Tichys Einblick
Prognose des Schätzerkreises

Karl Lauterbach braucht ein Wunder: Die Beiträge der Krankenkassen steigen drastisch

Um 0,8 Prozentpunkte steigt zum Jahreswechsel der durchschnittliche Beitrag zur Krankenversicherung. Das hat der Schätzerkreis vorausgesagt. Doch selbst das könnte noch eine geschönte Prognose sein.

MAGO / Political-Moments

Eigentlich soll der Schätzerkreis für Verlässlichkeit sorgen. Im Herbst gibt er bekannt, um wie viel Prozent die Beiträge zur Krankenkasse zum Jahreswechsel voraussichtlich steigen werden. Das ist gerade für Betriebe mit mehreren Angestellten wichtig. So können sie die Information in ihre Finanzplanung einbeziehen. Schließlich sind die Sozialbeiträge für die Angestellten ein wichtiger Kostenfaktor für Arbeit in Deutschland.

Doch ein Stück weit ist der Schätzerkreis aus der Zeit gefallen. Denn die Erhöhungswelle 2025 hat schon 2024 begonnen. Bereits mehrere Kassen haben ihren Beitrag um etwa 0,5 Prozentpunkte angehoben. Das zeigt, wie hoch der Kostendruck auf sie ist – und bestätigt die Prognose der DAK-Gesundheit, die bereits früh im Jahr vor entsprechenden Erhöhungen gewarnt hat. Der Schätzerkreis hat seine Schätzung erst an diesem Mittwoch vorgestellt, eigentlich wäre der Stichtag schon der 15. Oktober gewesen.

Die Probleme sind letztlich bekannt: Der Staat hat zu viele seiner Aufgaben auf die Kassen abgewälzt – und somit auf die Betriebe und ihre Beschäftigte. Dazu gehört eine Idee des Gesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD): die Gesundheitskioske. Sie bringen den Arzt zu denen, für die angeblich der Arztbesuch aus kulturellen Gründen oder wegen fehlender Sprachkenntnisse nicht möglich ist. Der größte Posten aber sind die Kosten der Behandlung von Menschen in staatlichem Transferbezug. Also vor allem Empfänger von Bürgergeld. Die Ampel zahlt den Kassen rund zehn Milliarden Euro weniger, als deren Behandlung tatsächlich kostet. Damit finanzieren Betriebe und Beschäftigte mit ihrer Arbeit einen wesentlichen Teil des Bürgergelds.

Der Schätzerkreis besteht vor allem aus Vertretern des Gesundheitsministeriums und der Krankenkassen. Von 0,8 Prozentpunkten zu erwartender Erhöhung spricht nun dieser Schätzerkreis. Während um seine Vertreter herum die Kassen bereits um 0,5 Prozentpunkte erhöhen – weil der Kostendruck auch einen Zeitdruck verursacht. Es spricht viel dafür, dass also noch diese Schätzung zu positiv ist.

Zumal der Verantwortliche dahinter Karl Lauterbach ist und der ohnehin bekannt ist für – reichlich optimistische – Prognosen. Und das ist reichlich zurückhaltend formuliert. Denn wenn der Mann aus Leverkusen etwa eine Krankenhausreform vorstellt, ist das seiner Meinung nach gleich eine „Revolution“ – obwohl nichts durchdacht oder abgesprochen ist, und am Ende wenig von der „Revolution“ übrigbleibt.

Er werde den Anstieg der Beiträge künftig stoppen, verspricht Lauterbach. Allerdings stellt er keine einzige Idee vor, wie das geschehen soll. Als Moses zum Roten Meer zog, hatte er eine klarere Vorstellung von dem, was passieren wird. Und auch Lauterbach kann nur ein Wunder helfen. Das soll die Krankenhausreform sein. Nur: Bevor die einen Cent einspart, kostet die erstmal rund 5 Milliarden Euro im Jahr. Wer das bezahlen soll? Die Frage ist nicht schwer zu beantworten. Es ist wie immer, wenn SPD, Grüne und FDP handeln: Die Kosten zahlen Betriebe und Beschäftigte mit ihrer Arbeit.

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