Tichys Einblick
Unstimmigkeiten um Baerbocks Dissertation

Neues Baerbock-Rätsel: Ein anderer promovierte mit ihrem Doktor-Thema

Die Kanzlerkandidatin der Grünen hat ihre Doktorarbeit nie abgeschlossen – das hat womöglich ein anderer getan, wie neue Recherchen jetzt zeigen. Das passt nicht so recht zu Baerbocks bisherigen Behauptungen über ihr eigenes Doktorandenstudium.

imago images / Revierfoto

Zu all den Unstimmigkeiten im Lebenslauf von Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock kommt noch eine neue: Wie das österreichische Online-Magazin exxpress.at berichtet, hat Baerbock jahrelang an der Freien Universität Berlin an einer Doktorarbeit geschrieben, die jemand anderer abgeschlossen und eingereicht hat, was Baerbock allerdings nicht daran hinderte, die Arbeit daran fortzusetzen. Das ist zumindest eigenartig.

Unklar ist, von wann bis wann Baerbock worüber ihre Dissertation geschrieben hat und ob überhaupt an der rechtswissenschaftlichen Fakultät. In einem “Tagesspiegel”-Artikel vom Oktober 2013 heißt es über Baerbock: “Nebenbei will sie endlich die fast fertige (sic!!) Promotion beenden, trotz der nun noch knapperen Zeit. Das Thema ist für eine Grüne perfekt: ‘Naturkatastrophen und humanitäre Hilfe’. Das sei im Völkerrecht nämlich nicht geregelt, erzählt Annalena Baerbock.”

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An der “fast fertigen Promotion” arbeitete Baerbock 2014 anscheinend noch immer. Das steht zumindest in einem anderen Bericht auf der Website des Deutschen Bundestags – im Widerspruch zum dortigen Baerbock-Lebenslauf, wonach die Grünen-Politikerin ihr Studium bereits 2013 abgebrochen hat: Baerbock “begann eine Promotion über Naturkatastrophen und humanitäre Hilfe an der Freien Universität in Berlin”, heißt es dort.
Die 2012 vollendete Doktorarbeit mit demselben Titel

Aber die eigentliche Kuriosität ist: Eine Dissertation mit demselben Titel “Naturkatastrophen und humanitäre Hilfe” wurde an der Freien Universität in Berlin damals tatsächlich abgeschlossen, allerdings nicht von Baerbock. Wie Online-Recherchen von exxpress.at ergaben, ist im Jahr 2012 just an jener Uni, an der Baerbock immatrikuliert war, eine Dissertation mit genau diesem Titel erschienen, allerdings auf Englisch. Sie heißt: “Humanitarian Aid and Natural Disasters: A Study of Selected European Countries” und stammt von Matteo Garavoglia, einem Experten für Rhetorik und Interkulturelle Kompetenz. Er promovierte mit dieser Arbeit allerdings nicht in Völkerrecht, sondern in Politikwissenschaften.

Eine Arbeit mit identischem, wenn auch englischem Titel an derselben Universität ist höchst ungewöhnlich. Wie exxpress.at schreibt, wurden Anfragen an Baerbock und an Garavoglia von diesen bis jetzt noch nicht beantwortet.

Verschiedene Erklärungsmöglichkeiten

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Mögliche Erklärungen könnten sein: Die Arbeit war zunächst ein Gemeinschaftsprojekt von Baerbock und Garavoglia, aus dem Baerbock dann absprang. Dissertationen im Team sind selten aber möglich. Allerdings fragt man sich: Warum hat Baerbock dann mehr als ein Jahr nach Beendigung der Arbeit gegenüber der Presse noch behauptet, ihre Promotion sei “fast fertig”? Außerdem hätte Baerbock dann nicht in Völkerrecht promoviert, sondern in Politikwissenschaften.

„Wusste Baerbock am Ende von dieser wissenschaftlichen Arbeit und wollte sie diese unter dem Gesichtspunkt des Völkerrechts weiterentwickeln? Aber woran hat sie ab 2009 gearbeitet, als sie schon  ihren eigenen Angaben zufolge immatrikuliert war und warum verwendet sie genau denselben Titel?“, heißt es bei express.at. Möglich wäre auch, dass Baerbock schon früher mit ihrer Doktorarbeit nicht weitergekommen ist, weshalb sie von Garavoglia übernommen wurde. 

“Doktorandin des Völkerrechts, Freie Universität Berlin, Promotion nicht beendet” steht aktuell auf ihrer Homepage. Laut dem Plagiatsjäger Stefen Weber ist Baerbock aber seit 2015 ohne Abschluss exmatrikuliert. Doch die Kanzlerkandidatin hat noch andere Versionen in Umlauf gesetzt. In ihrem Curriculum von 2018 stand etwa “Promotion derzeit ruhend” – was auch immer das heißen mag – und auf der Website des Deutschen Bundestags steht: “2009 bis 2013 Doktorandin im Völkerrecht, Freie Universität Berlin (nicht beendet)”.

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