Tichys Einblick
Rotstift

Rechnungshof mahnt Regierung zu Neuaufstellung des Bundeshaushalts

Der Präsident des Bundesrechnungshofs Kay Scheller fordert die Bundesregierung zu einer Neuaufstellung des Bundeshaushalts auf. Die Haushaltsprobleme seien "enorm"

IMAGO - Collage: TE

„Die Steuereinnahmen sprudeln nicht mehr, es gibt eine Überdehnung der Ausgaben und Aufgaben, die Zinslast drückt. Die Politik muss nun ein Bewusstsein für den Ernst der Lage schaffen.“, sagte sagte Scheller dem „Handelsblatt“ (Montagausgabe). Die Bundesregierung muss im Haushalt 2025 eine Lücke von bis zu 25 Milliarden Euro schließen. Bis zum 2. Mai mussten die Ministerien Sparvorschläge beim Bundesfinanzministerium einreichen.

Konkrete Einsparmöglichkeiten sieht Scheller bei Förderprogrammen. „Und dann gibt es noch Steuervergünstigungen und Subventionen, deren Veränderung Spielraum schaffen könnte.“ Die Idee von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), nicht 2028, sondern erst später in die Tilgung der Corona-Schulden einzusteigen, lehnt Scheller ab. „Das erhöht den Zinsaufwand und lädt künftige Regierungen ein, die Tilgung immer weiter in die Zukunft zu schieben.“ Zudem könne Deutschland nicht von anderen EU-Staaten die Einhaltung der Fiskalregeln verlangen, „wenn wir sie selbst trickreich umgehen“.

Scheller warnte die Bundesregierung zudem vor einer Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags. „Wir haben schon vor Jahren vor dem Verfassungsrisiko gewarnt, den Soli nur teilweise abzuschaffen“, sagte Scheller. Das Bundesverfassungsgericht will in diesem Jahr über eine Verfassungsklage entscheiden. Nach einer Reform müssen seit 2020 nur noch die zehn Prozent „Top-Verdiener“ den Zuschlag auf die Einkommensteuer zahlen.

In Berlin dominieren die Haushaltsberatungen. Darüber, dass jeder Minister und jede Ministerin noch mehr Geld ausgeben soll – geschenkt. Politik wird längst als eine Art „Wünsch Dir was“ verstanden, statt mit dem Geld der Bürger haushälterisch und sparsam umzugehen. Dabei lief es so gut – für Politiker. Trotz Pandemie, „Transformation“ der Wirtschaft oder Ukraine-Krieg: Die Steuereinnahmen sind in den vergangenen Jahren immer hoch geblieben. Wobei das bedeutet: „Trotz all der Krisen mussten die Deutschen so viel von ihrem erwirtschafteten Wohlstand abgeben wie noch nie.“ Doch nun sind die Steuereinnahmen des Bundes im März um 4,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen.

Die Ursachen für den Rückgang drängen sich auf: Da ist zum einen die dramatische Krise der Baubranche. Im Februar ist die Zahl der Baugenehmigungen im Vergleich zum Vorjahr um 18,3 Prozent zurückgegangen. Bei den Einfamilienhäusern sind es sogar 35,1 Prozent. Jeden Tag kehren Unternehmen Deutschland den Rücken zu oder gehen Pleite. Das Statistische Bundesamt warnt vor einer weiteren Spirale nach unten: Die Zahlen zu den Exporten in Staaten außerhalb der EU betrachtet das Amt gerne als Indikator für Kommendes. Diese Exporte sind im März um 12,2 Prozent im Vergleich zum März 2023 zurückgegangen. Auch die Einnahmen aus der Umsatzsteuer sind zurückgegangen. Und das, obwohl die Ampel zwischendurch die Mehrwertsteuer in der Gastronomie von 7 auf 19 Prozent erhöht hat. Jetzt hofft Christian Lindner, dass wir wider mehr konsumieren.

Schön und gut, aber wie bezahlen? Mit der Umsatzsteuer in der Gastronomie, der CO2-Steuer, der Luftverkehrssteuer, der Plastiksteuer, der LKW-Maut oder den stark steigenden Beiträgen in Kranken- und Pflegeversicherung hat die Ampel die Bürger jüngst zusätzlich belastet. Die Inflation galoppiert zwar nicht mehr, aber knabbert weiter die Einkaufskörbe leer. Löhne steigen, aber die Lohnsteuer noch schneller.

Konsum macht Spaß. Aber dafür braucht man Einkommen und Wachstum. Und daran fehlt es in Schrumpfland.

Anzeige
Die mobile Version verlassen