Am Mittwoch hat die Eskalation des Antisemitismus an deutschen Universitäten ein neues Kapitel gewonnen. Bei einer Ringvorlesung zum Thema „Judenfeindlichkeit, Antisemitismus, Antizionismus – aktualisierte Formen antijüdischer Gewalt“ kam es zu einem tätlichen Übergriff.
Im Zuge der Vorlesung hatte es eine verbale Auseinandersetzung zwischen zwei Frauen gegeben, eine davon ein Vorstandsmitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Bei der anderen Frau handelt es sich um eine 26 Jahre alte Somalierin. Im Anschluss soll die mutmaßliche Täterin das Opfer gewürgt und auf die Nase geschlagen haben. Laut einem Bericht der Welt habe die Polizei am Donnerstag den Vorfall bestätigt und die Personalien der Somalierin aufgenommen. Das Opfer musste im Krankenhaus behandelt werden.
In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag hatten Unbekannte einen Brandanschlag auf ein Berliner Bürgeramt verübt. Nach ersten Erkenntnissen handelte es sich um einen Angriff mit einem Molotowcocktail, so die B. Z. Die Täter hatten zuvor die Hauswand mit israelfeindlichen Parolen beschmiert: „Brennt Gaza brennt Berlin“, „Free Gaza“, „Free Hamas“ und „Warnung Berlin wir lassen es brennen“.
Am Donnerstag hat eine Anfrage der Linkspartei im Bundestag neue Daten zu antisemitischen Straftaten in Deutschland ans Licht gebracht. Für die ersten drei Monate des Jahres 2024 listet das Bundeskriminalamt 793 Straftaten, darunter 14 Gewalttaten, auf.
Schwerpunkte bilden die 381 Straf- und vier Gewalttaten im Bereich der „rechten“ Ideologie sowie 242 Straf- und drei Gewalttaten aus einer „ausländischen“ Ideologie. Die Delikte reichen von Beleidigung und das Zeigen verfassungsfeindlicher Symbole, bis hin zu gefährlicher Körperverletzung. Häufig kam es auch zum Straftatbestand der Belohnung und Billigung von Straftaten, worunter etwa die Glorifizierung des Hamas-Terrors vom 7. Oktober 2023 fallen kann. Die Zahlen sind in der Regel massiven Nachmeldungen unterworfen, im vergangenen Jahr wurden 379 Straftaten im ersten Quartal später noch auf 643 Taten hochkorrigiert.
„Es ist frustrierend, immer wieder auf die stets hohen Zahlen antisemitischer Gewalt in Deutschland hinzuweisen, aber es ist notwendig“, sagte Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden. Es sei eine zunehmende Bedrohung „aus allen Richtungen“ festzustellen. Er erwarte entsprechend ein Eingreifen gegen den Judenhass. „Ab einem bestimmten Punkt funktioniert nur noch Abschreckung, und diese muss hart sein“, so der Zentralratspräsident gegenüber der Welt.
Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) forderte Konsequenzen, das Ausmaß der antisemitischen Straftaten habe eine „neue Dimension“ erreicht. „Das Klima in unserer Gesellschaft ist beängstigend“, sagte Pau mit Blick auf die Angriffe auf Politiker in den vergangenen Tagen. Auch die gesellschaftliche Linke müsse sich viel stärker mit ihrem Antisemitismus auseinandersetzen. „Dass an der FU Berlin der Lehrbetrieb eingestellt werden muss oder Israel-Feinde das Audimax in Leipzig besetzen, können wir nicht hinnehmen“, so die Linken-Politikerin gegenüber der Welt.