Was für ein Timing der Ampelregierung: In Zeiten, in denen sich der Antisemitismus auf den deutschen Straßen weiter ausbreitet, möchte sie ein neues Gesetz auf den Weg bringen – ein Gesetz, durch das Einwanderer schneller einen deutschen Pass bekommen sollen. Geht es nach der Ampelkoalition, sollen „hart arbeitende Migranten“ schon nach fünf Jahren einen deutschen Pass bekommen. Die „Einbürgerungsfrist“ würde somit um drei Jahre verkürzt werden.
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) will Deutschland mit diesem Gesetz „moderner“ und „wettbewerbsfähiger“ machen, sagt sie bei der ersten Beratung zum Entwurf zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts am gestrigen Donnerstag. Es nütze Deutschland und fördere den Wohlstand, meint sie: Faeser möchte von ausländischen Fachkräften profitieren und diese nicht an Länder wie Kanada oder die USA verlieren. Durch das Gesetz würden diese Fachkräfte in Deutschland eine „Perspektive“ haben und somit angelockt werden, meint sie. Gelten soll das Gesetz laut Faeser für „hart arbeitende Migranten“ und für solche, die einen Beitrag zur Integration leisten, beispielsweise in Form von ehrenamtlicher Arbeit. Faesers Rede wird begleitet von Rufen und Lachen aus den Reihen der Unions- und der AfD-Fraktion.
Für die Union kommt Alexander Throm zu Wort. Er meint, es sei wie bei allen Ampelgesetzen: Die Ampelregierung tue zu wenig in Bereichen, in denen sie mehr tun müsste – wie der Sicherheit –, während sie an anderen Stellen ohne Augenmaß „über das Ziel herausschießt“. Immerhin möchte die Ampel mit dem Gesetzesentwurf auch eine Mehrstaatlichkeit ermöglichen. Eine doppelte Staatsbürgerschaft ist für Throm allerdings kein Zeichen von Integration.
Eine „Turbo-Einbürgerung“ möchte die Union demnach so gar nicht unterstützen. Verwunderlich. War es nicht die Union unter Angela Merkel, die eine „Willkommenskultur“ ausrief und die Grenzen für Einwanderer öffnete? Nun meint Throm als CDUler: „Solche Gesetzesentwürfe spalten das Land“ und entwerteten die deutsche Staatsangehörigkeit. Was für ein Wandel.
In einem Teil des Gesetzes sind sich Ampel und Union allerdings einig: Keiner, der sich antisemitisch verhält, solle eingebürgert werden. Faeser betont „zu gegebenem Anlass“, dass nur diejenigen eingebürgert werden sollen, die sich zum Leben in einer freiheitlichen und vielfältigen Gesellschaft und zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. Demnach schließt jede Straftat mit antisemitischer Motivation eine Einbürgerung aus, sagt Faeser. Für Philipp Amthor (CDU) bleibt es angesichts des „grassierenden importierten Antisemitismus“ allerdings bei solchen „Lippenbekenntnissen“.
In einem anderen Teil sind sich Ampel und AfD einig: Deutschland würde durch dieses Gesetz attraktiver. Die AfD bezieht sich dabei allerdings nur auf „illegale Zuwanderer“ und die Ampel nur auf „qualifizierte Arbeitskräfte“. Die Ampel findet es ungerecht, dass so viele, die in Deutschland wohnen, arbeiten und Steuern zahlen, nicht wählen dürfen. In ihren Reden bringen sie allerlei Einzelschicksale hervor, zum Teil unter Tränen, zum Teil aus den eigenen Reihen.
Die Ampel findet die aktuelle Einbürgerungspolitik aber nicht nur ungerecht, sondern auch „nicht zeitgemäß“: Immerhin sei in anderen Ländern wie Frankreich und Polen eine Einbürgerung bereits nach drei Jahren möglich, wie Faeser betont. Das nimmt die Union allerdings nicht als Argument: Solche Länder sind laut Throm kein Beispiel für eine gelungene Integration. Throm macht darauf aufmerksam, dass die aktuelle Frist von acht Jahren bis zur Staatsbürgerschaft dazu diene zu prüfen, ob eine Integration auch über einen längeren Zeitraum hinweg gegeben sei. Der deutsche Pass werde schließlich „auf ewig“ ausgegeben: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet“, zitiert Throm.
Für die Union und AfD sollen sich die Einwanderer also erst erfolgreich integrieren und dann einen deutschen Pass bekommen. Für die Ampel und Linke sollen die Migranten einen deutschen Pass bekommen und wählen dürfen, damit sie sich besser integrieren können. Aber nur die, die „hart arbeiten“ und sich „gut integrieren“. Und die sich zur deutschen Grundordnung bekennen. Und wer prüft Letzteres? Eine neue Bürokratie?