Nach der Löschung von Donald Trump macht Big Tech munter weiter. Je nachdem wie es gerade opportun ist, sperrt man in alle Himmelsrichtungen im Sinne der Mächtigen - und verengt den Meinungskorridor je nach Windrichtung.
Wenige Tage nach der Rückkehr des Kreml-Kritikers Alexey Navalny nach Moskau und seiner dortigen Verhaftung und Verurteilung im Schnellverfahren wurden auf Facebook und Instagram Seiten von Unterstützern Nawalnys und des Exil-Oppositionellen Michail Chodorkowski gesperrt – mutmaßlich, nachdem massenhaft Kreml-Bots die Seiten wegen Verstößen gegen die Richtlinien gemeldet hatten. Der Algorithmus sorgt dabei oftmals für automatische Sperrung. Auch kleinere Accounts wie der des „Free Russia Forum“, einer Organisation, die sich innerhalb und außerhalb Russlands gegen die Repressionen des Putin-Regimes engagiert, wurden gesperrt.
Versuche der russischen Regierung, Kritik am Kreml aus dem Internet zu verbannen, hat es bereits vor etwa einem Jahr gegeben, als Präsident Vladimir Putin einen Gesetzesentwurf unterschrieben hat, der das Internet in Russland „nationalisiert“, also von Außen weitestgehend abschirmt, und damit neue Regulierungs- und Zensurmöglichkeiten schafft.
Die jüngsten Sperrungen gehen allerdings nicht auf direkte Zensur des russischen Staates zurück, sondern auf die Sperrpraktiken der großen Internetkonzerne, die in den letzten Wochen bereits wegen der Sperrung des Twitter-Accounts von Donald Trump in der Kritik standen. So sprach sich etwa auch Alexey Navalny gegen die Sperrung Trumps auf dessen Hauptkommunikationskanal Twitter aus und bezeichnete diese als „inakzeptablen Akt von Zensur“. Auch sehe er eine Gefahr darin, dass Feinde der Redefreiheit diesen Akt als Präzedenzfall werden nutzen können – er sollte Recht behalten. Dass es so schnell geht, hätte er sich aber wohl auch nicht erträumt.
Die neusten Sperrungen der Accounts russischer Oppositioneller offenbaren neuerdings das, was in den letzten Wochen und Monaten ohnehin zu beobachten war – die großen Social Media-Plattformen sind von einem Raum für freie Meinungsäußerung und von einem großen Treffpunkt demokratischer Debattenkultur zu einem Ort willkürlicher Zensur verkommen, in dem selbst US-Präsidenten gesperrt und die russische Opposition über Nacht ruhig gestellt werden kann. Oftmals getragen durch staatliche Regulierungsrahmen wie dem NetzDG in Deutschland werden die Sperrmechanismen immer intransparenter und scheinen oftmals – wie im Falle Donald Trump – rein politisch motiviert zu sein. Schlimmer: Die Unternehmen biedern sich an – im Westen der immer intoleranteren Linken, im Osten den etablierten Herrschaftskasten. Angesichts der enormen Relevanz dieser Sozialen Netzwerke ist das extrem besorgniserregend.
Von Max Zimmermann.
Anzeige
Wenn Ihnen unser Artikel gefallen hat: Unterstützen Sie diese Form des Journalismus. Unterstützen