Es klingt so dubios, dass man es gar nicht glauben kann: Am Donnerstagabend um 23:16 beschließt der Bundestag eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes – getarnt in einem Antrag zum Stiftungsrecht. Auf Seite fünf dieses Antrags ganz unten wurde schlichtweg ohne Kontext eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes hineingeschrieben. Es geht um Corona-Regeln, die Grundrechte drastisch einschränken. Sie sollen verlängert werden – und zwar um ein Jahr, völlig unabhängig davon, ob der Bundestag noch eine epidemische Lage von nationaler Tragweite feststellt oder nicht. Grundrechtseinschränkungen also auch ganz ohne Anlass. Auf Antrag der AfD wird schließlich über Stiftungsrecht und Infektionsschutzgesetz getrennt abgestimmt. Die Koalitionsfraktionen drücken es dennoch durch: Mit 412 zu 212 Stimmen bei zwei Enthaltungen ist die Sache beschlossen.
Konkret heißt das: Die bisher im Infektionsschutzgesetz geregelten Bestimmungen zur Einreise sollen auch ohne vom Bundestag festgestellte Notlage ein Jahr lang erhalten bleiben. Die ersten Sätze der Absätze Acht und Zehn des §36 des Infektionsschutzgesetzes legen fest, dass für „Personen, die in die Bundesrepublik Deutschland einreisen wollen oder eingereist sind und bei denen die Möglichkeit besteht, dass sie einem erhöhten Infektionsrisiko“ für das Coronavirus ausgesetzt waren, Quarantänepflicht sowie die Übermittlung von personenbezogenen Daten an das Robert-Koch-Institut vorausgesetzt ist. Ein Impfzeugnis oder negativer Coronatest werden für die Einreise ebenfalls vorausgesetzt. „Durch eine der im Ausschuss vorgenommenen Änderungen soll auch das Infektionsschutzgesetz dahingehend geändert werden, dass die Geltung einer Rechtsverordnung zur Regelung der Einreise aus Risikogebieten auf bis zu ein Jahr nach Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite verlängert werden kann“, hieß es dazu in der Beschlussempfehlung des Ausschusses. Betroffen von dieser Änderung wären die Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit, der Freiheit der Person, der Freizügigkeit und der Unverletzlichkeit der Wohnung.
Kurz vor Mitternacht, in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause, beschließt man einen so symbolträchtigen, prophylaktischen Eingriff in die Grundrechte, an der Öffentlichkeit vorbei, ohne weiteres Nachdenken, ganz wie es gewünscht wird. Es ist eine Bankrotterklärung des Parlamentes.