Tichys Einblick
Stuttgart und die ermatteten Grünen

Beim Diesel treten die Messlügen offen zutage

Verbote für das Stadtgebiet, für Bad Cannstatt, Feuerbach und Zuffenhausen stehen in der aktuellen Fassung des Luftreinhalteplans. Ab dem 1. Oktober sollen die Fahrverbote kontrolliert und auch mit Geldbußen bestraft werden. Auch neue, nur ein paar Jahre alte Euro-5 Dieselfahrzeuge dürfen dann nicht mehr fahren.

imago Images/Arnulf Hettrich

In Stuttgart werden neue Verbotsschilder für Dieselfahrzeuge montiert. »Diesel (außer Lieferverkehr) erst ab Euro 6/VI frei« steht darauf. Damit geht in der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart der Krieg gegen das Auto in seine nächste Runde. Seit dem 1. Juli gilt auch für neue Diesel mit der Abgasnorm Euro 5 ein flächendeckendes Fahrverbot. Bisher fehlen noch die Schilder, die werden jetzt an 160 Standorten aufgestellt.

Diese Verbote für das Stadtgebiet, für Bad Cannstatt, Feuerbach und Zuffenhausen stehen in der aktuellen Fassung des Luftreinhalteplans. Ab dem 1. Oktober sollen die Fahrverbote kontrolliert und auch mit Geldbußen bestraft werden, betont die Stadt. Auch neue, nur ein paar Jahre alte Euro-5 Dieselfahrzeuge dürfen dann nicht mehr fahren.

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Der dubiose Abmahnverein »Deutsche Umwelthilfe e.V.« hat erneut geklagt und will ein flächendeckendes Fahrverbot für Euro 5 Diesel. Stuttgarter Verwaltungsrichter hatten wiederum der DUH Recht gegeben. Die hatte als Grund angeführt, dass das Land eine günstige Entwicklung der Luftsituation in Stuttgart prognostiziert habe, nach der keine weiteren Fahrverbote notwendig seien. Dabei habe sie sich auf Modellrechnungen bezogen. Ein anderes Gutachten ergebe jedoch prognostiziere höhere Werte. Ein Streit mit windigen Simulationsrechnungen ohne realen Bezug zu Daten.

Der erweist sich als Witz, weil bereits die bisher geltenden weitreichenden flächendeckenden Fahrverbote bis in die dörflichen Vororte auf Modellrechnungen basieren, nicht auf realen Messungen.

Aus dem Rathaus hört man kaum etwas dazu. Am 8. November findet die nächste Wahl des Oberbürgermeisters statt. Der heillos überforderte Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne), der seit 2013 amtiert, wirft nach nur einer Amtszeit das Handtuch und tritt nicht mehr an. Gewalttätige Antifa-Randalen mit versuchtem Totschlag, immer heftigere Ausschreitungen migrantischer Trupps und zunehmender Aufruhr wegen wahnwitziger werdenden Fahrverboten in der einstigen Hochburg bürgerlicher Solidität, dürften auch bei dem dunkelgrünsten Überzeugungstäter an den Nerven zerren. Zusätzlich wird im Gemeinderat diskutiert, ob der Migrationshintergrund der Randalierer, die Teile der Innenstadt demolierten, eine Rolle bei der Aufklärung der Ursachen spielen dürfe.

In der Landesregierung, die die Fahrverbote anordnet, warfen mit einem Paukenschlag Umweltminister Franz Untersteller und Finanzministerin Edith Sitzmann (beide Grüne) das Handtuch und geben zum Ende der Legislaturperiode auf. In der Villa Reitzenstein in Stuttgarter Halbhöhenlage, dem Amtssitz des Ministerpräsidenten, benötigt der mittlerweile 72-jährige Winfried Kretschmann mittags immer ausgedehntere Ruhepausen, so wird berichtet.

