Tichys Einblick
Cancel Culture in höchster Blüte

Aus Angst vor linken Protesten: Ausladung an Kabarettistin Lisa Eckhart

Der Cancel-Mob musste noch nicht einmal aktiv werden: In vorauseilendem Gehorsam gegenüber möglichen Protesten laden die Veranstalter eines Festivals die Kabarettistin Lisa Eckhart aus. Eine alte Bekannte aus der "Taz" hatte schon im Mai klargemacht, was von Eckhart zu halten sei.

imago images / Andreas Weihs

Die Cancel Culture steht nun offensichtlich auch in Deutschland in höchster Blüte. Fast zeitgleich mit der Nachricht von der fristlosen Entlassung des Profi-Basketballers Yoshiko Saiboo nach dessen Teilnahme an der Berliner Demonstration und kurz nach der Löschung eines Beitrags des Kabarettisten Dieter Nuhr durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat es nun auch die junge Wiener Kabarettistin Lisa Eckhart erwischt. Ihr Fall ist wie der von Nuhr, in dessen ARD-Sendung nuhr im Ersten sie häufig auftritt, zwar nicht so existenzvernichtend wie die Kündigung des Basketballers, aber er ist von einer eigenen, neuen Qualität: Das Verdikt erfolgt nämlich nicht nach einer Tat oder Aussage, sondern schon im Vorhinein.

Eckhart wurde vom Literaturfestival in Hamburg ausgeladen mit der offiziellen Begründung, es „könnte im linken Viertel Proteste geben“. Der Auftritt Eckharts wurde also im vorauseilenden Gehorsam vor möglicher Kritik des Cancel-Mobs gestrichen. Und dies ganz offen und offiziell. Der Mob hat damit sein Ziel schon erreicht, bevor er überhaupt im konkreten Fall in Aktion tritt. Die Angst, die er bisher verbreitet hat, genügt also schon als Drohung und warnendes Exempel. Was für ein Sieg der Unfreiheit!

Eckhart war vor einigen Wochen Antisemitismus vorgeworfen worden.Kritisiert wurde vor allem eine Passage in ihrem Programm von 2018, als sie im Zusammenhang mit der „Metoo“-Bewegung, in deren Mittelpunkt der Filmproduzent Harvey Weinstein stand, sagte: „Am meisten enttäuscht es von den Juden, da haben wir immer gegen den Vorwurf gewettert, denen ginge es nur ums Geld, und jetzt plötzlich kommt raus, denen geht’s wirklich nicht ums Geld, denen geht’s um die Weiber, und deshalb brauchen sie das Geld.“ Ob der Vorwurf begründet war oder nicht, darüber konnte man streiten – und das geschah auch. Der Antisemitismusbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Felix Klein, bezeichnete Eckharts Sätze von 2018 als „geschmacklos und kritikwürdig“. Konnte man zweifellos so sehen. Henryk Broder dagegen verteidigte sie. Konnte man auch tun.

Vermeintlicher Antisemitismus – laut Dieter Nuhr eine lächerliche Diffamierung – war aber wohl kaum der Grund, dass Eckhart ins Visier des neulinken Cancel-Mobs geraten ist, sondern eher ein willkommener Vorwand. Der entscheidende Grund dürfte einfach sein, dass Eckhart immer wieder die Lieblingsideologismen jenes Mobs mit höchster Sprachkunst durch den Kakao zieht, zum Beispiel dessen feindselige Fixierung auf den „alten, weißen Mann“. Da hört für viele das Recht auf den Spaß und die Satire eben auf.

Eine gewisse Taz-Kolumnistin zum Beispiel, die neulich unverdiente Prominenz erlangte, weil sie Polizisten auf die Müllhalde verfrachtet sehen wollte, machte dem Cancel-Mob übrigens im Mai mit diesen Worten bekannt, dass Eckhart der Feind sei: „Ihr Name klingt wie die irrelevante Alman-Mitschülerin mit überhöhter Selbstwahrnehmung von früher. Geladen mit High-School-Bully-Energy besitzt sie das nötige Pretty-Privilege, um mit den Styles vom Anfang des letzten Jahrzehnts davonzukommen.“ Übersetzt: Sie ist migrationshintergrundslos (streng genommen nicht „Alman“, sondern Österreicherin) und hübsch und damit bös und privilegiert. Und weiter: „Ein wenig Verharmlosung sexualisierter Gewalt hier, ein Brocken Antisemitismus da, zwischendrin etwas Rassismus und das Ganze in dem Singsang des deutschsprachigen Poetry Slams, der mich schon 2013 anekelte.“

Wie war das noch mit „Hass und Hetze“, für die es kein Forum geben dürfe? Ach ja, gilt für die Taz ja nicht.

Was in der Causa Eckhart sonst noch zu sagen ist, hat mittlerweile Dieter Nuhr  auf Facebook gesagt:

„Was für ein Skandal! Der Protestmob auf der Straße entscheidet also darüber, wer hier bei uns seine Kunst ausüben darf.

Der linke und der rechte Mob wünscht sich offenbar nun eine Kunst, die linientreu den eigenen Ideologien folgt. Wer da nicht reinpasst, wird mundtot gemacht. Das Auftrittsverbot ist eine klare Entscheidung gegen die künstlerische Freiheit. Die fadenscheinige Begründung Antisemitismus soll das Ganze moralisch untermauern. Aber Lisa Eckart ist keine Antisemitin. Sie ist nur nicht links genug. Der Vorwurf des Antisemitismus ist lediglich der perfide Versuch, eine politisch verdächtig eigenständig denkende Person zu diskreditieren.
Nun schreckt man heute selbst vor totalitären Maßnahmen wie einem Auftrittsverbot nicht mehr zurück. Dem muss entgegengesteuert werden. Die Absage macht mich fassungslos.“

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