Diesen Verdacht hatten viele seit langer Zeit. Der Eindruck war: Ukrainer, die nach Deutschland geflohen waren, blieben nicht immer im Lande, sondern kehrten schon bald wieder in ihre Heimat zurück. Die Geldzahlungen des deutschen Staates mussten ja deshalb nicht enden, wie man auch am deutschen Kindergeld immer wieder sieht, das zu einem nicht unerheblichen Teil ins Ausland fließt. Im Fall der Ukraine-Flüchtlinge kam ein erleichternder Umstand dazu: Innenministerin Nancy Faeser (SPD) lehnte es sehr früh ab, die ankommenden Flüchtlinge ordentlich zu registrieren. Ihre Kritiker wandten ein, dass dadurch Unterbringungen in unbekannten Ausmaßen auf die Kommunen zurollten. Und so kam es.
Bürgergeld fließt ins Ausland – Jobcenter bemerken offenbar nichts
Der „Job-Turbo“ von Hubertus Heil zündet nicht. Zahlen belegen, dass geflüchtete Ukrainer in anderen Ländern deutlich mehr in Arbeit gebracht werden konnten als im Fachkräftemangelland Deutschland. Erste Landkreise wenden sich unter der zunehmenden Belastung an Scholz. Fälle werden bekannt, bei denen Bürgergeld ins Ausland fließt.
Es geht aber noch weiter im Feld der Kritik. Denn die Ukrainer erhielten zudem unmittelbar Zugang zum Bürgergeld, da sie den Flüchtlingsstatus automatisch bekamen. Dass die rasante Erweiterung des Bezieherkreises um rund eine Million zu Unordnung in den Ämtern und auch Missbrauch führen musste, davon war auszugehen. Es war den Regierenden aber offenbar gleich, obwohl „ein Staatslenker in erster Linie dafür zu sorgen hat, dass der Privatbesitz keines Staatsbürgers angetastet werde“. So schrieb es vor 2000 Jahren der Staatsmann Cicero in seiner Schrift Von den Pflichten. Doch als Maßstab für staatliches Handeln taugt es derzeit offenbar kaum.
Der Focus beschreibt: Eine vierköpfige Familie aus der Westukraine gelangte im Frühjahr 2022, relativ bald nach Kriegsausbruch, nach Schleswig-Holstein und kam bei einer Gastmutter unter. Die übernahm auch die Begleitung bei Behördengängen. Das Bürgergeld war kein Problem, auch eine Wohnung und ein Kita-Platz für den Sohn waren schnell gefunden. Einige Monate später kam auch der Ehemann nach. Nach Geburt des zweiten Kindes erhielt die kleine Familie insgesamt 3.200 Euro in Form von Bürgergeld, Miet- und Heizkostenzuschuss. Nun mag es so gewesen sein, dass sich die Familie zu Anfang des Krieges in Sicherheit bringen musste. Aber irgendwann bemerkten sie offenbar, dass ein Leben in der Ukraine für sie weiterhin möglich war. Knapp ein Jahr nach ihrer Flucht kehrte die Familie dann in ihre Heimat zurück.
Das permissive Deutschland ist selbst schuld
Erst mit dem Wintereinbruch 2023 überwogen wieder die Nachteile. Die Familie kehrte zurück. Doch die schleswig-holsteinische Gastmutter musste hören, dass die deutschen Sozialleistungen die ganze Zeit weiter geflossen waren, auch als die Familie für mehrere Monate in der Ukraine lebte, und zwar in gleicher Größenordnung wie auch in Deutschland. 40.000 Euro wurden der Familie so in knapp einem Jahr überwiesen. Das waren sogar etwas mehr als 3.200 Euro pro Monat. Eine Art Kriegsrendite für die Familie aus der deutschen Steuerkasse. Die Gastmutter war empört über den Sozialbetrug, versagte den Ukrainern ihre Hilfe und will laut Focus von weiteren ähnlich gelagerten Fällen wissen.