Immer deutlicher treten die Messlügen offen zutage. Bereits der Corona-»Lockdown« hatte Merkwürdiges offenbart: Kaum Verkehr, dennoch ähnliche NO2-Werte wie sonst. Die zuständige Umweltbehörde LUBW kann dies nicht erklären. Die sauber gewordenen Dieselfahrzeuge können es kaum gewesen sein. Ein Verbot wird also nichts bringen.

Dagegen rücken immer mehr die Manipulationen bei den Messstellen in den Vordergrund. Es gibt viele Ungereimtheiten. Die Messstationen in Deutschland stehen häufig zu nahe an Straßen und hohen Gebäuden. Das behindert die Luftzirkulation.

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In anderen EU-Ländern war man darauf bedacht, sie soweit wie möglich von den Straßen entfernt aufzustellen, sodass geringere Messwerte herauskommen. Die Messgeräte, die in Stuttgart verwendet werden, dürfen zudem nicht zur Messung an verkehrsnahen Standorten verwendet werden. Denn der Prüfbericht, auf dem das Zertifikat für diese Messgeräte beruht, ist mangelhaft.

»Ein Eignungsnachweis für verkehrsnahe Messungen fehlt.« Das sagt klipp und klar Martin Schraag, Messingenieur mit jahrzehntelanger Berufserfahrung mit Elektrogeräten im Gesundheitsbereich, ein Bereich, der mit am stärksten reguliert und kontrolliert ist. Er hat Erfahrung mit internationalen Normengremien und hat sich genauer mit der Messtechnik befasst, die in den Luftmesscontainern am Straßenrand steht.

Sein Ergebnis: »Gemessen wird mit der sogenannten Chemilumineszenz-Messtechnik, die Messgeräte müssen nach der Europanorm EN 14211 zertifiziert und betrieben werden, und so eine Messunsicherheit von weniger als 15 Prozent bezogen auf die jeweiligen EU-Grenzwerte von 40 μg/m³ und 200 μg/m³ einhalten.«
»Zertifiziert wurden die in Deutschland eingesetzten Messgeräte vom TÜV Rheinland TÜV Rheinland Energy GmbH) im Auftrag des Umweltbundesamts, betrieben werden die Geräte von den Laboren der Landesbehörden.«

»Die EN 14211 umfasst bei der Bestimmung der Messunsicherheit eine ganze Reihe von Umwelteinflüssen, deren Auswirkung auf die Messunsicherheit in Labortests anhand zweier Prüfgeräte nach dieser Norm geprüft wird. Da Labortests nur bedingt die Realität abbilden können, werden die zwei Prüfgeräte zusätzlich einem Feldtest unterzogen, wo sie nebeneinander an einem verkehrsnahen Standort betrieben werden sollen. Nach drei Monaten dürfen die gemittelten NO2-Messwerte der beiden Geräte nicht mehr als 5 Prozent voneinander abweichen.«

»Die EN 14211:2012, nach der die seit 2012 eingesetzten NO2-Messgeräte geprüft sein müssen, gibt Kriterien für den Standort der Feldtests vor: – Verkehrsbezogene Messstation (<= 10 m vom Fahrbahnrand) – Mittlere NO2-Konzentration > 30 % des 1-Stundengrenzwerts, sofern die Eignungsprüfung nicht auf niedrigere Bereiche abzielt (Anm.: > 30 % des 1-Stundengrenzwerts sind > 60 μg/m³ NO2).«

»Folgerichtig muss der für die Zertifizierung erstellte Prüfbericht alle Information über den Standort für die Feldtests dokumentieren.« Doch diese Angaben fehlen. Im Prüfbericht des Horiba APNA 370, dem Gerät, das in Baden-Württemberg zur NO2-Messung eingesetzt wird, fehlt eine aussagekräftige Dokumentation des Standorts der Feldtests. Vermerkt ist lediglich die Information, dass der Feldtest auf einem großen Parkplatzgelände in Köln erfolgt sei.

