Tichys Einblick
Europa verabschiedet sich vom „Weiter so“

BREXIT-Abstimmung 2016? – Spanien: mehr Ciudadanos als Podemos?

Ein roter Faden zieht sich durch die politische Landkarte Europas: Viele Establishment-Parteien sind am Abdanken. Ich bediene mich der ältesten Ressource der Welt: hinschauen und zusammenzählen. In ihrem Ursprungsland Schottland gibt es die Labour-Party nicht mehr. In Spanien bringen PP und PSOE, Konservative und Sozialdemokraten, die das Land in indirekten Koalitionen 30 Jahre regierten, zusammen keine 50 Prozent mehr auf die Waage. Wann ist das auch in Deutschland so weit?




Das BREXIT-Referendum könnte schon im Sommer 2016 stattfinden. David Cameron und die Seinen würden damit Kollisionen mit den Wahlen in Deutschland und Frankreich 2017 vermeiden. Merkel und Hollande (oder ein anderer Kandidat) könnten mit Zugeständnissen in der Einwanderungsfrage Luft gegen ihre Migrationsgegner im eigenen Land gewinnen – auch wenn beide das öffentlich nie zugeben werden. In England hat Cameron bis dahin von Labour, Liberaldemokraten und UKIP nichts zu befürchten, sie müssen sich nach ihren Niederlagen erst neu sortieren. Schottlands Linksnationale werden eine erneute Volksabstimmung über den Austritt aus dem Vereinigten Königreich nicht so bald in Angriff nehmen.

Alle reden von Podemos, niemand von Ciudadanos

Den linken Upstart Podemos notiert die Umfrageindustrie bei etwas über 22 Prozent, die Sozialisten (PSOE) etwas unter 22, die regierende Partido Popular (PP) etwas über 20 und den mitte-rechten Upstart Ciudadanos – auch C‘s genannt – etwas unter 20 Prozent. Bremen hat uns wieder einmal mehr daran erinnert, dass auf Umfragen kein Verlass ist. Aber dass vier Parteien jeweils um die 20-Prozent-Marke öffentlich gehandelt werden, wird seine Wirkung auf die Wahlergebnisse haben.

Im übrigen Europa ist allenfalls bekannt, dass Spanien im Herbst wählt. Aber am 24. Mai tun das schon vorher 13 der 17 spanischen Regionen in ihren Kommunalwahlen: Auch die Bürgermeister der Großstädte Madrid, Barcelona und Valencia werden neu bestimmt. Unter den veränderten Umständen werden das die Medien als Testwahlen bewerten. Die Bürgerpartei, wie man die Ciudadanos übersetzen könnte, ist mit ihrer scharfen Kritik an den Altparteien PP und PSOE erfolgreich, vor allem mit den Themen Korruption und Intransparenz.

Dass die C‘s, denen in Katalanien die Umfragen 18 Prozent geben, gegen die Sezession sind, macht diese neue Kraft trotz ihrer Fundamentalkritik zu einem möglichen Partner der PP. So oder so, die politischen Karten werden auch in Spanien neu gemischt, nicht nur in Britannien. Und wenn nicht alles täuscht, bald auch in Frankreich und Deutschland. Europa verabschiedet sich vom „Weiter so“.




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