Der noch in der Ukraine geborene Sohn der Familie soll nun offenbar in Deutschland zur Schule gehen. Falls es sich um eine dauerhafte Einwanderung der Ukrainer handeln soll, dann ist es bisher eine in das deutsche Sozialsystem. Bei der Bundesagentur für Arbeit bestätigt man, dass „es möglich ist, das System so auszunutzen“. Einladungen in die Jobcenter seien auch bei arbeitslosen Ukrainern üblich, aber „über das konkrete Intervall entscheiden die Jobcenter nach eigenem Ermessen“.
Ein weiteres Problem beim Bürgergeld für Ukrainer: Ihr Vermögen ist für deutsche Behörden praktisch nicht zu ermitteln. Tür und Tor für Missbrauch stehen offen. Und das gilt natürlich nicht nur für Ukrainer, es gilt im Grunde für Deutschland, weil Deutschland hier der permissive Part ist, der beim Thema „Asyl“ alles ermöglicht und anscheinend an dieser Stelle kaum noch kontrolliert, während die eigenen Bürger in zunehmendem Maße geschröpft werden. Das Resultat ist ein System, das zum Missbrauch einlädt. Halb zog es ihn, halb sank er hin.
„Andere Länder sind uns weit voraus, wie aus den Zahlen der Friedrich-Ebert-Stiftung hervorgeht, die der Soziologe Dietrich Thränhardt erstellt hat. Demnach arbeiten in den Niederlanden, Großbritannien und Schweden über die Hälfte der geflüchteten Ukrainer, in Polen sind es 65, in Tschechien 66 und in Dänemark 78 Prozent. Wieso sind die Zahlen in Deutschland trotz Fachkräftemangel so gering?“, fragt DerWesten unter dem Titel: „Liegt es am Bürgergeld?“
Ein weiterer Fall hat sich nun im Austausch mit Algerien zugetragen. Hier konnte ein Mann fast 14.000 Euro Bürgergeld beziehen, obwohl er während dieser Zeit in seiner Heimat lebte. Unerlaubt ohne Abmeldung war er 2019 ausgereist, wie das Jobcenter indigniert feststellte. Aber auch dieser Fall – der sich teils während der Corona-Zeit zutrug – zeigt, dass die staatlichen Kontrollen an dieser Stelle nicht funktionieren und auch nicht übermäßig ernst genommen werden.
Der Algerier hatte es also versäumt, sich bei Ausreise abzumelden. Angeblich war sein Sohn in Algerien erkrankt, und beim Jobcenter sei nur der Anrufbeantworter angesprungen. Nun soll der 56-Jährige das erhaltene „Bürgergeld“ zurückzahlen, zusätzlich schuldet er dem deutschen Staat eine Geldstrafe von 7.200 Euro (180 Tagessätze à 40 Euro). Ob Jobcenter und Staat die Gelder jemals zu Gesicht bekommen, scheint durchaus fraglich.
Diskussion um Bürgergeld in der Opposition
Die CDU will das Bürgergeld neuerdings ganz abschaffen und durch eine „soziale Hilfe“ ersetzen. Das ist erst mal nur ein Wort. Die CDU will demnach zurück zum Grundsatz „Fördern und Fordern“. Erwerbsfähige Personen, die Arbeit ablehnen, sollen auch keine Sozialleistungen mehr bekommen.
Die AfD ist gegen einen „langfristigen Transferbezug“, der die Ausnahme bleiben müsse. Sie fordert laut einem Bundestagsantrag von 2022 „Unterstützungsleistungen“ für Arbeitslose, um „wieder auf die Beine zu kommen“. Außerdem schlägt die Partei eine „Bürgerarbeit“ von 15 Wochenstunden vor, die nach einer Karenzfrist von sechs Monaten an den Leistungsbezug geknüpft sein soll. Grundlegender Programmpunkt für die Partei ist es, den Zugang zum Bürgergeld für Zugewanderte zu begrenzen.
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