Mehrere der Hamas nahestehende Vertreter erhielten in den vergangenen Monaten problemlos Einreisevisa, um nach Deutschland zu kommen und hier an antiisraelischen Propagandaveranstaltungen teilzunehmen. TE fragte beim Auswärtigen Amt nach, warum diese Praxis so großzügig gehandhabt wird – erstens angesichts der Tatsache, dass es sich bei der Hamas um eine terroristische Organisation handelt, und zweitens, da die entsprechenden Veranstaltungen in Deutschland, zu denen sie reisen, die antisemitische Stimmung in Deutschland verstärken.
Das Ministerium von Heiko Maas antwortete zusammengefasst so: Die Hamas sei in der Tat eine Terrororganisation, die Mitarbeiter des diplomatischen Dienstes würden die Visaanträge auch sorgfältig prüfen – aber in den konkreten, von TE aufgeführten Fällen hätten eben keine Bedenken bestanden.
Die Fragen von TE bezogen sich auf zwei Veranstaltungen: Zum einen die Berliner Konferenz unter dem Titel „Die Palästinenser in Europa und UNRWA“ am 7. Dezember 2019, organisiert von dem Palestinian Return Center (PRC) und der Palästinensischen Gemeinschaft in Deutschland e. V. (PGD).
Beide Organisationen werden von verschiedenen Verfassungsschutzämtern dem Umfeld der Hamas zugeordnet. Auf der Konferenz redete unter anderem Ahmed Abu Artema, Organisator der „Rückkehr-Märsche“, bei denen Palästinenser aus dem Hamas-regierten Gazastreifen mehrfach versuchten, gewaltsam die Grenze zu Israel zu durchbrechen.
TE wollte wissen, siehe oben, auf welcher Basis die Visa für diese Personen erteilt wurden. Da im Fall der antisemitischen Rapper das Auswärtige Amt schon früher mitgeteilt hatte, es hätten „keine Versagungsgründe“ für die Visaerteilung vorgelegen, wollte TE auch wissen, was denn überhaupt Versagungsgründe wären.
Außerdem fragte TE auch Maas direkt:
„Wie passt die großzügige Erteilung von Visa für die genannten Personen zu der Versicherung, Deutschland stehe an der Seite Israels, und zu Ihrer Anmerkung, Sie seien ‚wegen Auschwitz’ in die Politik gegangen?“
Die letzte Frage antwortete das AA nicht, die anderen nur allgemein.
„Das Auswärtige Amt verurteilt grundsätzlich alle Verherrlichung und Legitimierung von Terror, das Aufstacheln zu terroristischen Handlungen oder das Verbreiten von antisemitischen Inhalten“, heißt es in der Antwort des Ministeriums.
Was das für die Visaanträge antisemitischer Agitatoren heißt, dazu teilte das Amt folgendes mit:
„Über Visumanträge entscheiden die deutschen Auslandsvertretungen in jedem Einzelfall nach sorgfältiger Prüfung aller Umstände. Grundlage dafür sind die geltenden aufenthaltsrechtlichen Vorschriften und vor allem die Erteilungsvoraussetzungen des Schengener Visakodex.“
Mit anderen Worten – bei den genannten Personen sahen die Beamten offenkundig keine formalen Hinderungsgründe. In seinem Satz schiebt das AA dem Bundesinnenministerium und dessen nachgeordneten Sicherheitsbehörden einen Teil der Verantwortung zu: von dort habe es auch keine Bedenken gegeben. In der Antwort an TE heißt es:
„Zur Visa-Antragsprüfung gehört auch die Befragung der im jeweiligen Verfahren zu beteiligenden deutschen und europäischen Sicherheitsbehörden. Visa werden nur dann erteilt, wenn von dort keine Bedenken angemeldet werden.“
Zur Einordnung der Hamas heißt es:
„Die Hamas ist eine in der EU gelistete Terrororganisation.“
Konkret führt das allerdings nicht dazu, dass propagandistische Auftritte im Sinne der Hamas in Deutschland verboten sind.
Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte vor der Hamas-nahen Konferenz darauf hingewiesen, seine Behörde verfüge über keine Handhabe gegen die Veranstaltung – die Hamas sei in Deutschland keine verbotene Organisation.