Die Welt ist simpel, wenn man sie aus den Augen von Helge Lindh (SPD) sieht: Nius ein Interview geben, ist rechtsextrem. Das Regime der Taliban in Afghanistan als mittelalterlich bezeichnen, ist rassistisch. Einfach alles, alles, alles außer ihm ist rechts, findet Lindh. Die CDU ebenso. Denn sie zündele mit Anträgen zur „Migrationskrise“ und das ist rechts, rechts, rechts. Dabei schlägt Lindh mit den Händen auf das Rednerpult des Bundestages und flippert hin und her wie ein Küken kurz vorm Schlüpfen, damit auch jeder mitbekommt, wie schlimm, schlimm, schlimm Helge Lindh Rechts findet.
Und inhaltlich? Was sagt Helge Lindh zu dem Antrag der Union, der verlangt, dass die Ampel die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz zur Migrationskrise umsetzt? Und der obendrein noch eigene Vorschläge macht? „Wir erkennen an, dass es Probleme gibt.“ Na, immerhin. Aber die Rechten dürften nicht die Definition festlegen dürfen, ab wann Einwanderung ein Problem wird.
Und die FDP? Die stimmt einerseits in das Lied der bösen populistischen Union ein und ist andererseits stolz, „den Instrumentenkasten“ in Sachen Abschiebung gut gefüllt zu haben, wie Ann-Veruschka Jurisch behauptet. Die FDP sieht die Ampel also als Koalition, die eine Migrationskrise konsequent bekämpft, vor der zu warnen aber als rechts gilt und damit tabu ist. Jurischs Aussagen sind widersprüchlich, gar paradox – treffen aber damit das Lavieren der Ampel in der Migrationskrise recht gut auf den Punkt.
Die Union fordert in ihrem Antrag die Regierung auf, die Beschlüsse umzusetzen, auf die sich Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Ministerpräsidenten geeinigt habe. Und in deren Umsetzung bisher nichts passiert sei. Die Union zählt in ihrem Antrag 15 Beschlüsse dieser Art auf: vom Erstellen zu erwartender Einwanderungszahlen über den Einsatz für einen wirksamen Schutz der EU-Außengrenzen und den Abschluss von Remigrationsabkommen mit den Herkunftsländern der Einwanderer bis hin zu Kontrollen an den eigenen Grenzen, der Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Asylantragstellern innerhalb der EU, der Einfrierung des Familiennachzugs oder der Erleichterung der Abschiebung.
Alexander Throm (CDU) wirft Olaf Scholz vor: „Der Bundeskanzler versucht mit seinen großen Worten die Öffentlichkeit zu täuschen.“ Seine Rede von der Remigration, die er im Spiegel „im großen Stil“ ankündigte, scheitere in der Praxis an den Grünen, die etwa bei der Bezahlkarte für Flüchtlinge blockierten. „Der Bundeskanzler ist gescheitert und er wird in diesem Punkt auch die Vereinbarungen mit den Ländern nicht mehr erfüllen können“, attestiert ihm Throm. Das führe in der Bevölkerung zu Frustration: „Sie sorgen dafür, mit dieser Politik, dass unsere Demokratie gefährdet ist.“
Auch die Union frustriere die Bevölkerung und gefährde damit die Demokratie, kontert Christian Wirth (AfD). Sie schreibe jetzt Anträge der AfD ab und werde diese Anträge später mit kommenden Koalitionspartnern – etwa den Grünen – „in die Tonne kloppen müssen“. Dabei wisse mit Ausnahme der Ampel „eigentlich jeder, dass Kommunen und Länder aufgrund der Migrationskrise am Ende sind“. Ändern wird sich daran nichts. Zufrieden bleibt nach der Debatte eigentlich nur Helge Lindh, für den sich wieder mal gezeigt hat, dass die Welt sich aufteilt in: er – und rechts, rechts, rechts.