Tichys Einblick
Klaus Josef Lutz

BayWa-Chef: Die Ampel setzt die Existenz des Landes aufs Spiel

Einem Konzernchef ist öffentlich der Kragen geplatzt. Der Chef des Agrarkonzerns BayWa, Klaus Josef Lutz, wirft der Bundesregierung vor, mit ihren "Abschaltorgien" das Land zu ruinieren.

Klaus Josef Lutz, Vorstandsvorsitzender BayWa AG

IMAGO / Sven Simon

Ein spektakulärer Aufschrei eines Unternehmenslenkers erschallt aus Bayern. Klaus Josef Lutz, Chef des Agrar- und Energiekonzerns BayWa und Präsident des Bayrischen Industrie- und Handelskammertages, stellt der Bundesregierung ein katastrophales Zeugnis aus. „Was die Bundesregierung leistet, ist einfach ungenügend. Die Ampel ruiniert unser Land“, zitiert ihn die Bild-Zeitung. Im Zentrum seiner Kritik steht wenig überraschend die Energiepolitik und damit Wirtschaftsminister Robert Habeck. Lutz geiselt dessen „Abschaltorgien“ und kritisiert: „Die Bundesregierung sagt nicht die Wahrheit im Hinblick auf die Versorgung. Erneuerbare Energien, Fracking, Kernkraft – wir müssen jetzt alle Register ziehen und alles nutzen, was es gibt und vor allem ausbauen, so schnell es geht.“

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Die Kritik kommt fast gleichzeitig mit zwei wichtigen Nachrichten. Erstens war auf der Weltklimakonferenz COP nichts von einem absehbaren Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern zu vernehmen, wie ihn die EU und das besonders eifrige Deutschland planen. Zweitens melden Katar und China einen großen langfristigen Liefervertrag für LNG. Wir erinnern uns: Habeck hatte sich in Katar zwar tief verbeugt, aber keinen LNG-Deal abschließen können (obwohl in vielen Presseberichten der Anschein erweckt wurde). Ganz offenkundig scheiterte Habeck an sich selbst, weil er im Gegensatz zu den Chinesen keine langfristige Verpflichtung eingehen wollte. Er und seine Mitregierenden träumen eben lieber davon, dass sich jeglicher Energiemangel bald buchstäblich in Luft auflöst, wenn nur genug Windräder in Deutschland aufgestellt werden. 

Der Katar-China-Deal und auch das Verhalten der meisten Teilnehmerstaaten auf der UN-Klimakonferenz – besonders, aber nicht nur der nichtwestlichen – sollten eigentlich allmählich auch in der Bundesregierung zu einer entscheidenden Fragestellung führen: Was, wenn Deutschlands nicht der energiepolitische Vorreiter ist, sondern ihm auf dem eingeschlagenen Holzweg keiner folgt? Was, wenn der Rest der Welt bis auf Weiteres an den fossilen Energieträgern festhält? 

Die Antwort ist klar: Dann wird Deutschland als Standort für jegliche energieintensive Wirtschaftstätigkeit extrem unattraktiv gegenüber anderen Standorten, die Deutschlands Weg nicht gefolgt sind. Und dann dürfte tatsächlich eine ruinöse wirtschaftliche Entwicklung folgen: „Wenn die Energiepreise so hoch bleiben, droht uns die De-Industrialisierung“, sagt Lutz.

Schon jetzt zeichnet sich zum Beispiel ab, dass Deutschland gegenüber Ländern, die bereits über LNG-Terminals verfügen, im Nachteil ist. Dieser zeigt sich auch dadurch an, dass die Kosten für die nun zu bauenden Hafenanlagen für Flüssiggas (LNG) mehr als doppelt so hoch liegen, wie ursprünglich veranschlagt. Wie die FAZ berichtet geht aus Unterlagen zu einer Sitzung des Haushaltsausschusses hervor: Statt 2,94 Milliarden Euro wie im Frühjahr geplant sind allein für dieses Jahr jetzt 6,56 Milliarden Euro für den Bund einkalkuliert.

Das sollte eigentlich niemanden wirklich wundern. Wenn bekannt ist, dass ein Auftraggeber keine Alternative hat, erhöhen die Lieferanten eben gerne mal die Preise. Sie können sich denken, dass die Bundesregierung schon zahlen wird. Wenn dann noch ein Regierungspolitiker wie das Grüne Haushaltsausschussmitglied Sven-Christian Kindler im Spiegel mahnt, Deutschland dürfe „keine fossilen Überkapazitäten für die Zukunft“ schaffen, wird jedem Terminal-Bauer und jedem potentiellen LNG-Lieferanten klar, mit welchem Auftraggeber man es zu tun hat. Jedenfalls einem, dem man nicht gerade einen Rabatt gewähren muss.

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Ein Grundproblem der Klima-Energie-Wirtschaftspolitik der grün dominierten Bundesregierung dürfte ihr idealistisches, wirklichkeitsfremdes Verständnis von Wirtschaft sein. Wirtschaftsakteure folgen nicht moralischen Appellen der Regierenden, wenn diese ihren ökonomischen Interessen zuwiderlaufen. Das gilt erst recht für ausländische Akteure (Unternehmen und Regierenden gleichermaßen). „Die Hoffnung, mit dem Anspruch eines guten Beispiels voranzugehen, sodass andere folgen, hat abermals getrogen“, sagte der Ökonom Stefan Kooths vom Kiel Institut für Weltwirtschaft nach der Weltklimakonferenz. 

Staaten nehmen sich andere Staaten nach bisheriger historischer Erfahrung nur  zum Vorbild, wenn sich deren Handeln als vorteilhaft herausstellt. Der Nutzen der deutschen „Abschaltorgien“ wird allerdings angesichts der geringen deutschen Anteils an den globalen Klimagasemissionen nicht spürbar, ja kaum überhaupt nachweisbar sein.

Die Bundesregierung jedoch baut auf dieser Hoffnung, dass andere Länder auch ohne internationale Verpflichtungen ihre Standortbedingunen ebenso radikal verschlechtern wie Deutschland, ihre gesamte Wirtschaftspolitik auf. Und der Einsatz in diesem Vabanque-Spiel ist der denkbar höchste. BayWa-Chef Lutz: „Wir reden über die Existenz unseres Landes, die Ampel setzt sie auf’s Spiel.“ 

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