Zeit und Kosten für die Videokonferenz zwischen Berlin, Paris, Kairo und Amman in dieser Woche hätten sich die Beteiligten hohen Damen und Herren sparen können. Alles verändert sich, jeder redet von Reformen für alles, aber wenn es um Nahost geht dreht sich in Berlin – hier unterstützt von Paris – die alte Leier – nunmehr seit seit einem halben Jahrhundert. Und niemand kommt in der Regierungszentrale auf die Idee, längst überholte Floskeln auf den Prüfstauf zu stellen. Sie ahnen es: das Ergebnis wäre ein vernichtendes Urteil der bisherige Nahost-Politik.
Berlin redet gerne und oft von Reformen. Die Merkel-Regierung hat die Energie gewendet, schließt Kernkraft- und Kohlewerke, nimmt fast grenzenlos Schulden schon vor Corona auf, vertreibt den Pkw-Verkehr aus Ballungsgebieten und legt damit an Hand an die Industrienation Deutschland, verteidigt den Euro gegen manche Widerstände, öffnet die Landesgrenzen fast für alle und jeden, kümmert sich weltweit um Gletscher und das Abschmelzen der Pole, sorgt sich um das Weltklima und die Tierarten zwischen Galapagos und Australiens Great Barrier Reef. Aber im Nahen Osten soll alles alles beim alten bleiben. Berlin will offenbar nicht zur Kenntnis nehmen, dass Israel stärkste Wirtschafts- und Militärmacht im Nahen Osten ist. Aus 600.000 gestrandeten Juden sind neun Millionen Israelis erwachsen, die derzeit begründet stolz auf eine 10jährige Mitgliedschaft im Klub der erfolgreichen, demokratischen und rechtsstaatlichen OECD-Länder sein können. Gegen Israel geht im Nahen Osten nichts, mit Israel fast alles.
Deutsche heißen so, weil sie in Deutschland leben, Franzosen weil sie in Frankreichen leben. Juden haben ihren Namen, weil ihre Heimat Judäa (und Samaria) seit 3.000 Jahren ist. Heute leben dort – sprachlich kurzerhand umgedeutet in Westbank – neben zwei Millionen Arabern 500.000 Israeli in der zweiten Generation, die eine Wiedervereinigung mit ihrem Mutterland Israel anstreben. Das Streben danach ist ihr gutes Recht. Berlins Videokonferenzpartner tragen die historische Verantwortung für die Missstände. Jordanien hat 1948 gemeinsam mit Israels arabischen Nachbarn den UN-Teilungsplan abgelehnt und einen Krieg vom Zaun gebrochen. Von 1949 bis 1967 waren Judäa und Samaria von Amman tatsächlich b e s e t z t, Juden wurden in die Flucht geschlagen, heilige Stätten der Juden zerstört oder entweiht. Niemand wagte es damals ungestraft, von der Gründung eines palästinensischen Staates zu sprechen. Gaza war in jener Zeit ein Teil Ägyptens und hätte längst eingemeindet werden können. Stattdessen wurde der Streifen am Mittelmeer und seine muslimische Bevölkerung als Stachel im Fleisch Israels missbraucht. Bis heute.
Donald Trump hat den „Deal of the Century“ im Januar 2020 vor dem Hintergrund der Geschichte und der jüngsten Entwicklung gewagt. Kein ausgefeiltes Konzept, aber immerhin ein Plan, der Bewegung in die erstarrte Nahostlage bringen könnte. Die USA sind die Schutzmacht Israels. Es geht vordergründig um Dollars, Waffenlieferungen und technologische Kooperation. Das Gesamtkonzept steht aber auf dem gemeinsamen Wertesystem, das auch die Nato-Länder miteinander verbindet bzw. verbinden sollte. Werte, die von der jüdischen Bibel (Thora) Eingang gefunden haben ins Abendland.
Die größten Katastrophen der Menschheitsgeschichte, nicht zuletzt die beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert, haben ihre Lauf genommen, wenn Politik vom Glauben abgefallen ist. Es war der Glaube, der Konrad Adenauer, Franz Josef Strauß mit Ben Gurion und Shimon Peres zu einem Neuanfang der deutsch-jüdisch-israelischen-Beziehungen in den 50er Jahren verbunden hat und zu einem Erfolgskonzept gewachsen ist.
Im Nahost-Konflikt geht es nicht um Quadratkilometer. Platz ist für alle ausreichend vorhanden. Es geht im Kern um Glauben. Donald Trump hat in seiner Rede zum Nationalfeiertag der USA am 4. Juli in Rushmore die jüdisch-christlichen Gemeinsamkeiten beschworen, die die USA zur Weltmacht haben aufsteigen lassen. Es würde nicht schaden, wenn die Rede Trumps zur Urlaubslektüre der politisch Verantwortlichen in Berlin, Paris und Brüssel im Sommer 2020 gehören würde. Dazu gehört Mut.
Corona ist zur Geißel der Menschheit geworden. Das Virus hat aber auch etwas Gutes: Es nivelliert Reiche und Arme, Bildungsferne und die Intelligentia, Menschen aller Glaubensrichtungen und aller Hautfarben. Eine Zeit, in der bereits bestehende Brücken zwischen Juden, Christen und Muslimen gemeinsam beschritten werden könnten. Notwendige Voraussetzung: mehr Mut zu Reformen.