Wer in Brandenburg bürgerlich wählen will, kann zur Landtagswahl im Jahr 2019 nicht mehr sein Kreuz bei der CDU machen. Nachdem Brandenburgs Linken-Chefin Diana Goltze in einem Interview nicht ausgeschlossen hat, mit der CDU zu koalieren, kommt fünf Tage später die Antwort vom brandenburgischen CDU Vorsitzenden Ingo Senftleben, der die Linke in hohen Tönen lobt: „Fakt ist aber, dass ich in 18 Jahren die Erfahrung gemacht habe, dass die Zusammenarbeit mit den Linken – bei allen Widersprüchen – in der Regel funktioniert.“ Und dann gerät der CDU-Mann doch noch ins Schwärmen, denn die Zusammenarbeit sei so gut, dass man keine Protokolle benötige: „eine Absprache ist eine Absprache.“
Vor dem Hintergrund der Brandenburger Verhältnisse, die davon geprägt sind, dass für einen erheblichen Teil der CDU-Mitglieder und CDU-Wähler schon aus biographischen Erfahrungen eine Zusammenarbeit mit den Linken prinzipiell nicht in Betracht kommt, zeigt das, dass dem Landesvorsitzenden die Kollegen der Linksfraktion näher sind als die eigenen Mitglieder und Wähler. Denn für einen Teil der CDU-Mitglieder und -Wähler mögen die Linken sich so reformiert geben, wie sie wollen, sie trauen dem Selbstbild der Linken nicht. Für sie bleibt sie die SED-Nachfolgepartei. Sie sehen Kontinuität statt Wandel.
Fakt ist: Seit der ersten freien Wahl nach der Wiedervereinigung 1990 regierte die SPD zunächst mit der FDP, dann allein und schließlich von 1999 bis 2009 mit der CDU. Nach der Landtagswahl 2009 schwenkte Matthias Platzeck nach Links. Seitdem wird das Land von einer rot-roten Koalition regiert. Die SPD hat sich in ihren 28 Regierungsjahren zu einer Staatspartei für Brandenburg entwickelt und dabei vollkommen verschlissen. Sie bedarf dringend der Erneuerung in der Opposition. Ministerpräsident Dietmar Woidke klebt trotz eklatanter Misserfolge wie der krachend gescheiterten Kommunalreform an seinem Stuhl. Nach derzeitigen Wahlprognosen verfügt Rot-rot über keine Mehrheit mehr, CDU und SPD liegen in etwa gleichauf, doch ist es nicht unwahrscheinlich, dass es für Schwarz-rot auch nicht reicht. Deshalb spekuliert Senftleben mit einem Rot-rot-schwarzen Bündnis. Und da gehört der Brandenburger CDU-Chef ideologisch auch hin. Kaum ein CDU-Landesverband hat die Kanzlerin in ihrer verfehlten Migrationspolitik so vorbehaltlos und gehorsam unterstützt wie der Brandenburgische. Gegenstimmen wurden marginalisiert.
Es scheint in der Brandenburger CDU nur noch um den Postenerhalt einer Führungsriege zu gehen, die für alles und nichts steht. Wenn Ingo Senftleben diagnostiziert, dass in Brandenburg ein Neuanfang nötig sei, hat er Recht. Doch vergisst er, dass nach 18 Jahren Landtag auch er nicht mehr zum Neuen zählt. Will die CDU in Brandenburg die Wahl 2019 gewinnen, wird sie sich inhaltlich und personell erneuern müssen. Sie hat nur die eine Chance, eine tiefgreifende Diskussion jetzt zu starten – und sich dafür Sachverstand auch von außerhalb der Partei in Brandenburg zu suchen, schon aus Gründen der Unabhängigkeit, des Neuen und der Glaubwürdigkeit.
Darüber hinaus ist der Brandenburger Landesverband nun eine Bürde für die CDU insgesamt und für die CDU-Vorsitzende, denn Senftlebens Aussage ist ein klares Zeichen dafür, dass die CDU nach links rückt und sie über keinerlei inhaltliche Aussagen mehr verfügt, die nicht verhandel- und aufgebbar wären.
Zum ersten Mal in der Geschichte des wiedervereinigten Deutschlands besteht die Möglichkeit, dass wer CDU wählt, eine CDU-Linken-Regierung bekommt.
Die Brandenburger CDU zeigt zumindest, dass aus Angst vor dem Wähler kein Dammbruch ausgeschlossen ist.