Tichys Einblick
"Gleichschritt" in der EU

Die Bundesnetzagentur spielt den Denunzianten auf X

Die Bundesnetzagentur soll in Deutschland die Plattform X beaufsichtigen. Es gebe bereits zahlreiche Beispiele für Pflichtverletzungen, sagt Präsident Klaus Müller. Die EU soll ein „Exempel statuieren“, die Mitgliedsstaaten im „Gleichschritt“ marschieren. Die Gefahr einer Zensur sieht er nicht.

Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, Berlin, Deutschland, 6. November 2023

IMAGO / Fotostand

Netzdurchsetzungsgesetz, Digital Services Act (DSA) und andere Einschränkungen der Internetfreiheit sind nicht genug: Jetzt will auch die Bundesnetzagentur mitmischen, wenn es darum geht, dass auf dem Social-Media-Dienst X Zucht und Ordnung herrscht. Nichts weniger als ein „Exempel statuieren“ soll die EU-Kommission – auf Hinweise der Bundesnetzagentur. So deren Präsident Klaus Müller.

„Wir glauben, dass X sich rechtswidrig verhält. Das werden wir belegen und nachweisen“, sagte Müller dem Magazin Spiegel. Die Bundesregierung habe seine Behörde damit beauftragt, die nationale Umsetzung des umfassenden neuen Digital-Gesetzes der EU zu beaufsichtigen und als zentrale Anlaufstelle für Nutzer zu fungieren.

Die Bundesnetzagentur sammele in Deutschland bereits Hinweise, inwieweit X seinen Aufsichtspflichten nicht nachkomme und sogenannte „Desinformationskampagnen“ nicht unterbinde. „Unsere Kolleginnen und Kollegen bereiten diese Informationen gerade gerichtsfest auf und schicken sie nach Brüssel, wo sich EU-Kommissar Thierry Breton und seine Leute darum kümmern werden“, so Müller.

Der Leiter der Bundesnetzagentur sprach weiter von einem „Gleichschritt“, den die EU-Staaten an den Tag legen müssten, denn keine der Plattformen habe seinen Sitz in Europa. Alle, vereint, für das große Ziel, gegen die äußere Bedrohung. Den Vorwurf, von der Bundesregierung politisch abhängig zu sein, wiegelte Müller ab. Man werde seine „Unabhängigkeit unter Beweis“ stellen, es gebe „keine Weisungen aus Berlin“.

Dass der DSA zur Zensur missbraucht werden könnte, sieht Müller nicht. Aber Müller weiß ähnlich wie seine politischen Kollegen darum, was Desinformation ist und was nicht. Desinformationskampagnen betreiben immer die anderen. Dass die Correctiv-Geschichte gezeigt hat, dass vermeintliche Faktenchecker mit dem Segen der Regierung nicht nur schalten und walten können, sondern ihre Desinformation von höchsten Stellen geteilt und multipliziert werden, ist ein Kavaliersdelikt – bleibt doch der Kampf „gegen Rechts“ ein nobles Ziel.

Warum ausgerechnet eine Agentur für die Netzkontrolle zuständig ist, die eigentlich als Ansprechpartner von Bürgern in Energiefragen gilt, ist dabei ungewöhnlich. Fallen Hasskommentare nunmehr unter die Rubrik „Wahrung der Interessen der öffentlichen Sicherheit“? Vielleicht hängt es damit zusammen, dass die Ampel der Meinung war „Netz ist Netz“. Oder am grünen Parteibuch von Müller. Da weiß man, woran man ist.

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