Tichys Einblick
Nach Greiz nun auch Eichsfeld u Ortenaukreis

Bezahlkarte statt Bargeld: Komplette Familien vom Balkan reisen sofort zurück

Nach dem thüringischen Greiz haben weitere Landkreise die Bezahlkarte für Asylbewerber eingeführt oder haben das bald vor. Lokal scheint problemlos möglich, wofür Bund und Länder noch Monate brauchen werden. Erfolge gab es angeblich sofort: Einige dreiste Asylbetrüger reisten ab. Aber senkt die Maßnahme langfristig wirklich den Migrationsdruck?

Symbolbild Kartenzahlung

IMAGO

Es brauchte acht Jahre, bis in Deutschland eine neue Idee einziehen darf, die den Migrationsdruck auf dieses Land vielleicht allmählich senken könnte. Die Bezahlkarte, zuerst im thüringischen Landkreis Greiz eingeführt, hat sich als wirksames Abschreckungsinstrument erwiesen – zumindest für einige sehr dreiste Asylbetrüger. Die ersten 15 von ihnen hatten sich schon im Dezember aus Greiz verabschiedet und wurden nicht mehr gesehen. Sozialleistungen bekämen sie aber nur in Deutschland dank einem Vermerk nur in Greiz.

Landkreis Greiz in Thüringen
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Sogar die Greizer Flüchtlingshilfe sieht das Projekt positiv: Durch die Bezahlkarte werde „die Spreu vom Weizen“ getrennt: „Wer wirklich auf der Flucht ist, dem ist die Auszahlungsweise egal.“ Die elektronischen Karten werden als Möglichkeit gesehen, von Geld- auf Sachleistungen umzustellen. In der Tat steht das Sachleistungsprinzip spätestens seit 1993 im entsprechenden Gesetz. Eingekauft werden kann mit den Karten – im Greizer Fall – nur in Orten des Landkreises. Angeblich stehen aber jedem Asylbewerber, nach Alter gestaffelt, noch immer 100 bis 180 Euro Taschengeld zu – neben den Sachleistungen von 180 bis 200 Euro im Monat, die nun auf die Bezahlkarte geladen werden.

Im Landkreis Eichsfeld (ebenfalls in Thüringen gelegen) ging es ähnlich zu. Nach der Abschaffung der Bar-Auszahlungen für abgelehnte, aber geduldete einstige Asylbewerber haben einige serbische und nordmazedonische Familien „das zur Kenntnis genommen und für sich reflektiert, damit möchte ich nicht länger in Deutschland bleiben“, so der Sachgebietsleiter Asyl des Kreises Thomas Dreiling im mdr. In der Folge hätten sie sich entschieden: „Ich möchte Bargeld bekommen, jetzt kriege ich’s nicht mehr. Dann breche ich hier alle Zelte ab und gehe freiwillig nach Hause.“ Insgesamt sind 35 Personen mit Duldung ausgereist, 43 akzeptierten die Bezahlkarte.

Auch Hannover und Leipzig sind dabei

17 geduldete Personen hätten sich seitdem einen Minijob gesucht, um so zu Bargeld zu kommen. Das wiederum sehen Politiker als vorteilhaft an, da es langfristig zur Integration beitragen könne. Ab 1. Februar soll die Bezahlkarte auch im Eichsfeld für alle Asylbewerber gelten. Nur für anerkannte Asylbewerber wird die Regelung nicht gelten – sie bekommen Bürgergeld, so Landrat Werner Henning (CDU) zur NZZ. Außerdem muss auch abgelehnten Asylbewerbern mit Duldung, sobald sie länger als 18 Monate im Land sind, Geld ausgezahlt werden.

In dieser Woche hat der baden-württembergische Ortenaukreis mit der Ausgabe von Bezahlkarten angefangen. Hier können die Nutzer zwar keine Banküberweisungen vornehmen, sich aber Bargeld auszahlen lassen. Zurück in Thüringen will der Saale-Orla-Kreis am 1. Februar auf das neue System umstellen. Das Modellprojekt habe sich im Nachbarlandkreis Greiz als praxistauglich erwiesen. Noch Anfang Dezember hatte die CDU einen Antrag der AfD in diesem Sinne abgelehnt. Die Hamburger AfD betrachtet die Einführung von Bezahlkarten zwar als Verwaltungserleichterung, aber nicht als wirksam gegen den steigenden Migrationsdruck, weil Geldabhebungen damit weiter möglich seien.

Und dieses Bargeld kann dann vermutlich auch wiederum ins Ausland geschickt werden. Ist das vielleicht ein West-Ost-Gefälle? Ist der Osten hier in der Lage, strengere Regeln einzuführen, die man in westdeutschen Kreisen und Städten nicht will? Auch im grün-roten Hannover begründet man die Einführung der neuen SocialCard mit bisherigen Belastung der Verwaltung. Daneben stimmten im Kreis Leipzig auch CDU und AfD für eine Bezahlkarte.

Bund und Länder noch in der „politischen Abstimmung“

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All das nimmt wunder, denn als es um die bundesweite Ermöglichung von Bezahlkarten ging, hatte es geheißen, dass das kein einfaches Projekt sei. Die Verwendung müsse mit Einzelhändlern abgesprochen und organisiert werden. Doch die neuen lokalen System funktionieren offenbar reibungslos. Nur beim Erwerb eines Deutschlandtickets soll es laut „Pro Asyl“ Probleme gegeben haben. Dabei sollen Reisen in andere Regionen ja ausdrücklich nicht durch die neuen Bezahlkarten ermöglicht werden.

Auf der Ebene der höheren Politik geht es dagegen noch um die Abstimmung von Bund und Ländern. Die Länder dürfen sich bis März entscheiden, ob sie an dem Programm teilnehmen wollen oder nicht. Bisher haben sich Bayern, Berlin und Brandenburg dafür entschieden, NRW ist angeblich noch „in der politischen Abstimmung“.

Während der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), die Migrationspolitik Angela Merkels neuerdings wieder als fleckenlos empfindet, meint sein Parteigenosse Christoph de Vries, dass man die neuen Möglichkeiten der Bezahlkarte für Asylbewerber nutzen und „den Bargeldbezug deutlich“, ja „auf das rechtliche Minimum“ einschränken sollte. Wie gesagt: Nach acht Jahren bröckelt eine Mauer aus ruchlosem Optimismus, die (in großen Teilen noch immer) meint, dass Deutschland nicht nur genug Platz, sondern auch mehr als genug Geld für die in jedem Jahr neu hinzugekommenen Menschen hat.

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