Tichys Einblick
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„Lasst Emotionen zu“: Das Auswärtige Amt erzieht seine Männer

Die Priorität der deutschen Außenpolitik besteht nicht etwa in der Vertretung deutscher Interessen. Nein, es ist die "Gleichstellung von Männern und Frauen". Vor allem die Männer im eigenen Ministerium sind betroffen. Sie sollen sich – ganz undiplomatisch – trauen, "Gefühle zu zeigen".

Screenprint via Auswärtiges Amt

Eine faire Berichterstattung darf nicht nur die Fehlleistungen des Ministeriums und ihres allzeit gutgekleideten Ministers aufzeigen, sondern sie hat auch die Erfolge des Amtes zu benennen. So ist es dem Außenminister zu verdanken, dass die Deutschen geradezu zum Spartarif einen Ablass als führende Kolonialmacht um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert für eine Milliarde Euro erwerben konnte. 

Und nicht nur dies. Allmählich wird auch klar, dass man dem Auswärtigen Amt das Versagen in Afghanistan nicht vorwerfen kann, schließlich muss man bei schmaler Personaldecke Prioritäten setzen. Vorrang vor der Lage am Hindukusch hat natürlich die unhaltbare Situation in Sachen Patriarchalismus und Gleichstellung im Ministerium selbst und natürlich in Deutschland. Denn bevor nicht auch der letzte Beamte im Ministerium die neuen Prinzipien der „Gleichstellung“ verstanden hat, kann Außenpolitik nicht stattfinden – zumindest, was das Ministerium betrifft, nicht, denn: 

„Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist eine Priorität der deutschen Außenpolitik. Parallel hierzu verfolgt das Auswärtige Amt auch im eigenen Haus das Ziel, Gleichstellung und Geschlechtergerechtigkeit zu fördern.“

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So verkündet das Amt auf einer eigens für seine Gleichstellungsbeauftragte geschaffenen Website. Priorität deutscher Außenpolitik ist also nicht die Wahrung und Durchsetzung deutscher Interessen, sondern die Gleichstellung von Männern und Frauen, das AA wird zum Weltgleichstellungsbüro.  Ein Blick in die Welt zeigt eindrucksvoll, wie erfolgreich das AA in der Verfolgung dieser Priorität im Ausland bisher war. Doch was in der Welt nicht gelingt, soll wenigstens in Deutschland, zumindest im Amt glücken. 

Ziel der vom Steuerzahler alimentierten Gleichstellungsbeauftragten ist, „dass Frauen und Männer im Auswärtigen Amt nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich gleichgestellt sind.“ Hat also nicht die Evakuierung der Deutschen und der Ortskräfte aus Afghanistan Priorität, sondern die nicht nur rechtliche – denn was ist schon das Recht? –, sondern die tatsächliche Gleichstellung? Übrigens bedeutet die Unterordnung des Rechts unter die wie auch immer definierte Tatsächlichkeit, den Sieg der guten Gesinnung. Im Grunde löst das AA an dieser Stelle das Recht auf, denn an welchen Kriterien soll sich die Gleichstellung bemessen, wenn nicht an rechtlichen? An der Lex Gleichstellungbeauftragte? 

Was aber ist nun unter der tatsächlichen Gleichstellung zu verstehen? Zuallererst besteht sie in der Erziehung von Männern. Die sollen zum Beispiel „fortschrittliche Väter“ sein. Mit der nächsten Generation, steht zu hoffen, wird es dann besser. Um step by step in die Richtung zu gehen, haben die Gleichstellungsbüros – es gibt deren also mehrere – im Auswärtigen Amt schon einmal acht Schritte zusammengefasst, die Männer nun auch – möglichst aus vollster innerer Überzeugung – zu gehen haben:

„1. Reflektiert und hinterfragt Rollenbilder. Macht euch eure unbewussten Vorurteile bewusst.“

Sind „unbewusste Vorurteile“ vererbte Vorurteile? Lautet die AA-Lehre, dass der Mann mit Vorurteilen geboren wird?

„2.  Lasst Emotionen zu. Traut euch, Gefühle zu zeigen und zu verbalisieren.“

Hier kann der Minister selbst zweifellos als Vorbild dienen, denn er hat in den letzten Tagen zum Thema Afghanistan viel Gefühl gezeigt und seine Gefühle verbalisiert. Das muss reichen. 

„3. Seid fortschrittliche Väter. Entwickelt eine gesunde Work-Familiy-Balance.“

Deutsche Dekadenz
Die Ersetzung des Prinzips Verantwortung durch das Heiko-Prinzip
Das dürfte angesichts des Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst nicht allzu schwer fallen. Es wäre übrigens wichtig, dass das Auswärtige Amt auf der nächsten UN-Vollversammlung durchsetzt, dass Krisen nur in der Zeit von 9 bis 17 Uhr MEZ von Montags bis Freitags stattfinden dürfen. Es ist nicht hinzunehmen, dass die Taliban am dienstfreien Wochenende in Kabul einmarschieren, sie hätten bis Montag 10 Uhr MEZ warten müssen.

„4. Achtet auf die faire Verteilung von Aufgaben. Übernehmt Verantwortung in der Care-Arbeit.“

Unter Care-Arbeit versteht man „die Tätigkeiten des Sorgens und Sich kümmerns. Darunter fällt Kinderbetreuung oder Altenpflege, aber auch familiäre Unterstützung, häusliche Pflege oder Hilfe unter Freunden.“ Schaut man diese Liste an, versteht man, warum bestimmte Aufgaben nicht mehr zu stemmen sind, vor allem wenn sie an weitentfernten Orten der Welt sich stellen.

„5.Benutzt eine geschlechtergerechte Sprache. Erhöht die Sichtbarkeit von Frauen und nicht-binären Personen.“

Beim Gendern kann sich das AA am öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein Vorbild nehmen, der über „Islamist*innen“ twittert.

„6. Setzt euch im Arbeitskontext für mehr Fairness ein. Helft mit patriarchale Strukturen am Arbeitsplatz zu überwinden.“

Hier wären noch genauere Anweisungen für die AA-Arbeitsplätzen in Riad oder Teheran nötig.

„7. Positioniert euch klar gegen Sexismus. Hinterfragt euer Verhalten und handelt, wenn ihr Sexismus oder sexuelle Belästigung beobachtet.“

Wäre es nicht besser, allen Männern im AA eine wöchentliche Rechenschaftslegung ihres Verhaltens vor den Gleichstellungsbüros des AA zu verordnen, eine Mischung aus Beichte und psychoanalytischer Sitzung. Denn der Sexist sitzt tief in jedem Mann.

„8. Kämpft gemeinsam für Geschlechtergerechtigkeit. Macht auf Ungleichheiten aufmerksam und bekämpft sie.“

Zumindest wurden an diesem Punkt schon beachtliche Erfolge erzielt, denn das allgemeine Duzen, wie es in der Instruktion der Gleichstellungsbüros des AA zum Ausdruck kommt, hat für eine basale Gleichstellung durch das Du gesorgt. 

Es ist gut zu wissen, dass unter Heiko Maas das Außenministerium offensichtlich damit beschäftigt ist, die Gleichstellung durchzusetzen – zwar nicht in der Welt, nicht in Afghanistan, nicht im Iran, dafür aber im Ministerium selbst. Und schließlich kommt es auch nur drauf an. Das Außenministerium ist auf gutem Weg, ein Gleichstellungsinnenministerium zu werden. 

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