Das Geschäftsmodell »Abmahnung« des umstrittenen Vereins »Deutschen Umwelthilfe e.V.« kann weitergehen. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat dem Verein Recht gegeben: Die Deutsche Umwelthilfe bewege sich mit ihren vielen Verbraucherschutz-Klagen gegen Unternehmen im gesetzlichen Rahmen. Für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten gebe es keine Anhaltspunkte (Az. I ZR 149/18).
Ein Stuttgarter Autohändler hatte gegen den Verein DUH geklagt, weil sein Unternehmen im Internet einen Neuwagen beworben und dabei nicht korrekt Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß informiert habe. Damit habe er gegen die Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (PkwEnVKV) verstoßen, so der Verein DUH. Geschäftsführer Dietrich Kloz, der mehrerer Autohäuser im Raum Stuttgart betreibt, warf der Umwelthilfe vor, es bei diesen Klagen unzulässigerweise vorrangig auf finanziellen Gewinn abgesehen zu haben: »Hier wird professionell als Geschäftsmodell gearbeitet.«
Der Verein sei jedoch dazu berechtigt, meinte der BGH jetzt, weil er auf einer Liste »qualifizierter Einrichtungen« des Bundesfinanzministeriums stehe, die nach dem Unterlassungsklagegesetz und Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb berechtigt seien, stellvertretend für Verbraucher gegen Unternehmen vorzugehen.
Haben Gerichte ernsthafte Zweifel, ob eine Organisation zu Recht als »qualifizierte Einrichtung« geführt wird, können sie das Bundesamt für Justiz zur Überprüfung auffordern. Doch zeichnete sich in der Verhandlung im April vor dem BGH bereits ab, dass die Richter das nicht wollen. TE berichtete.
Auch die Gelder, die der Verein mit seinen Abmahnungen kassiert, seien rechtmäßig. Der Vorsitzende BGH-Richter Thomas Koch: »Wir haben diese Umstände geprüft«. Es deute nichts auf Rechtsmissbrauch hin. Der Verbraucherschutz als Verbandszweck würde hier nicht lediglich bloß vorgeschoben.
Die Überschüsse aus den Klagen würden »in der Natur der Sache« liegen, meinte Koch. Diese Überschüsse lagen 2017 laut Jahresbericht des Vereins bei rund 2,2 Millionen Euro. Ohne Abmahnungen und Vertragsstrafen könnten Verbraucherinteressen nicht wirksam durchgesetzt werden. Auch die sehr guten Gehälter der Geschäftsführer machten »jeweils nur einen Bruchteil der jährlichen Gesamtaufwendungen« der Umwelthilfe aus. Das Sponsoring des Vereins durch Toyota habe nicht zu einer »unsachlichen Ungleichbehandlung« des Autobauers geführt.
Die Truppen der DUH können also weiterhin in Autohäuser spazieren, kostenträchtig abmahnen und klagen, wenn zum Beispiel die CO2 Werte eines Autos im Verkaufsraum etwas zu klein auf Plakaten gedruckt sind. Die DUH-Profis scannen Autoverkaufsanzeigen im Internet daraufhin durch, ob auch der CO2 Ausstoß angegeben wird. »Ökologische Marktüberwachung« nennt das der Verein. Als nächstes Geschäftsmodell könnte er Stellenanzeigen aufnehmen. Abmahnfähig sind die jetzt auch, wenn nicht m/w/d daneben steht.
Kritik kam von der Kraftfahrzeuginnung Region Stuttgart und dem Kraftfahrzeuggewerbe Baden-Württemberg. Geschäftsführer der Kfz-Innung Christian Reher: »Wir werden jede Möglichkeit weiterer rechtlicher Schritte nutzen.« Nachgedacht wird über eine Klage vor dem Gerichtshof der EU (EuGH) oder eine Verfassungsbeschwerde. Der BGH hätte eine Überprüfung der Umwelthilfe durch das Bundesamt für Justiz veranlassen können. Das können Gerichte tun, wenn sie ernsthafte Zweifel haben, ob eine Organisation zu Recht als »qualifizierte Einrichtung« gelistet ist.
Anton Hofreiter (Grüne) sieht im BGH-Urteil einen »kräftigen Rückenwind für die gesamte Zivilgesellschaft, denn es bestärkt sämtliche unabhängige Nichtregierungsorganisationen in ihrem Engagement«.
Dem »Abmahnwahnsinn« einen Riegel vorschieben will der Mittelstandspolitiker Christian von Stetten von der CDU: »Wir müssen gesetzlich regeln, dass die Abmahngebühren künftig der Staatskasse zufließen und nicht mehr dem abmahnenden Verein.« Die FDP-Umweltpolitikerin Judith Skudelny sprach von einer »Niederlage für alle Gewerbetreibenden«.
In der Kritik steht der Abmahnwahnsinn, der sich auch auf anderen Feldern austobt, schon seit langem. Doch bisher hat niemand ernsthaft versucht, ihn zu stoppen. Zu gut funktioniert diese Gelddruckmaschine letztlich auf Kosten von Steuerzahlern und Verbrauchern. So »kämpft« der Verein DUH e.V. um den »Verbraucherschutz«. Wie sehr die von gigantischen Wertverlusten ihrer Dieselfahrzeuge geplagten Verbraucher solche selbsternannten »Verbraucherschützer« auch schätzen, dürfte sehr die Frage sein.