Ginge es nach Karl Lauterbach, dann wäre sie längst wieder da: die Maskenpflicht in Innenräumen. Der Bundesgesundheitsminister hat auf Pressekonferenzen immer wieder dazu angemahnt, die Maske auch dann zu tragen, wenn es dazu keine gesetzliche Bestimmung gibt. Vor wenigen Tagen wandte sich der SPD-Politiker dann direkt an die Bundesländer. „Ich appelliere an die Länder, die Verantwortung auch wahrzunehmen. Wir sehen derzeit stark steigende Fallzahlen“, sagte Lauterbach am vergangenen Mittwoch bei der Regierungsbefragung im Bundestag. Er gehe von einem „verantwortungsvollen Handeln“ aus.
Mittlerweile bekommt der Gesundheitsminister deutliche Rückendeckung. „Wir brauchen jetzt eine Maskenpflicht in Innenräumen wie Supermärkten, Geschäften und öffentlichen Gebäuden“, sagte der Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, Johannes Nießen, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Die Länder sind am Zug, die Maskenpflicht sofort umzusetzen. Sonst droht eine Überlastung des Gesundheitssystems und eine Überlastung der Bereiche mit patientennahem Kontakt wie Kliniken.“ Ab einer Inzidenz von 1.000 müsse man eine Maskenpflicht für Bars, Gastronomie und Restaurants in Betracht ziehen.
Skeptisch zeigte sich dagegen Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Wegen der hohen Immunisierungsquote in der Bevölkerung sei die gegenwärtige Lage nicht mit der in den vergangenen beiden Jahren vergleichbar. „Natürlich trage ich am OP-Tisch eine Maske“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Aber ich fliege ohne Maske, und ich gehe auch ohne Maske zum Konzert. Corona ist für die überwältigende Zahl der Menschen in Deutschland keine bedrohliche Erkrankung mehr und zählt daher mehr zum allgemeinen Lebensrisiko.“ Für Risikopatienten sei es dagegen situativ vernünftig, eine Maske zu tragen.
Die Widerspenstigen: Bayern, NRW, Schleswig-Holstein und Sachsen
Ähnlich uneinig ist das Bild bisher in den Bundesländern. Lauterbach hatte in Zusammenarbeit mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) den Ländern die nötigen „Werkzeuge“ in die Hand gegeben, um in der anberaumten Herbstwelle reagieren zu können. Insbesondere in München steht das neue Infektionsschutzgesetz nach wie vor in der Kritik, weil es keine konkreten Indikatoren habe. „Jetzt tun wir es selber, weil wir auf unsere Experten setzen, auf unser Landesinstitut für Gesundheit, jetzt ist es auch nicht recht“, beklagte der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. Die Staatsregierung sehe aktuell keinen Bedarf für schärfere Regeln.
Zu den Corona-Rebellen in Bayern und NRW gesellen sich noch weitere: Sachsen und Schleswig-Holstein. Laut einer Anfrage der BILD-Zeitung sehen diese vorerst keine Verschärfungen, und damit auch keine Maskenpflicht in Innenräumen vor. „Im Moment sehen wir keine Notwendigkeit für eine Maskenpflicht in Innenräumen“, hieß es aus dem sächsischen Sozialministerium. „Aktuell sind darüber hinaus keine Ausweitungen von Maskenpflichten oder ähnliche Maßnahmen geplant“, lautete eine Stellungnahme aus Kiel.
Die Musterknaben: Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und (teils) Berlin
Eine Maskenpflicht befürwortet indes das Land Brandenburg. Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher sprach von einer „moderaten Ausweitung“ der Maskenpflicht in Innenräumen, etwa in Geschäften. Auch in Bremen hält man derzeit eine Ausweitung für möglich. Dieselbe Aussage ist auch aus Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen zu hören.
Eigentlich sollte auch Berlin zum Chor der Corona-Musterknaben gehören. Denn Gesundheitssenatorin Ulrike Grote (Grüne) war letzte Woche vorgeprescht: Schon am heutigen Dienstag hätte über eine Wiedereinführung der Maskenpflicht in Innenräumen abgestimmt werden sollen. Doch der unabgestimmte Vorstoß sorgte nicht nur in der Opposition, sondern auch in der Regierung für Unmut. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) wurde davon offenbar überrascht. Der Vorschlag wird daher am Dienstag nur noch diskutiert, aber nicht darüber abgestimmt.
Die Abwartenden: Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen
Als abwartend erweisen sich bisher Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, das Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Je nach Umstand werde man über eine Ausweitung beraten bzw. sei eine Ausweitung nicht ausgeschlossen. Thüringen indes wolle „keine Alleingänge“ machen und setze auf „bundeseinheitliche Parameter“, äußerte sich ein Sprecher gegenüber der BILD-Zeitung. Die Einstellung Hamburgs zur Verschärfung der Maskenpflicht ist bisher noch unbekannt.