Baerbocks Ehemann wird vom Hausmann zum Lobbyisten
Ferdinand Knauss
Der Ehemann von Außenministerin Annalena Baerbock wurde noch kürzlich als zurückgetretener Manager präsentiert, der sich um die Kinder kümmert. Nun kümmert sich Daniel Holefleisch für die Agentur MSL um die Interessen von Unternehmen gegenüber der Bundesregierung, der seine Frau angehört.
In dem öffentlichen Bild der einstigen grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock spielte ihr Ehemann Daniel Holefleisch keine ganz unbedeutende Rolle. Über ihr Ehe- und Familienleben im Lockdown sagte die damalige Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock im Dezember 2020 gegenüber der Bild-Zeitung: „Die Doppelbelastung aus Arbeit und Homeschooling schlägt wieder voll zu – das schultert vor allem mein Mann.“ Dazu schien die im Dezember bekannt gewordene Meldung zu passen, dass Holefleisch im Juli 2021 seinen Job als „Senior Expert Corporate Affairs“ (also Lobbyist) bei der DHL-Gruppe aufgegeben hatte. „Er steckt seine beruflichen Ambitionen für ihre Karriere zurück“, schrieb die Bunte im Dezember 2021 unter der Überschrift „Das Geheimnis ihrer Ehe“: „Der Topmanager hat seine Frau seit Anbeginn ihrer Karriere beraten und unterstützt – auch wenn er dafür jobmäßig zurückstecken muss. Sein Leben wird sich jetzt noch stärker auf seine Frau und die beiden gemeinsamen Töchter (6 und 10) ausrichten müssen.“ Dafür wurde er von Baerbock beziehungsweise der Bunten gelobte: „Holefleisch zeigt sich auf Facebook gerne als fürsorglicher Vater, Annalena Baerbock lobt seine Qualitäten als Hausmann.“
Sehr lange hat das „jobmäßig zurückstecken“ (laut Bunte hatte er bei der DHL-Group mehr als 10.000 Euro im Monat verdient) aber offenbar nicht gehalten. Wie jetzt bekannt wurde, wird Holefleisch Partner der Lobby-Agentur MSL – Schwerpunkt: Public Affairs.
„Eine Ansprache der Leitungsebene des Auswärtigen Amtes oder der Außenministerin Annalena Baerbock im Rahmen seiner Tätigkeit bei MSL ist vertraglich ausgeschlossen“, schreibt MSL laut politik&kommunikation.de. Die Agentur scheint also der Öffentlichkeit weismachen zu wollen, dass man eine Art Chinese Wall, eine kommunikative Trennwand zwischen dem MSL-Partner Holefleisch und dem Baerbock-Ehemann Holefleisch einrichten werde. Der MSL-Partner darf also seine Lebenspartnerin nicht in MSL-Angelegenheiten ansprechen. Eine ganz besondere Herausforderung.
Wird jeder Kunde von MSL (dazu gehören laut Lobbyregister des Bundestags Großkonzerne wie Facebook, Nestlé, Philip Morris, Coca-Cola, Sanofi Aventis, aber auch das Corona-Test-Unternehmen CoviMedical) nicht gerade deswegen von Holefleisch einen besonders kurzen Draht zu grünen Politikentscheidern erwarten, weil jeder weiß, dass er der Ehemann von Annalena Baerbock ist? Kann MSL ernsthaft von seinen Kunden erwarten, dass sie akzeptieren, wenn MSL-Partner Holefleisch jede Ansprache seiner Frau oder von deren Mitarbeitern in ihrer Angelegenheit ablehnt?
Holefleisch war vor seiner Tätigkeit für den früheren Staatsbetrieb und Logistikkonzern DHL hauptberuflich von 2004 bis 2017 für seine und die Partei seiner Ehefrau, also die Grünen tätig und lernte sie laut Bunte dabei auch kennen, zunächst als Referent für Sponsoring und Unternehmensspenden und dann als Vorstandsreferent Wirtschaftsdialog. „Mein Job in der Parteizentrale ist es“, erklärte er 2011 in einem launigen Interview mit der Welt, „Kontakte und Gespräche zwischen Unternehmern, Wirtschaftsvertretern und dem grünen Bundesvorstand zu organisieren und zu begleiten.“
So jemanden kann eine Lobby-Agentur auch gut gebrauchen, wenn er nicht zufällig mit einer Bundesministerin und früheren Parteichefin verheiratet ist. Und wenn doch, umso besser. Zumindest wenn öffentliche Empörung darüber ausbleibt. Aber da nicht einmal die zahlreichen Ungereimtheiten über Baerbocks Werdegang und ihr zusammenplagiiertes Buch nicht dafür sorgten, dürfte auch ein Job mit notwendiger Regierungsnähe ihres Mannes kein ernsthaftes Problem bedeuten.
Für MSL ist die Personalie Holefleisch vermutlich ein wichtiger Schachzug zur Neuorientierung des Geschäfts auf die neue Bundesregierung. Bislang war MSL eng verbunden mit der CDU und der früheren Bundesregierung. MSL-Geschäftsführer Axel Wallrabenstein wird von turi2 als „die bärtige ‚graue Eminenz der CDU‘“ vorgestellt: „Der gut verdrahtete Strippenzieher und Chef der PR-Agentur MSL Germany ist seit seiner Zeit als Geschäftsführer der Jungen Union tief in der CDU verwurzelt.“
Besonders nahe stand Wallrabenstein zwei seinerzeitigen CDU-Aufsteigern der Merkel-Ära – deren Nutzwert für Lobbyisten allerdings sehr stark abgenommen hat. Einerseits war das der frühere CDU-Generalsekretär Peter Tauber, dessen Rückzug aus der Politik Wallrabenstein twitter-öffentlich betrauerte.
Der zweite und wohl wichtigste Kontakt Wallrabensteins in die späte Merkel-Regierung war deren Gesundheitsminister Jens Spahn. Spahn war schon 2015 Gast in dem politischen Salon, den MSL regelmäßig veranstaltet. Wallrabenstein, der zum Vorstand der Berlin-Biennale gehört, führte Spahn und dessen Lebensgefährten Daniel Funke 2020 durch die Ausstellung. MSL lobte Spahn in ihren politischen Briefings im August 2020 für „his forceful management of the crisis, the clarity of his public appearances and the sheer amount of work he put into battling COVID-19“ („sein kraftvolles Management der Krise, die Klarheit seiner öffentlichen Auftritte und die schiere Menge an Arbeit, die er in die Bekämpfung von Covid-19 investiert“).
Für eine halbe Million Euro durfte MSL dann im Auftrag des Robert-Koch-Instituts (RKI) die „kommunikative Begleitung“ für die Corona-Warn-App übernehmen. Das RKI beteuerte, dass die Beauftragung „ohne Weisung oder Aufforderung durch das BMG und/oder Bundesgesundheitsminister Spahn“ erfolgte. Sie erfolgte allerdings auch ohne Ausschreibung.
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