Der britische Premierminister Boris Johnson wird die Downing-Street räumen. Das berichteten mehrere britische Medien am Donnerstag, darunter die BBC. Damit scheint der Konservative der Revolte in seiner Partei zu erliegen, die vor zwei Tagen mit einem Doppelrücktritt in seinem Kabinett begann. Finanzminister Rishi Sunak und Gesundheitsminister Sajid Javid hatten am Dienstag ihre Ämter niedergelegt. Javid schrieb, er habe das Vetrauen in den Regierungschef verloren, und rief seine ehemaligen Kollegen zum Sturz Johnsons auf: „Diejenigen von uns, die in einer Position dazu sind, haben die Verantwortung, etwas zu ändern. (…) Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass das Problem an der Spitze zu finden ist“, so der ehemalige Gesundheitsminister.
Auch mehrere Staatssekretäre waren bereits am Dienstag zurückgetreten. Am Mittwoch reichten dann fünf weitere Staatssekretäre ihren Rücktritt ein. Darunter der für Familie und Kinder zuständige Staatssekretär Will Quince. Auch der Generalstaatsanwalt für England und Wales trat zurück, genauso wie der oberste Rechtsberater der Regierung: „In einer Zeit, in der unser Land vor großen Herausforderungen steht, in der das Vertrauen in die Regierung selten so wichtig war, ist die Zeit für eine neue Führung leider gekommen“, erklärte dieser.
Die sogenannte „Pincher-Affäre“ ist für den lange an seinem Amt hängenden Johnson, der gerade erst ein Misstrauensvotum überstanden hatte, nun wohl der Todesstoß. Johnson hatte von Vorwürfen der sexuellen Belästigung gegen einen Parteikollegen gewusst, habe jedoch öffentlich das Gegenteil behauptet. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Tories im Unterhaus, Chris Pincher, war in der vergangenen Woche zurückgetreten, nachdem Medien berichteten, er habe zwei Männer in einem exklusiven Club in London im betrunkenen Zustand begrapscht.
Wie unter anderem die Tagesschau und der britische Guardian berichten, ist Johnsons Rücktritt mittlerweile wohl fix. Wer ihm nachfolgt, ist noch offen: Ob Johnson bis zur Festlegung eines Nachfolgers überhaupt im Amt bleibt oder ein Interims-Premier ernannt werden muss, auch. Gute Chancen auf den Job werden unter anderem dem stellvertretenden Premierminister Dominic Raab zugerechnet. Auch die amtierende Handelsministerin Penny Mordaunt könnte Johnson in der Downing Street nachfolgen. Die ehemalige Verteidigungsministerin ist nach aktuellen Umfragen eine der parteiintern beliebtesten Kandidatinnen: Dort wird sie nur vom aktuellen Verteidigungsminister Ben Wallace übertroffen. Aber auch der ziurückgetretene Finanzminister Rushi Sunak wird als Kandidat gehandelt.