Der Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Martin Hikel (SPD), hat nach antisemitischen Krawallen die bisherige politische Bildungsarbeit kritisiert. „Unsere Demokratieförderung und Antidiskriminierungsarbeit müssen darauf überprüft werden, wie sich dort Israel-bezogener Antisemitismus widerspiegelt“, sagte Hikel der Welt.
„Ich stelle unter postkolonialen Intellektuellen sehr Problematisches fest: Israel wird als Kolonialmacht diffamiert, Juden als Unterdrücker. Kritisiert man das, wird antipalästinensischer Rassismus behauptet. Das ist irrational.“ Weiter sagte Hikel: „Wir pumpen unglaublich viel Geld in das Empowerment von Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind“, erklärte Hikel.
„Ungleichwertigkeitsgedanken“ innerhalb von Minderheiten würden dagegen ausgeblendet, etwa bei der Stellung von Mann und Frau. Kritik daran würde mit dem Vorwurf des Rassismus abgewehrt, so der SPD-Politiker.
Hikel bezeichnete die Lage in Neukölln als angespannt. „Viele Menschen hier fühlen mit den Palästinensern, sind hoch emotionalisiert. Das kann jederzeit explodieren, wie wir in den letzten Tagen sehen“, sagte der Berliner Bezirksbürgermeister. Die Propaganda von Hamas und Hisbollah werde in Berliner Wohnzimmer übertragen.
Das Bundeskriminalamt hat seit dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober über 2.000 Straftaten im Zusammenhang mit dem Terroranschlag verzeichnet. Die aktuellen Entwicklungen in Israel seien demnach dazu geeignet, eine „hohe Gefährdungsrelevanz auf die Sicherheitslage in Deutschland zu entfalten“, sagte die Behörde gegenüber dem Tagesspiegel. Sollte sich der Konflikt beispielsweise durch die Ausweitung der israelischen Bodenoffensive weiter verschärfen, sei mit „einem weiter erhöhten Emotionalisierungs- und Mobilisierungsgeschehen in Deutschland zu rechnen“.
Schwerpunktmäßig habe man dabei Körperverletzungsdelikte, Landfriedensbrüche, Volksverhetzungen sowie Sachbeschädigungen verzeichnet. Auch sogenannte „Widerstandsstraftaten im Zusammenhang mit pro-palästinensischen Veranstaltungen in Berlin“ hätten eine größere Rolle gespielt. Die Zahl der entsprechenden Gewaltstraftaten bewege sich dabei „im unteren dreistelligen Bereich“, hieß es weiter.
Laut Bundesinnenministerium ist ebenfalls „eine temporäre abstrakte Verschärfung der Bedrohungslage für israelische und jüdische Einrichtungen weltweit und auch in Deutschland anzunehmen“, wie eine Ministeriumssprecherin dem Tagesspiegel weiter sagte, „gleichwohl liegen uns keinerlei konkreten Hinweise und Erkenntnisse für Deutschland vor“.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hat entsprechend angekündigt, Antisemitismus stärker in die Schullehrpläne zu integrieren. Budnesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erneuerte ihre Absicht, die Bewegung Samidoun zu verbieten.