Tichys Einblick
Rechts, rechts, rechts sind alle Argumente

Die Ampel bietet in der Migrationskrise nur Gepöbel und Widersprüche

Die Ampel tut viel für Abschiebungen. Die Ampel verabscheut die Forderung nach Abschiebung als rechtes Teufelszeug. Beides zugleich. Verbal versucht die Regierung, es allen recht zu machen, inhaltlich dominiert die grüne Politik der offenen Grenzen.

IMAGO

Die Welt ist simpel, wenn man sie aus den Augen von Helge Lindh (SPD) sieht: Nius ein Interview geben, ist rechtsextrem. Das Regime der Taliban in Afghanistan als mittelalterlich bezeichnen, ist rassistisch. Einfach alles, alles, alles außer ihm ist rechts, findet Lindh. Die CDU ebenso. Denn sie zündele mit Anträgen zur „Migrationskrise“ und das ist rechts, rechts, rechts. Dabei schlägt Lindh mit den Händen auf das Rednerpult des Bundestages und flippert hin und her wie ein Küken kurz vorm Schlüpfen, damit auch jeder mitbekommt, wie schlimm, schlimm, schlimm Helge Lindh Rechts findet.

Und inhaltlich? Was sagt Helge Lindh zu dem Antrag der Union, der verlangt, dass die Ampel die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz zur Migrationskrise umsetzt? Und der obendrein noch eigene Vorschläge macht? „Wir erkennen an, dass es Probleme gibt.“ Na, immerhin. Aber die Rechten dürften nicht die Definition festlegen dürfen, ab wann Einwanderung ein Problem wird.

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Denn die sind böse, böse, böse. So bleibt denn die beste und einzige Lösung Helge Lindhs auf alle Probleme dieser Welt, zu plärren und toben, dass alle rechts, rechts, rechts seien. Außer ihm. Helge Lindh ist der erste Redner der Ampel, der auf den Antrag der Union antwortet. Er setzt den Ton für SPD und Grüne: Marcel Emmerich (Grüne) sagt auch, dass der Antrag der Union nur die AfD glücklich mache. SPD und Grüne agieren (nicht nur) in der Migrationskrise nach dem Dreiklang: 1. Wir machen keine Fehler. 2. Wer uns trotzdem Fehler nachweist, ist rechts. 3. Rechts muss bekämpft werden.

Und die FDP? Die stimmt einerseits in das Lied der bösen populistischen Union ein und ist andererseits stolz, „den Instrumentenkasten“ in Sachen Abschiebung gut gefüllt zu haben, wie Ann-Veruschka Jurisch behauptet. Die FDP sieht die Ampel also als Koalition, die eine Migrationskrise konsequent bekämpft, vor der zu warnen aber als rechts gilt und damit tabu ist. Jurischs Aussagen sind widersprüchlich, gar paradox – treffen aber damit das Lavieren der Ampel in der Migrationskrise recht gut auf den Punkt.

Die Union fordert in ihrem Antrag die Regierung auf, die Beschlüsse umzusetzen, auf die sich Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Ministerpräsidenten geeinigt habe. Und in deren Umsetzung bisher nichts passiert sei. Die Union zählt in ihrem Antrag 15 Beschlüsse dieser Art auf: vom Erstellen zu erwartender Einwanderungszahlen über den Einsatz für einen wirksamen Schutz der EU-Außengrenzen und den Abschluss von Remigrationsabkommen mit den Herkunftsländern der Einwanderer bis hin zu Kontrollen an den eigenen Grenzen, der Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Asylantragstellern innerhalb der EU, der Einfrierung des Familiennachzugs oder der Erleichterung der Abschiebung.

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Ein Schlüsselpunkt im Konzept der Union ist es, dass Asylverfahren künftig bereits außerhalb der EU durchgeführt werden. Zudem geht die Union über die Beschlüsse von Kanzler und Ministerpräsidenten hinaus. So will sie, dass Aufnahmeprogramme gestoppt werden, Anreize zur Einwanderung den Flüchtlingen genommen werden und die Liste sicherer Herkunftsstaaten um die nordafrikanischen Staaten erweitert wird, damit in diese schneller abgeschoben werden kann.

Alexander Throm (CDU) wirft Olaf Scholz vor: „Der Bundeskanzler versucht mit seinen großen Worten die Öffentlichkeit zu täuschen.“ Seine Rede von der Remigration, die er im Spiegel „im großen Stil“ ankündigte, scheitere in der Praxis an den Grünen, die etwa bei der Bezahlkarte für Flüchtlinge blockierten. „Der Bundeskanzler ist gescheitert und er wird in diesem Punkt auch die Vereinbarungen mit den Ländern nicht mehr erfüllen können“, attestiert ihm Throm. Das führe in der Bevölkerung zu Frustration: „Sie sorgen dafür, mit dieser Politik, dass unsere Demokratie gefährdet ist.“

Auch die Union frustriere die Bevölkerung und gefährde damit die Demokratie, kontert Christian Wirth (AfD). Sie schreibe jetzt Anträge der AfD ab und werde diese Anträge später mit kommenden Koalitionspartnern – etwa den Grünen – „in die Tonne kloppen müssen“. Dabei wisse mit Ausnahme der Ampel „eigentlich jeder, dass Kommunen und Länder aufgrund der Migrationskrise am Ende sind“. Ändern wird sich daran nichts. Zufrieden bleibt nach der Debatte eigentlich nur Helge Lindh, für den sich wieder mal gezeigt hat, dass die Welt sich aufteilt in: er – und rechts, rechts, rechts.

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