Tichys Einblick
Friedrich Merz gescheitert

Bundestag lehnt Antrag gegen illegale Einwanderung ab

Der Bundestag hat den Antrag der Union gegen die illegale Einwanderung abgelehnt. Dem ging eine komplizierte Debatte voraus. Die zeigte: Um Inhalte geht es im Bundestag nicht mehr, nur noch um inszenierte Empörung.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Ebrahim Noroozi

693 Abgeordneten des Bundestages haben über das „Zustrombegrenzungsgesetz“ abgestimmt, das die CDU-CSU vorgeschlagen hatte. Rund zehn weniger als am Mittwoch ihre Stimme zu den beiden Show-Anträgen der Union abgegeben haben. 350 Abgeordnete waren dagegen, nur 338 dafür. Damit ist der Antrag abgelehnt. Und dass, obwohl das Bündnis Sahra Wagenknecht angekündigt hatte, dieses Mal zuzustimmen, da es am Mittwoch sich noch enthalten hat. Offensichtlich haben Abgeordnete der FDP und/oder der Union sich anders entschieden oder sind der Abstimmung ferngeblieben. Das Ende einer chaotischen Debatte im Bundestag

Freitag, gegen 11 Uhr, bittet der parlamentarische Geschäftsführer der Union, Thorsten Frei, um eine Unterbrechung der Sitzung des deutschen Bundestags. Nach über drei Stunden geht es weiter. Dann erst berät das Parlament über das „Zustrombegrenzungsgesetz“. Um die Sache geht es im Parlament nicht. Wenn überhaupt, dann nur vordergründig.

Der Entwurf zum „Zustrombegrenzungsgesetz“ sieht vor, dass die Einwanderer ihre Familie nicht nachholen dürfen, deren eigenes Recht auf Aufenthalt nicht klar ist. Und dass die Bundespolizei aus eigener Kraft, Ausreisepflichtige festsetzen kann. Vor allem, wenn es sich bei ihnen um Gefährder oder Straftäter handelt. Inhaltlich Forderungen, denen eine Regierung durchaus hätte zustimmen können, deren Chef im „Sturmgeschütz der Demokratie“ noch vor einem Jahr „Abschiebungen im großen Stil“ gefordert hat.

Nur um die Sache geht es nicht mehr. Es geht um die Taktik. SPD und Grüne haben zwölf Jahre lang mit der „Brandmauer“ Union und FDP inhaltlich eingeengt und letztlich vor sich hergetrieben. Dieses Machtinstrument wollen sie nicht aus der Hand geben. Zumal SPD und Grüne nun Wahlkampf machen wollen mit Empörung. Denn etwas anderes haben sie nicht. Ihre Bilanzen sind verheerend. In der Wirtschaftspolitik. In der Haushaltspolitik. In der Innenpolitik. In der Verteidigungspolitik. In der Sozialpolitik. In der Energiepolitik. In der Außenpolitik. In der Gesundheitspolitik. Und eben auch in der Einwanderungspolitik.

Dass es zu den drei Stunden Beratung gekommen ist, hat die FDP verursacht. Sie ist am Freitag öfters umgekippt als ein einbeiniger Tisch. Zwei Tage zuvor hatte FDP-Chef Christian Lindner noch gesagt: „Am Freitag werden wir dem Gesetzentwurf der Fraktion der CDU-CSU zustimmen. Das fällt uns leicht. Denn wir haben keine Rücksicht mehr zu nehmen auf frühere Koalitionspartner.“ Kurz vor der Sitzung kündigt Fraktionschef Christian Dürr an, seine Partei werde vorschlagen, den Antrag in den Ausschuss zu verweisen. Zur Beratung.

Es folgt die Pause. Die CDU verhandelt mit der FDP, die mit der SPD, die mit der CDU – es zieht sich hin. Kuhhandel werden angeboten und ausgeschlagen. Am Ende bleibt alles, wie es ist. Die Union bringt den Antrag zum Zustrombegrenzungsgesetz in den Bundestag ein. SPD und Grüne bauen ihre Empörung auf. Weil sie als restlos gescheiterte Bundesregierung im laufenden Wahlkampf nichts zu bieten haben.

