Tichys Einblick
Abstimmung im Bundesrat

Linke fahren als Anhängsel von Union, SPD und Grünen mit

Der Bundesrat hat dem Aufweichen der Schuldenbremse mit der notwendigen Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen zugestimmt. Das war nach dem Umfallen von Hubert Aiwanger erwartbar. Neu ist nun die Zusammenarbeit von CDU und CSU mit der Linken.

picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka

Die neue Schuldenkoalition hat sich beeilt, um das Aufweichen der Schuldenbremse noch durch den abgewählten Bundestag zu bringen. Eine Woche Zeit bis zur Konstituierung des gewählten Parlaments sei nicht geblieben, sagte Friedrich Merz (CDU). Der seit drei Jahren dauernde Krieg in der Ukraine erfordere Eile. Ebenso wie die seit Jahrzehnten verfallenden Straßen, Brücken und Schienen. Sagte Merz.

Wer nicht gerade sechs Stunden am Tag vor ARD und ZDF vegetiert, dürfte Merz das kaum geglaubt haben. Offensichtlich wollte Merz den gewählten Bundestag umgehen, weil AfD und Linke dort gemeinsam über eine Sperr-Minorität verfügen. Änderungen des Grundgesetzes können sie damit verhindern. Also haben CDU, CSU, SPD und Grüne die Änderung der Verfassung noch durch den abgewählten Bundestag gepresst und so den Weg für ungebremste Verschuldung frei gemacht.

Im Bundesrat machte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nochmal deutlich, dass es genau darum gegangen ist: Der neue Bundestag sei in einem Klammergriff wie einst durch die „Weimarer Zange“. Im Parlament der ersten deutschen Republik besaßen die Kommunistische Partei und die NSDAP eine Sperr-Majorität und konnten den Reichstag damit faktisch handlungsunfähig machen – was sie auch getan haben. In Söders Vergleich entsprechen die Linken der KP und die AfD der NSDAP. Jener Partei, die den Mord an Millionen von Juden, Sinti und Roma, darunter Kinder, Frauen und Alter, zum Ziel hatte. Darunter macht es der Regierungschef nicht. Besäße Deutschland eine Justiz, die nicht von der Politik eingesetzt wird, läge der Anfangsverdacht der Holocaust-Verharmlosung vor.

Friedrich Merz und Markus Söder haben ihr Wahlversprechen gebrochen. Sie haben die Kernposition Einhaltung der Schuldenbremse geräumt und sich somit bedingungslos in die Hand der SPD begeben. Das alles nur, um eine Zusammenarbeit mit der Linken oder der AfD zu vermeiden. Die Christdemokraten betreiben eine unverantwortliche Politik. Sie erweisen sich als prinzipienlos – und das auch noch alles völlig unnötig. Die Linken tragen das Aufweichen der Schuldenbremse nämlich mit. Sie fahren als Anhängsel von CDU, CSU, SPD und Grünen mit.

Der Bundesrat musste dem Aufweichen der Schuldenbremse an diesem Freitag noch zustimmen. Auch in der Länderkammer brauchte es dafür eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen. Die stand kurzfristig in Gefahr. Hubert Aiwanger („Freie Wähler“) hatte im Vorfeld zuerst deutliche Worte dazu gefunden, wie unverantwortlich das Aufweichen der Schuldenbremse sei. Dann hat er aber auch gesagt, er verlöre seinen Job, wenn Bayern dem Aufweichen nicht zustimme. Aiwanger hat sich gegen die Interessen der Wähler entschieden – und für seinen eigenen Job.

Im Bundesrat gilt eine Enthaltung faktisch wie eine Nein-Stimme. Aber enthalten haben sich in Sachen Schuldenbremse nur: Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Also Länder, in denen die FDP oder das Bündnis Sahra Wagenknecht mitregieren. Bremen und Mecklenburg-Vorpommern haben indes ausdrücklich zugestimmt. Obwohl das nach Aiwangers Umfallen nicht mal mehr nötig gewesen wäre.

Was auffällt: In der Debatte zum Aufweichen haben die Vertreter (bisher) kleinerer Parteien nicht das Wort ergriffen. Es sprachen nur Minister und Ministerpräsidenten der SPD, der Union und der Grünen. Aiwanger erklärte sich nicht einmal schriftlich in einer Notiz fürs Protokoll dazu, warum ihm sein Job und sein Gehalt wichtiger waren als das Land und dessen Bürger. Auch die Linken haben ihre Unterstützung von Union, SPD und Grünen folglich nicht erklärt.

Mit dem Festhalten an der „Brandmauer“ nehmen sich Merz und Söder jeden Handlungsspielraum gegenüber der SPD. Sie machen sich damit zum leichten Opfer, die sich in den Koalitionsverhandlungen von den Sozialdemokraten öfters über den Tisch ziehen lassen als ein Putzschwamm. Die „Brandmauer“ der Union gegen die Linken ist faktisch Geschichte. Die Partei von Konrad Adenauer ändert gemeinsam mit dem Nachfolger der SED die Verfassung. Auch wenn Söder sie in seiner Analogie wortstark mit der stalinistischen KP der 30er Jahre gleichsetzt. Aber was gilt das Wort der Unions-Führung nach der Wahl überhaupt noch?

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