Der Begriff „Fachkräftemangel“ ist ein Klassiker in politischen Debatten in Deutschland. Er bezeichnet das Phänomen, dass in anspruchsvollen Berufen gut ausgebildete Angestellte fehlen. Etwa im IT-Bereich. Diese Debatte führt Deutschland seit rund zwei Jahrzehnten – und ist dabei ein gutes Stück weitergekommen: Mittlerweile gibt es auch einen „Arbeitskräftemangel“. Nun fehlt es also auch an schlecht ausgebildeten Arbeitskräften.
Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung im Kabinett eine Fachkräftestrategie beschlossen. Nach deren Prognose werden in fünf Jahren unterm Strich 240.000 Arbeitsplätze nicht mehr zu besetzen sein. Zwar würden bis 2026 in vielen Bereichen Stellen abgebaut. Doch die so freigesetzten Mitarbeiter würden nicht ausreichen, um alle anderen Stellen zu besetzen. Es gelte also Menschen aus schrumpfenden Branchen auf Arbeitsplätze in boomenden Branchen zu bringen.
Zu den Branchen, die Arbeitsplätze verlieren, gehört demnach der Handel. Da das Geschäft immer stärker an Amazon und Co geht, braucht es folglich immer weniger Leute, die im deutschen Einzelhandel arbeiten. „Auch in „Lehr- und Forschungstätigkeiten an Hochschulen zeichnet sich ein Überangebot an potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern im Vergleich zu den zur Verfügung stehenden Stellen ab“, wie es in dem Bericht heißt. Philosophen, Theaterwissenschaftler und Genderexpertinnen können halt kein Klo reparieren.
Aber genau daran fehlt es künftig: Klempner, Heizungsbauer, Sanitärmitarbeiter, Energietechniker, Schweißer und Metallbauer zählt der Bericht auf. Das alles sind Berufe, in denen es der deutschen Wirtschaft massiv an Mitarbeitern fehlen wird. Diese Lücke soll durch Umschulung gefüllt werden. Philosophen an die Doppelflansch, die Kloschüsseln warten auf Euch.
Die Bundesregierung will vor allem an die Ausbildung ran. Die soll zeitgemäß statt unzeitgemäß sein. Gegen diese Überschrift lässt sich nicht wirklich was sagen, aber was bedeutet das? Regierung, Arbeitgeber und Gewerkschaften sollen die Berufe attraktiver wirken lassen. Auch dagegen lässt sich nichts sagen. Aber was bedeutet das? Die Attraktivität der Berufe soll dadurch geschaffen werden, dass sich Bund, Länder, Arbeitgeber, Gewerkschafter und Wissenschaft besser austauschen. Das wird helfen und den Philosophen motivieren, die Doppelflansch in die Hand zu nehmen. Genau so wenig konkret wird die Bundesregierung, wenn es um die Weiterbildung geht. Die soll „gezielt“ sein.
Am konkretesten wird das Konzept noch, wenn es um Gewinnung neuer Arbeitskräfte geht. Noch mehr Frauen sollen für den Arbeitsmarkt gewonnen werden – aber vor allem setzt die Bundesregierung auf Einwanderung. Die real existierende Einwanderung seit 2015 scheint nicht gereicht zu haben. Aber mit Einwanderungswellen, um Arbeitsplätze zu füllen, ist es wie mit Versuchen, den Kommunismus einzuführen: Die nächste Welle klappt bestimmt.
Ein Wort kommt in dem Konzept zu kurz: Geld. Die Bundesregierung sorgt sich um Qualität und Kultur der Arbeit, aber nicht um die Bezahlung. Keine steuerliche Entlastung für Arbeitnehmer. Kein Wort dazu, warum sie bereit sein sollen, 40 Stunden und mehr die Woche hart zu arbeiten, wenn sie als Bezieher von „Bürgergeld“ faktisch genauso viel Geld hätten? Um dann noch motiviert zu sein, die verstopften Klos anderer zu reparieren, muss man vielleicht wirklich Philosoph sein – am besten Stoiker.