Tichys Einblick
»Landwirtschaft braucht Zukunft«

Bauern blockieren Lebensmittellager

Lidl, schimpfen die Bauern, mache aufgrund der Coronakrise ein deutliches Plus in Milliardenhöhe. Auf Kosten der Landwirte. Außer folgenlosen Worten liefert Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner bisher nichts.

Bauernprotest - hier in der Lausitz im Oktober

imago images / lausitznews.de

Seit Sonntagabend blockierten wieder Hunderte von Bauern die Zufahrten zu zentralen Lagern der Lebensmittelketten. Einige hundert waren mit ihren Traktoren vor das Lidl-Zentrallager am Brookweg in Cloppenburg gefahren und versperrten die Einfahrt, so dass keine Lastwagen mehr durchkamen. Blockiert wurden auch die Lager in Schwanewede und in Rade. Rund 50 Traktoren verstellten in einer spontanen Aktion das Lidl-Zentrallager in Brundorf.

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Immer mehr Landwirte schlossen sich in den vergangenen beiden Tagen den Protesten an und blockieren mit ihren Traktoren weitere Zentrallager. Ebenfalls waren Landwirte aus Mecklenburg-Vorpommern mit ihren Traktoren vor die Zufahrt zum dortigen Lidl-Zentrum in Rostock gefahren. In Rostock wurde die Demonstration am Dienstagmorgen wieder beendet, in Emstek protestierten die Landwirte weiter.

»Landwirtschaft braucht Zukunft« – steht auf Plakaten an Traktoren. Die sehen sie immer weniger. Angriffsziel der Bauern: die Preisdrückerei der Supermarktketten.
Sie protestieren auch gegen die Praxis, dass sie auf eigene Kosten nicht verkaufte Waren zurücknehmen und entsorgen müssen. Die werde durch eine Neuregelung verboten, betonte Landwirtschaftsministerin Klöckner.

»Wir sind hier spontan zum Lager gefahren«, erklärten die Bauern, weil sie sich gegen Preisdumping wehren müssen und dagegen, dass ihre Produkte verramscht würden. Für sie sei keine Wertschöpfung mehr möglich, von einer Wertschätzung zu schweigen.

Besonders empört waren die Bauern über einen Brandbrief des Lebensmittelhandels an die Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner, in dem diese klagen, dass sie von Bauern gemobbt würden. Darüber konnten die Landwirte nur höhnisch lachen. Lidl habe, so schimpfen sie, aufgrund der Coronakrise ein deutliches Plus in Milliardenhöhe. Dies gehe zu Lasten der Landwirte. Bei den Erzeugern komme nichts mehr an, sie stünden mit dem Rücken zur Wand und hätten von ihrem Einkommen kein Auskommen mehr.

In einem Telefongespräch mit den protestierenden Bauern und in einem anschließenden Brief sicherte Klaus Gehrig, Chef der Schwarz-Gruppe, zu der die Lidl-Märkte gehören, zu, sich für eine Verbesserung der Situation der Landwirte stark zu machen. Er hatte den Brandbrief mit unterschrieben.

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»Vielen Dank für das soeben geführte offene Gespräch, was aus meiner Sicht auf Augenhöhe geführt wurde«, so hieß es in dem Brief Gehrigs am Dienstag an die Landwirte. »Ich möchte Ihnen hiermit versichern, dass ich diese Woche Gespräche mit Politik, auf Verbandsebene und meinen Kollegen bei den anderen Handelsunternehmen führen werde, um mich für eine Verbesserung der Situation der Landwirte stark zu machen.« Er gehe davon aus, dass die Bauern nach Erhalt einer schriftlichen Bestätigung die Blockaden auflösen werden.

Die Bauern erklärten, sie hätten reine Gesprächsangebote satt, die bisher immer letztlich folgenlos geblieben sind. Sie wollen den Druck hochhalten, keine Versprechungen, sondern Ergebnisse sehen. Nach dem Brief Gehrigs beendeten sie ihre Blockadeaktionen.

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner bekundete in einer Videobotschaft an die Landwirte, sie könne deren Zorn verstehen: »Liebe Bauern, ich verstehe euch!« Aber, so betonte sie auch, Demonstrationen müssten angemeldet werden und am Ende müsse man miteinander reden. Sie habe mit Vertretern der Bauern geredet und klar gesagt: »Wir sind dran!«

Sie hat jedoch nichts zu den anderen Bedrohungen gesagt, der sich die Bauern gegenübersehen wie etwa der neuen Düngeverordnung. Gegen die haben Landwirte jetzt Klagen und eine Verfassungsbeschwerde angestrengt. Mehr dazu demnächst hier bei TE.

Im kommenden Jahr werden Heizöl und Diesel erheblich teurer. Ebenso werden die Preise für Dünger anziehen. Die Bauern können nicht mehr genügend Erlöse generieren, um die Kosten zu decken. Vor allem viele kleine und mittlere Betriebe schließen.

Sie weisen darauf hin, wenn die Höfe zugrundegingen, dann gebe es auch keine Versorgungssicherheit mehr für die Verbraucher.

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