Tichys Einblick
Steuerbelastung steigt

Christian Lindners angebliche Entlastung: Mehrheit der Steuerzahler wird höher belastet als 2023

Einen „Freubetrag“ bejubelt Christian Lindners Bundesfinanzministerium. Aber die meisten Steuerzahler haben sich zu früh gefreut: Statt zu sinken, steigt die Belastung.

IMAGO / Chris Emil Janßen

Nicht nur bei neuen Steuern und Abgaben ist Christian Lindners Finanzministerium erfinderisch – auch bei den Methoden der Täuschung. Einen „Freubetrag“ bejubelt das Ministerium. „Seit 1. Januar 2024 gilt der zweite Schritt beim Inflationsausgleichsgesetz. Eine Familie mit 66.072€ Jahresbrutto (Beidverdiener) wird gegenüber 2023 um 456€ entlastet.“

Zu früh gefreut.

Nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) werden die meisten Steuerzahler im neuen Jahr höher belastet als noch 2023. Insbesondere Gering- und Durchschnittsverdiener müssten mehr an den Staat abtreten, heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Analyse. Hintergrund ist demnach, dass seit dem 1. Januar vieles teurer ist: So sind die Sozialbeiträge gestiegen, CO2 kostet mehr und auch die Mehrwertsteuer in der Gastronomie kehrte auf ihr ursprüngliches Niveau von 19 Prozent zurück, ebenso die Mehrwertsteuer für Gas. Außerdem muss aufgrund steigender Netzentgelte mehr für Energie gezahlt werden.

All dem steht eine steuerliche Entlastung bei der Einkommensteuer gegenüber – unterm Strich zahlt ein Single mit einem Jahresbruttoeinkommen von 50.000 Euro laut IW auf das Jahr gerechnet 40 Euro mehr an Steuern und Abgaben. Die Auswertung macht zudem deutlich, dass Gutverdiener besser als andere davonkommen: Eine Familie mit zwei Kindern und einem gemeinsamen Bruttojahreseinkommen von 130.000 Euro hat am Ende des Jahres 262 Euro mehr, eine Familie mit 42.000 Euro Jahreseinkommen 33 Euro weniger. Besonders hart trifft es Alleinerziehende mit einem Kind: Nach den IW-Berechnungen kommt eine alleinerziehende Person mit einem Jahresbruttoeinkommen von weniger als 36.000 Euro auf ein Minus von 144 Euro.

Dabei ist noch nicht einmal berücksichtigt: Auch bei Lindners „Freubetrag“ handelt es sich nicht um eine echte Steuerentlastung. Vielmehr wird nur zurückgegeben, was der Staat inflationsbedingt kassiert. Bekanntlich bläht die Inflation die Einkommen künstlich auf – die verfügbaren Einkommen, also das, was an Kaufkraft nach Abzug der Preissteigerung übrig bleibt, sinken dagegen. Trotzdem steigen die Steuern.

Lindners Steuerfreibetrag – wer’s glaubt, wird selig.

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