Doch nicht mal in der Empörung sind sie gut. Wie der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich. Erst nennt er die AfD „Brunnenvergifter“. Eine klassische antisemitische Beleidigung. Dann sagt Mützenich, es sei noch nicht zu spät „das Tor zur Hölle“ zu schließen. „Tor zur Hölle“ ist ein gängiges Synonym für das Todeslager Auschwitz, das wiederum pars pro toto für den Holocaust steht. Sechs Millionen Tote sind für den Fraktionsvorsitzenden der SPD nicht mehr als die Vorlage für ein billiges Wortspiel gegen die politische Konkurrenz. Mützenich maßt sich an, „unsere Demokratie“tm zu verteidigen und wirft der AfD vor, nicht angemessen auf die deutsche Geschichte zu reagieren – die er selbst auf eine Weise verharmlost, wie sie von einer funktionierenden Staatsanwaltschaft eigentlich verfolgt werden müsste.

Zwischendrin fordert der Vorsitzende der Grünen, Felix Banaszak den CDU-Kandidaten Friedrich Merz auf, sich dazu bekennen, sich als potenzieller Bundeskanzler nicht von der AfD wählen zu lassen. Der springt über das Stöckchen. Es geht in der Debatte übrigens um einen Umgang mit der illegalen Einwanderung. Einen, der den Mord an einem Zweijährigen verhindert hätte. Doch das ist nur die Außenwelt. Im Bundestag zählt die eigene Befindlichkeit mittlerweile mehr als die Sacharbeit.

Die FDP ist an diesem Freitag so standfest wie ein voll beladener Tisch mit nur einem Bein. Hinter den Kulissen, so erzählt Dürr, habe er versucht, einen Kompromiss mit den ehemaligen Koalitionspartnern herbeizuführen. Doch die bleiben stur. Sie brauchen die Empörung. Sie wollen das Machtinstrument „Brandmauer“ nicht aufgeben. Also macht die FDP den nächsten Rückzieher und nimmt den angekündigten Antrag auf Verschiebung in die Ausschüsse wieder zurück. Es bleibt alles, wie es ist.

Merz versucht es noch einmal mit Sachpolitik. Er fragt den Kanzler, wie er den Antrag, um den es ja immer noch geht, offiziell, wie er den also ablehnen könne? Als Olaf Scholz (SPD) „Abschiebungen im großen Stile“ gefordert hat, habe er doch selber gesagt, die Bundespolizei könne und müsse dabei helfen. Genau das lehne er jetzt ab. Genau darüber empören sich SPD oder Grüne. Aber da kommt Merz mit Logik. Aufrichtigkeit. Sachpolitik. Für all das ist der Deutsche Bundestag derzeit kein guter Platz. Es geht um Empörung. Es muss um Empörung gehen. Etwas anderes haben grün-rote Politiker und Journalisten gar nicht mehr drauf.

Und letztlich ist die „Brandmauer“ ja erfolgreich. Sie dient diesen rot-grünen Politikern als Bühne für ihr Empörungs-Theater. Sie engt CDU, CSU und FDP erfolgreich ein. Am Mittwoch haben sie noch einem Show-Antrag zur Abschiebung zugestimmt, haben verkündet, dass sie am Freitag danach der ernsthaften Gesetzesänderung zustimmen werden. Doch zwei Tage Empörungstheater später knicken sie wieder ein, haben sich vom rot-grünen Theater mit Medien-PR, inszenierten Wut-Demos und Merkel-Einmischungen beeindrucken lassen. In der namentlichen Abstimmung fehlt dieses Mal die Mehrheit, zu viele Frei- und Christdemokraten springen ab. Inhaltlich ändert sich nichts. Das Theater geht weiter.

Doch das Theater trifft auf die Realität. Immer wieder. Es hat zwar erfolgreich von Mannheim abgelenkt, doch dann kam Solingen. Darauf folgten wieder Theater und Magdeburg und nur vier Wochen später schon Aschaffenburg. Die Abstände werden kürzer. Auch wenn staatliche und staatsnahe Medien manch andere Tat wie in Brandenburg kleinhalten, bei der ein Einwanderer einen CDU-Politiker getötet hat. Mit jedem weiteren Mord verlieren die Warnungen vor der AfD an Schrecken – weil die Realität schrecklicher ist.


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