Der brandenburgische Landesinnenminister Michael Stübgen (CDU), in einer Koalition mit der SPD regierend, hat angesichts der wachsenden Belastung von Ländern und Kommunen eine „Migrationsbremse“ gefordert. Daran werde man „nicht vorbeikommen“. Wie ein solches Instrument aussehen könnte und wie es umzusetzen wäre, erklärt Stübgen aber nicht.
Die Achtung der Menschenwürde müsse beim Umgang mit Flüchtlingen und Migranten an erster Stelle stehen, so der Minister weiter. Dazu gehörten aber auch eine menschenwürdige Unterbringung und Versorgung ebenso wie rechtsstaatliche Verfahren. Jeder Asylbewerber habe das Recht, die Ablehnung seines Asylantrags gerichtlich überprüfen zu lassen. Vielleicht auch daher fordert Stübgen, mittelfristig auf freiwillige Ausreisen statt Abschiebungen zu setzen, was zugleich humaner und weniger kostenträchtig als erzwungene Abschiebungen sei.
Abschiebungen haben auch psychologische Wirkung
Es ist eine weitere Stimme in der Diskussion um den drohenden „Migrationskollaps“, auch wenn Stübgen überall, wo es nur geht, Weichzeichner eingesetzt hat. So tritt er vor allem mit seiner opaken Hauptforderung hervor, der bald schon sagenumwobenen „Migrationsbremse“ aller versammelten CDU-Innenexperten, die aber auch er nicht näher erläutert. Darum wäre zunächst zu bitten. Daneben bremst Stübgen den Fortgang der Diskussion in einer anderen Richtung, in der sich laut Heiko Teggatz gerade etwas lichtet. Eine Infrastruktur für besser funktionierende Abschiebungen könnte demnach schon bald auf dem Plan des Bundeskabinetts stehen.
CDU-Fraktion: Kapazitäten besser nutzen und gegen illegale Migration vorgehen
Vor den Aussagen des Innenministers stand die Übersendung eines Forderungskatalogs aller Brandenburger Landkreise an den Minister, was nun unter anderem die Berliner Zeitung aufgreift. Auslöser war unter anderem die Zahl von 800.000 „Flüchtlingen“, die allein im laufenden Jahr zu erwarten seien. Die Brandenburger Landräte machten daraufhin deutlich, dass schon im ersten Halbjahr 2023 „das Ende ihrer Kapazitäten droht“ und forderten, Migranten ohne Bleibeperspektive nicht mehr auf die Kommunen zu verteilen, woraus logisch die Forderung einer zentralen Unterbringung folgt (TE berichtete).
Das will Innenminister Stübgen nun angeblich umsetzen. Auch sein designierter Nachfolger als CDU-Landeschef Jan Redmann scheint ihm darin zu folgen: „Um die Kapazitäten für jede Person zu nutzen, müssen wir sie auch auf diesen Personenkreis beschränken und gegen die sogenannte illegale Migration auch stärker vorgehen.“ Man versteht: Die Brandenburger CDU will sich auf hilfsbedürftige Asylbewerber konzentrieren und andere – „illegale Migranten“ ohne Bleibeperspektive – zentral unterbringen. Vielleicht kann dazu bald der Berlin-Brandenburger Flughafen dienen, wenn das Bundeskabinett mitzieht.
Der SPD-Fraktionschef Daniel Keller widersprach: Man müsse „das Recht für die Menschen“, die nach Deutschland kämen, umsetzen. Dagegen sei der Innenminister „Herr des Verfahrens … beim Thema Abschieben“. Das ist eine zwiespältige Kritik, die man Keller nicht in allen Punkten abnehmen kann.
Schon seit August erreichen die Asylanträge kaum je gesehene Werte
2022 hat allein das Land Brandenburg rund 39.000 Flüchtlinge und Asylbewerber aufgenommen, die meisten davon aus der Ukraine stammend. Im Krisenjahr 2015 kamen 26.000 Asylbewerber ins Land – und genauso viele werden in diesem Jahr erneut in Brandenburg erwartet. Inzwischen hat sich das Verhältnis zwischen Ukrainern und anderen Drittstaatern aber umgekehrt: Nun kommen wieder mehr Asylbewerber aus Asien (vor allem Syrien, Afghanistan, Irak, Türkei) und Afrika nach Deutschland. 30.000 Asylanträge waren es allein im Januar bundesweit, solange wie seit Jahren nicht mehr in einem einzelnen Monat. Zwischen 2005 und 2010 wurden etwas so viele (oder weniger) Erstanträge in einem ganzen Jahr gestellt (siehe Graphik). Schon seit August letzten Jahres hat dieser Wert immer stärker abgehoben. Nach einer Stabilisierung im Dezember haben die Zahlen im Januar 2023 wieder zugelegt. Der Zuwachs bei der Zuwanderung ist praktisch ungebrochen.
AfD: Aktuelle Migrationspolitik ist unbezahlbar und „Gift für unseren Sozialstaat“
Setzt sich diese Situation fort, werden immer mehr Menschen zu dem Schluss kommen, den der brandenburgische AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt aussprach: „Die deutsche Migrationspolitik ist von Grund auf falsch.“ Die Migrationspolitik von Bund und Land führe „ins Chaos“ und müsse grundlegend geändert werden. Diese Politik, das hätte das vergangene Jahr 2022 gezeigt, sei zunächst „unbezahlbar“. Drei Milliarden Euro fehlen demnach allein in Brandenburg. Daneben fehlt aber auch die Infrastruktur. Zuletzt überfordere die Zuwanderung „die sozialen Bindungskräfte des Landes“. Die überproportionale Vertretung von Zuwanderern bei Straftaten und in Gefängnissen sei nur die „sprichwörtliche Spitze des Eisbergs“.
In Prenzlau und Schwedt sollen zugewanderte Tschetschenen die Einheimischen terrorisieren, darunter Schulkinder und Alte. Auch der Sozialstaat werde durch die anhaltende Zuwanderung immer stärker überfordert. Diese Art Migration ist, so Berndt, „Gift für unseren Sozialstaat“. Das Land drohe massiv verändert zu werden. Schließlich wertet Berndt das Beispiel Lörrach als Beleg für die „These vom Bevölkerungsaustausch“. Die CDU kritisierte Berndt dahingehend, dass einige in der Partei nun so reden, als seien sie schon immer in der AfD gewesen. Doch habe auch Innenminister Stübgen die Grenzöffnung von 2015 unter Angela Merkel mitgemacht.