Schraag: »Das ist keine ausreichende Ortsangabe. Es fehlt auch eine Angabe, für welche NO2-Konzentration geprüft werden sollte. Erst aus den Messdaten lässt sich erkennen, dass die durchschnittliche NO2-Konzentration auf dem Parkplatzgelände eher bei 30 μg/m³ lag. Die Prüfbedingungen haben also mit den realen Verhältnissen von Messstationen in Baden-Württemberg, deren Messergebnisse Grundlage zu vielen Fahrverbotsprozessen waren, absolut nichts zu tun.«

Das ist jedoch nicht der einzige Fehler.

Das Ergebnis von Martin Schraag: »Offensichtlich erfüllen die Zertifikate für NO2-Messgeräte des TÜV Rheinland nicht – wie in den Zertifikaten behauptet – die Anforderungen der Europanorm 14211.«

Er fragte beim Labor der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg nach. Dort verwies man lediglich auf das bemängelte Zertifikat des TÜV-Rheinland und sah keinen Handlungsbedarf.

Martin Schraag fasst zusammen: »Es ist offensichtlich, dass die in Baden-Württemberg verkehrsnah eingesetzten NO2-Messgeräte nicht für Standorte, wie einem Stuttgarter Neckartor oder einer Reutlinger Neckarstraße EN 14211-konform zertifiziert und aufgestellt wurden. Der Gerätetyp wurde unter weit günstigeren Bedingungen als die des tatsächlichen Einsatzes feldgetestet. Trotz der günstigen Prüfbedingungen war die im Feldtest erreichte Standardabweichung ca. 4 Prozent von 5 Prozent. Es ist denkbar, dass die Prüfgeräte unter realen, verkehrsnahen Bedingungen den Grenzwert für den Feldtest nicht eingehalten hätten. Ein Blick in den Prüfbericht des TÜV Rheinland und in die EN 14211 hätte das LUBW-Labor alarmieren müssen.«

Den staatlichen Stellen, dem Labor wie auch dem Umweltbundesamt sind diese Fehler bekannt. Dennoch dienen die Daten dieser falschen Messungen als Grundlage für weitreichende Fahrverbote. Im Klartext: Sie messen Mist, die Daten dieser Geräte an den jeweiligen Messorten in den Strassen sind ungültig.

Dennoch liefern diese Messergebnisse die Grundlage für eine beispiellose Vernichtung an Werten. Autos, die teilweise erst drei, vier Jahre alt sind, sollen nicht mehr in die Stuttgarter Innenstadt fahren dürfen. So fragen sich die von erheblichen Wertverlusten betroffenen Dieselfahrer, ob sie ein Recht auf Schadensersatz haben.

Zur Erinnerung: Am Stuttgarter Neckartor in der Innenstadt, wurde 2019 ein NO2-Jahresmittelwert von 53 µg/m3 angegeben. Für das erste Quartal dieses Jahres veröffentlich die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg einen Wert von 40 µg/m3. Vom 1. bis 10 Juli zeigten die Werte am Neckartor sogar unter 30 µg/m3 an, also unterhalb des Grenzwertes von 40µg/m3. Trotzdem werden in Stuttgart Verbotsschilder montiert. Das Verbot in Stuttgart basiert auf alten, deutlich höheren Messwerten und einer Datensimulation aus dem Jahre 2017!

Zum Vergleich: in den USA gelten 103 µg/m3, am Arbeitsplatz gelten 900 µg/m3. Der natürliche NO2-Gehalt in der Luft schwankt um 10 bis 20 µg/m3. Die Messungenauigkeit wird für die Chemiluminiszenz-Verfahren mit 15 Prozent angegeben. Das bedeutet: In diesen mininalen Bereichen ist eine eindeutige Messung kaum mehr möglich, selbst wenn Messgeräte zertifiziert und damit geeignet wären. Mehr als fahrlässig also, angesichts solcher minimaler Daten mit Tausenden von vorzeitigen Toten Panik zu betreiben.

Zumal diese Daten manipulativ und mit nicht zertifizierten Messsystemen zustande gekommen sind. Mehr Schwindel geht kaum.


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