Tichys Einblick
"Gassen muss weg"

Lockdown-Hardliner wollen Kassenärztechef stürzen – weil er Lauterbach kritisierte

Vom Kassenärzte-Chef Andreas Gassen wurde grundsätzliche Kritik an der Corona-Politik von Lauterbach geäußert. Lauterbach und Gassen liefern sich daraufhin ein tagelanges Wortgefecht. Nun wird in einer Petition aus dem NoCovid-Lager die Absetzung Gassens gefordert.

IMAGO / Jens Schicke

Kritik an Lauterbachs Corona-Kurs wird auch von Ärztefunktionären immer öfter geäußert. Vor knapp zwei Wochen sprach sich der STIKO-Chef Thomas Mertens gegen die „viel hilft viel“-Politik des Gesundheitsministers aus. In den vergangenen Tagen lieferte sich Lauterbach dann mit dem Kassenärzte-Chef Andreas Gassen eine öffentliche Auseinandersetzung.

Gassen fordert die Isolationspflicht für symptomfreie Corona-Infizierte aufzuheben. Dies hält er insbesondere mit Blick auf die Situation in den Krankenhäusern für notwendig. „Man muss jetzt einfach mal umdenken und die symptomfreien, aber positiv Getesteten einfach arbeiten lassen“. Die Krankenhäuser hätten kaum Probleme, die auf Corona zurückzuführen seien. Vielmehr würden überzogene Isolations- und Quarantäneregeln eine Personalnot erzeugen.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Insgesamt habe sich die Situation verändert und sei nicht mehr mit der von 2020 vergleichbar, führt Gassen weiter aus. „Das ist ein Zeichen, dass man mal von dieser pauschalierten Dauerkontroll-Illusion runterkommt und versucht, wieder normale Zustände in Deutschland einkehren zu lassen.“ Dafür müsse auch das ständige „anlasslose Testen von gesunden Menschen“ ein Ende haben müssen. „Wir müssen zurück zur Normalität. Wer krank ist, bleibt zu Hause. Wer sich gesund fühlt, geht zur Arbeit“, so halten wir es mit anderen Infektionskrankheiten wie der Grippe auch.“

Zuspruch erhält Gassen vom Epidemiologen Klaus Stöhr. Dieser fordert endlich dem globalen Trend zu folgen und die strengen Regeln in Deutschland abzuschaffen.
Zudem kritisiert Gassen die massenhaften Impfstoffbestellungen. Es sei zu erwarten, dass Impfstoff im Wert von bis zu 100 Millionen Euro weggeworfen werden müsse. Er selbst machte deutlich, dass er sich nicht ein viertes Mal gegen Corona impfen lassen werde. Er plädiert dafür die Omikron-Variante als „Friedensangebot des Virus“ zu sehen. Vor schweren Verläufen seien Geimpfte gut geschützt. Wer sich nach Dreifachimpfung anstecke, profitiere „sogar von einer Infektion, indem er oder sie eine Schleimhautimmunität erwirbt“.

"Katastrophe" im Herbst?
Gegenwind für Lauterbach
Ganz anders schätzt jedoch Karl Lauterbach die gegenwärtige Situation ein. „Die Position ‚Infektion als die bessere Impfung“ ist medizinisch in jeder Hinsicht falsch und gefährlich‘, meint der Gesundheitsminister. Lauterbach möchte sogar die Durchseuchung verhindern, obwohl das Beispiel China zeigt, dass dies auch mit den totalitärsten Methoden nicht möglich ist. Via Twitter erklärt er: „Eine Durchseuchung würde hunderte Tote pro Tag und eine Überlastung des Gesundheitssystems bringen. Wir sind noch nicht in der Endemie.“

Gassens öffentliche Aussage, er wolle sich keine zweite Booster-Impfung geben veranlasste Lauterbach zu folgenden Aussagen: „Ich halte es für problematisch, wenn der Eindruck erweckt wird, die Impfung für Ältere im Herbst sei nicht notwendig“. Zumindest für die über 60-Jährigen sei unumstritten, dass die Booster-Spritze wichtig sei, „um schwere Krankheitsverläufe oder gar Todesfälle zu verhindern“. Von einem Ärztefunktionär erwarte er, „dass er das klarmacht“. Zudem sei es „nicht hilfreich, wenn ein wichtiger Ärztefunktionär behauptet, er werde sich im Herbst nicht impfen lassen. Das schafft kein Vertrauen“, so Lauterbach.

 

Die Panikmache des Gesundheitsministers fällt jedoch noch immer auf fruchtbaren Boden. Der Hausarzt, „viraler Impfzettelverfasser“ und „Impfluencer“ Dr. Christian Kröner mit immerhin 38.000 Followern bei Twitter startete nun eine Petition zur Absetzung von Gassen: „Ich möchte als Kassenarzt nicht weiter in der öffentlichen Wahrnehmung von Dr. Andreas Gassen vertreten werden, der sich wiederholt mit seinen Aussagen diskreditiert hat. Herr Dr. Gassen, treten Sie zurück!“

Als Grund für diese Forderung wird in der Petition folgendes angeführt: „Durch wiederholte kommunikative Fehltritte, wie z.B. die Forderung nach einem „Freedom Day“ kurz bevor eine deutliche Überlastung der Kliniken durch Corona im Jahr 2021 auftrat, sowie auch aktuell die vehemente Forderung nach der Aufhebung staatlicher Isolationsvorschriften wider medizinischer Vernunft, diskreditieren und blamieren „die Kassenärzte“ in der öffentlichen Wahrnehmung wiederholt sowie auch politisch erheblich“.

Unterstützt wird die Petition durch den Hausarzt Marc Hanefeld mit über 50.000 Twitter-Followern. Dort erklärte er: „Gassen muss weg. Es ist eine Farce. Eine einzige Peinlichkeit, und eine ständige Demütigung, mit ihm in Verbindung gebracht zu werden“. Gassen sei „ein Grund kein Kssenarzt mehr zu sein“, da dieser „unärztliches Verhalten“ unterstütze. Deswegen sei es angebracht Gassen zu schassen, so der Hausarzt. Darüber hinaus ist Marc Hanefeld der Meinung, dass der Kassenärzte-Chef ein „unterkomplexer, neoliberaler Sozialdarwinist“ sei.

Anzeige
Die mobile Version verlassen