Tichys Einblick
Politik verschwieg Unbrauchbarkeit der Daten

Bericht des Bundesrechnungshofs: Intensivbettenstatistik wurde offenbar massiv manipuliert

Es ist einer der größten Skandale dieser Pandemie: Der Rechnungshof legt offen, wie die Intensivstatistik manipuliert wurde - und damit, dass die Lage nie so ernst war wie behauptet. Schon Ende Januar schrieb das RKI intern, dass die DIVI-Zahlen nicht mehr zur Bewertung der Situation zu gebrauchen seien.

picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow

„Die Intensivmediziner senden einen Hilferuf nach dem anderen“. Mit diesen Worten verteidigte Bundeskanzlerin Merkel im April ihre harte Corona-Politik – auch andere Politiker verwiesen immer wieder auf die angeblich extrem angespannte Lage auf den Intensivstationen. DIVI-Präsident Gernot Marx warnte Ende März: „Wir rennen sehenden Auges ins Verderben.“ Auch er forderte einen schnellen Lockdown. Nun deckt der Bundesrechnungshof in einem explosiven Papier auf: Viele Krankenhäuser haben die Zahl der freien Intensivbetten offenbar manipuliert.

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Grund für die mutmaßliche Manipulation: Nur wenn die Quote freier Intensivbetten regional bei weniger als 25 Prozent liegt, gibt es Ausgleichszahlungen aus dem Gesundheitsministerium. Ausgleichszahlungen wohlgemerkt dafür, dass die Betten im Jahr 2020 um acht Prozent weniger belegt waren als in den Vorjahren. Finanziell klamme Krankenhäuser haben so möglicherweise den Staat abgezockt – und die Zahl der freien Intensivbetten nach unten manipuliert, die eine tragende Säule in der Rechtfertigung von Lockdown und Co. darstellte. Der Bundesrechnungshof vermutet das nicht etwa, er legt offen, dass das RKI selbst die Vermutung äußerte, „dass Krankenhäuser zum Teil weniger intensivmedizinische Behandlungsplätze meldeten, als tatsächlich vorhanden waren.“ Dem Institut seien die Vorgänge durch etliche Hinweise klar gewesen.

Ein halbes Jahr lang haben sich die Deutschen auf Zahlen verlassen, die es so nicht gab, ein halbes Jahr lang litt das Land unter einem schweren Lockdown, um eine Notlage abzuwenden, von der nun höchst unwahrscheinlich ist, ob sie überhaupt drohte. Die härtesten Grundrechtseinschränkungen in der Geschichte der Bundesrepublik könnten am Ende auf Lügen gebaut worden sein.

Das Thema ist nicht neu – TE berichtet bereits seit Monaten über mögliche Ungereimtheiten bei der Zahl der Intensivbetten (u.a. hier und hier), auch konkret in Zusammenhang mit den Ausgleichszahlungen, konnte allerdings bisher nur statistische Vermutungen anstellen. Erstmals wird es auch offizieller Stelle relativ eindeutig aufgezeigt.

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Doch die vielleicht viel größere Dimension des Skandals: Die Politik war informiert und sah zu. Der Bericht offenbart außerdem, dass das RKI intern an das Bundesgesundheitsministerium schrieb, dass man die DIVI-Zahlen aus den genannten Gründen für die Bewertung der Corona-Situation für „nicht mehr geeignet“ halte.

Wieler und Spahn wussten seit Anfang Januar bescheid. Sie taten – nichts. Spahn habe weder „den für die Kontrolle in diesem Bereich geschaffenen Beirat“ noch die Bundesländer „über diesen Sachverhalt informiert“ – ganz zu schweigen von der Bevölkerung. Drückte die Regierung bei der Manipulation vielleicht sogar aus politischen Motiven zwei Augen zu? Immerhin waren die DIVI-Zahlen die Begründung der Bundesregierung, immer neue Kontaktverbote und Ausgangssperren zu verhängen, Schulen monatelang dichtzumachen und Geschäfte zu schließen – mit massiven Folgen für Alte, Schüler, Angestellte und Selbstständige. All das steht nun in völlig anderem Licht da: Was der Bundesrechnungshof aufdeckt, ist die sachgrundlose Einschränkung elementarster Grundrechte zugunsten einer ohnehin hochfragwürdigen Corona-Notherrschaft.

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