Tichys Einblick
Immunitätsausweis

Bund arbeitet an Impfpflicht durch die Hintertür

Mit der Einführung eines bereits höchst umstrittenen Corona-Immunitätsausweises versucht die Bundesregierung jetzt auch noch eine Impfpflicht durchzuboxen.

imago Images

Erst will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit seinem Gesetzentwurf für einen Corona-Ausweis die deutsche Gesellschaft in immune und nicht-immune Bürger aufspalten. Tichys Einblick berichtete als eines der ersten Medien, das Corona-Immune per Gesetz künftig Sonderrechte erhalten sollen.

In Spahns Gesetzentwurf heißt es: „Der Serostatus einer Person in Bezug auf die Immunität gegen eine bestimmte übertragbare Krankheit kann durch eine Ärztin oder einen Arzt dokumentiert werden (Immunitätsdokumentation).” Name der Krankheit, Datum der Feststellung der Immunität und die Kontaktdaten der betroffenen Personen müssten eingetragen werden.

Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit vergangenen Mittwoch beschlossen. Die Formulierungshilfe von 102 Seiten voller Gesetzesänderungen ist auf der Website des Bundesgesundheitsministeriums hier zu sehen. Da helfen auch Spahns nachgeschobene Beruhigungspillen nicht: „Im Moment haben wir auch in der wissenschaftlichen Diskussion noch keine abschließende Erkenntnis darüber, ob nach einer durchgemachten Sars-CoV-2-Infektion eine entsprechende Immunität da ist.”

Dennoch sollen Bundestag und Bundesrat nun im Schnelldurchlauf neue Regeln beschließen, mit denen Bürger nachweisen müssen, dass sie geimpft oder immun sind. Die meisten Bundestagsabgeordneten sind vom Beschluss des Kabinetts von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) überrumpelt worden. Sie prüfen inzwischen fieberhaft, was in dem Gesetz stehen und welche Wirkungen es haben könnte. Vor allem die Rechtsexperten sind jetzt gefragt. Denn kaum einer weiß etwas Genaues.

Infektionsschutzgesetz wird wieder geändert

Sie gelangen dabei zu immer neuen Erkenntnissen: Weil für die Corona-Abwehr weltweit ein Impfstoff entwickelt wird, soll in Deutschland jetzt auch noch die Impfpflicht durch die Hintertür kommen. Immun ist für die Bundesregierung ein Bürger nur durch einen Immuntest nach überstandener Corona-Infektion oder eine künftige Impfung gegen den Covid-19-Virus.

Denn laut Spahns Gesetzentwurf wird auch das Infektionsschutzgesetz schon wieder geändert. Bislang kann der Impfstatus von Arbeitnehmern demnach für „Krankheiten, die durch eine Schutzimpfung verhütet werden können” verarbeitet werden. Dieser Passus soll auf „übertragbare Krankheiten” erweitert werden. Das würde dann sogar auf Krankheiten wie HIV zu treffen.

FDP-Bundesvorstandsmitglied Torsten Herbst kritisiert Spahns Pläne: „Eine Corona-Impfpflicht lehne ich derzeit ab, weil weder die Nebenwirkungen einer späteren Impfung bekannt sind, noch kennen wir die genaue Pandemielage bei der Zulassung des Impfstoffes.“ Diese Impfpflicht müsste außerdem erst noch vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben.

Bayerns Söder befürwortet die Impfpflicht und die Grünen auch

In welches Wespennest hier jetzt gestochen wird, beweisen die Beschwichtigungen des Gesundheitsministers zu seinem Corona-Immunitätsausweis mit vielen Fragenzeichen.

Spahn rechne vorerst nicht damit, dass bei Vorliegen eines Impfstoffs gegen das Coronavirus auch eine Impfpflicht kommen müsste. Sein Eindruck sei aber, dass die allermeisten Bürger sich eine solche Impfung wünschen würden. „Überall da, wo wir durch Bereitschaft und gutes Argumentieren zum Ziel kommen, braucht es aus meiner Sicht keine Pflicht.“ Noch sei aber unklar, ob, wann und in welchen Mengen es einen Corona-Impfstoff geben werde.

Gleichzeitig dreht Spahn jedoch wieder eine Kurve Richtung Impflicht. Denn Impfungen seien auch gegen viele andere Krankheiten eine der größten Errungenschaften der Menschheit. Er hoffe, dass nun auch Impf-Debatten aus der Zeit vor der Corona-Krise „vielleicht in einem neuen Licht“ gesehen würden. Damit steht Spahn politisch nicht allein. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte bereits Ende April eine generelle Impfpflicht gegen das Coronavirus befürwortet. „Für eine Impfpflicht wäre ich sehr offen.“

Auch die Führung der Lieblingspartei der Union, die Grünen, springt den Regierenden wieder einmal bei. „Wenn alle Menschen sich freiwillig impfen ließen, wäre das natürlich immer besser. Doch sollte das unter den Erwartungen bleiben, müsste man eine Impfpflicht an dieser Stelle durchsetzen,“ stellte Grünen-Parteichef Robert Habeck klar. Spahns Bundesgesundheitsressort preist schon mal die positiven Wirkungen an: „Impfungen gehören zu den wichtigsten und wirksamsten präventiven Maßnahmen, die in der Medizin zur Verfügung stehen, um sich vor einer ansteckenden Krankheit zu schützen.“

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