen könnte. Da der Schnelltest wohl keine Körperverletzung (wenn auch einen körperlichen Eingriff) bildet, scheint es auf den ersten Blick denkbar, eine Testpflicht einzuführen, jedenfalls, wenn der Test im Wahllokal kostenlos und ohne nennenswerte Wartezeit durchgeführt wird. Dies zu organisieren, erscheint jedoch nur in Wahllokalen im ländlichen Raum halbwegs realistisch, in großstädtischen Wahllokalen wäre dies wohl (ohne längere Wartezeiten) undurchfürbar. Vor allem gilt: da das Wahlrecht ein zentral wichtiges staatsbürgerschaftliches Recht ist, müßte auch eine solche Testpflicht, wenn von ihr eben die Ausübung des Wahlrechts abhängig gemacht werden soll, vorab im Bundeswahlgesetz verankert werden, eine Verordnung würde wegen der sogenannten Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts nicht genügen. Daher dürfte die Einführung einer Testpflicht jedenfalls ohne vorhergehende Änderung des Bundeswahlgesetzes jedenfalls ausgeschlossen sein.“