Tichys Einblick
Bauernproteste finden Unterstützer

Gestern Abend fuhren die ersten Traktoren los

Heute beginnen in ganz Deutschland Bauernproteste mit Demonstrationen und Blockaden gegen die Politik von SPD, Grüne und FDP. Straßen, Plätze und auch Autobahnausfahrten sowie Straßenkreuzungen sollen blockiert werden.

IMAGO

In Nordrhein-Westfalen wollen Bauern heute den Verkehr landesweit lahmlegen. In München soll nach einer Sternfahrt am Odeonsplatz im Stadtinneren eine Kundgebung mit bis zu 8.000 Teilnehmern stattfinden, ebenso sind Veranstaltungen in Augsburg am Mittwoch und Freitag in Nürnberg angemeldet.

In Rheinland-Pfalz hat der Bauern- und Winzerverband in sämtlichen Landkreisen Demonstrationen organisiert, dort dürfen Eltern am ersten Schultag nach den Weihnachtsferien ihre Kinder zu Hause lassen, müssen aber die Schule informieren.

Der Landkreis Friesland hat für heute den Schulunterricht abgesagt, weil die Landwirte den Straßenverkehr behindern wollen.

Bereits gestern Abend fuhren die ersten Traktoren los. Konvois trafen schon in der Nacht in Berlin ein, die Straße des 17. Juni ist gesperrt. Bei Minusgraden wärmen Holzöfen. Eine Mahnwache wurde gegen Mitternacht am Brandenburger Tor gestartet.

In Lingen im Emsland standen Traktoren vor dem Lager des Discounters Aldi. Die Blockade soll laut Polizei bis heute Vormittag dauern. Die Bauern haben eine Gulaschkanone mit aufgefahren. Sie kritisieren die Marktmacht der vier großen Supermärkte. Die Margen beim Fleisch beispielsweise hätten sich für die Lebensmittel-Ketten stark erhöht, die für Bauern aber nicht.

Auch aus den Nachbarländern sind Bauern auf dem Weg nach Deutschland: aus Österreich, Ungarn, Frankreich, Niederlande, Belgien, Luxemburg, Polen und der Schweiz. Aus Polen kamen Trucker mit ihren Fahrzeugen, um an den Demonstrationen teilzunehmen.

Geplant sind bundesweit zahlreiche Aktionen wie Treckersternfahrten und Kundgebungen. Es sind nicht nur Landwirte, die das Land lahmlegen wollen, auch andere Branchen wie Spediteure und Busunternehmen wollen sich beteiligen.

So lässt heute die große Spedition Wittwer aus Eschenlohe bei Garmisch-Partenkirchen ihre gesamte Flotte von Lastwagen stehen. Dies berichtet der Merkur. Damit werden auch Lieferketten unterbrochen. Die Transportkosten für Waren steigen aufgrund der in Deutschland besonders stark angehobenen Lkw-Maut und der Steuer auf Luft stark an. Die Spedition rechnet mit einem Anstieg der Kosten von 35 Prozent pro Fahrt, die an den Großhandel weitergegeben werden müssen.
Wittwer kann diese neuen Gesetzgebungen der Bundesregierung nicht mehr verstehen: „… ich glaube, die haben überhaupt nicht darüber nachgedacht, welche Auswirkungen das alles auf die Endverbraucher hat.“

Ab 1. Juli dieses Jahres soll die Maut weiter auch auf kleinere Transporter über dreieinhalb Tonnen ausgedehnt werden. Deutschlandweit dürfte das weitere 300.000 Fahrzeuge betreffen, deren Transportkosten deutlich teurer werden. In Deutschland sind alle Autobahnen und fast alle Landstraßen für Lastwagen gebührenpflichtig. Letztlich zahlt der Verbraucher. In Österreich übrigens wurde die Maut nur um etwa sieben Prozent erhöht – in Deutschland dagegen um 83 Prozent.

Das Verkehrsministerium in Brandenburg befürchtet Lieferprobleme aufgrund der geplanten Bauernproteste und warnte am Sonntag vor Lieferengpässen. Das sonst übliche Fahrverbot für Lastwagen am Sonntag wurde aufgehoben, wie das Ministerium mitteilte.

Auch der deutsche Jagdverband hat am Freitag seine 250.000 Mitglieder dazu aufgerufen, sich den Protesten der Land- und Forstwirte anzuschließen Grund: verfehlte Agrarpolitik.

Der bayerische Ministerpräsident Söder ist fix auf den Zug gesprungen und fordert Neuwahlen. Die CSU wolle sofort die „Ideologieprojekte“ der Ampel abschaffen, verspricht er.

„Wir erleben hier Notwehr gegen eine verfehlte Politik der Ampel“, sagte Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern, selbst Landwirt, gegenüber der Welt: „Auch Tanken, Heizen und der Transport von Waren wird durch die höhere CO2-Abgabe teurer, Essen im Gasthaus durch die 19 Prozent. Die bürgerliche Mitte, Freiberufler, Selbstständige, Handwerker, Landwirte, Gastwirte, Unternehmer, Spediteure, Hausbesitzer – diese Gruppen sind Stabilitätsanker unserer Wirtschaft, werden durch die Ampelpolitik aber finanziell getroffen. Es ist höchste Zeit, dass sich diese Leistungsträger zu Wort melden und der Ampel sagen: Ihr müsst umsteuern. Also nein, ich sorge mich nicht wegen der Proteste, sondern wegen der verfehlten Politik.“

Für den kommenden Freitag ist eine zweite Großdemonstration der Landwirte in Berlin geplant.

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