Die schriftlichen Abiturprüfungen in Nordrhein-Westfalen, die heute stattfinden sollten, wurden kurzfristig abgesagt und um zwei Tage verschoben. Das verkündete am Dienstagabend das nordrhein-westfälische Bildungsministerium. Betroffen sind Schüler, die in den Fächern Biologie, Chemie, Physik, Informatik, Ernährungslehre und Technik geprüft werden, sowohl Grundkurs als auch Leistungskurs.
Der Grund: technische Probleme beim Download der Prüfungsaufgaben. Etliche Schulen konnten am Dienstag im selbsternannten „Bildungsland NRW“ die Aufgaben nicht oder nur teilweise vom zentralen Server des Bildungsministeriums herunterladen. Üblicherweise werden die Downloads am Mittag des Vortags der Prüfung freigeschaltet. Die Lehrer müssen dann noch Kopien anfertigen oder es müssen Versuchsanordnungen aufgebaut werden.
Doch im Laufe des Dienstags meldeten immer mehr Schulen Probleme beim Herunterladen der Dateien. Weder Lehrer noch Schüler wussten bis zum späten Abend, ob die Prüfungen am nächsten Tag überhaupt stattfinden werden. Lehrer warteten in den Schulen auf Informationen aus dem Bildungsministerium und hielten die betroffenen Schüler auf dem Laufenden – über Neuigkeiten, die es aber zunächst nicht gab.
Das Bildungsministerium hielt den ganzen Tag still und äußerte sich nicht. Es war für Lehrer angeblich unerreichbar, Presse-Anfragen blieben unbeantwortet, und auch der Website des Ministeriums konnte man keine aktuellen Informationen entnehmen.
Bis kurz vor 20 Uhr war auf dem Twitter-Account des Ministeriums noch der Tweet vom 17. April zu lesen: „Daumen drücken! Morgen startet das Bildungsland NRW in die Abiturprüfungen 2023 …“ Gestern fanden bereits die ersten Prüfungen in den 233 Berufskollegs des Landes statt. Die Erfolgswünsche von Bildungsministerin Dorothee Feller (CDU) waren ebenfalls noch zu lesen.
Erst um 20:45 Uhr kam dann die Nachricht, dass die Prüfungen am nächsten Tag ausfallen. Grund sei eine „massive technische Störung“. Das Ministerium twitterte: „Die für morgen (Mittwoch, 19. April) vorgesehenen schriftlichen Abiturprüfungen werden auf den bisher prüfungsfreien Freitag (21. April) verschoben. Das betrifft die Fächer: Biologie, Chemie, Ernährungslehre, Informatik, Physik, Technik (Grundkurs und Leistungskurs).“
Grund dafür sei eine massive technische Störung beim Download der Aufgaben. „Bis zum Abend wurde an einer Lösung gearbeitet. Die Störung konnte jedoch leider nicht rechtzeitig behoben werden. Die Schulen wurden fortlaufend über die Störung & auch über die Verschiebung informiert.“
Dem Satz, dass die Schulen fortlaufend über die Störung informiert wurden, werden wohl viele Schüler und Lehrer widersprechen. Den Twitter-Kommentaren und ersten Presseberichten nach zu urteilen hatte man den Eindruck, dass eben nicht „fortlaufend informiert“ und viel Geduld von Lehrern und Schülern gefordert wurde. Einige Twitter-User spielten auf die Corona-Zeiten an, als Schulen häufig erst kurzfristig über neue Maßnahmen informiert wurden und Anweisungen vom Bildungsministerium bekamen, die sie dann schnell umsetzen mussten.
An dem neu gewählten Prüfungstag gab es bereits erste Kritik, so von der schulpolitischen Sprecherin der SPD, Dilek Engin. Am Freitag feiern Schüler muslimischen Glaubens Zuckerfest, und nun müssen sie an dem Tag Klausur schreiben. Engin warf der Ministerin außerdem ein „katastrophales Kommunikationsverhalten“ vor und spricht von einem „Rückfall in alte Zeiten“, wie der WDR berichtet.
Bild weist darauf hin, dass am kommenden Freitag ein bundesweiter Bahn-Streik angekündigt ist. Das könnte Abiturienten, die beim Schulweg auf den Schienenverkehr angewiesen sind, zum Problem werden. Vielleicht werden sich ja auch noch Aktivisten von Fridays for Future beschweren, da sie nun am Freitag nicht demonstrieren können, weil sie Abiturklausur schreiben müssen.
Bildungsministerin Dorothee Feller (CDU) findet die Störung und kurzfristige Verschiebung der Abiturklausuren „außerordentlich ärgerlich“, da sich die Abiturienten intensiv auf ihre Prüfungen vorbereitet hätten. Das Bildungsministerium wolle die massive Störung gemeinsam mit dem externen Dienstleister intensiv aufarbeiten, eine genaue Fehleranalyse erstellen und daraus die notwendigen Konsequenzen ziehen, damit die Prüfungen störungsfrei durchgeführt werden können.
Mal abwarten, ob das gelingen wird im „Bildungsland NRW“ – oder anders: im von der „Fortschrittskoalition“ regierten Deutschland.