Tichys Einblick
Gescheiterte "Verkehrswende"

Ampel legt den Ausbau des Schienennetzes lahm

Unsere Nachbarn wie die Schweiz oder die Niederlande investieren in die Schiene und kurbeln damit ihre Wirtschaft an. Deutschland investiert in Radwege in Peru – lässt dafür aber das eigene Schienennetz links liegen.

IMAGO

Es gibt sieben Worte, die jeder Grüne beherrscht. Selbst wenn man ihn aus dem Schlaf reißt: „Wir verlagern die Güter auf die Schiene.“ Egal, mit welchem Verkehrsproblem man ihn konfrontiert – erhöhte LKW-Maut, marode Autobahnbrücken, E-Autos mit zu niedrigen Reichweiten. Der Grüne wird immer wie aus der Pistole zurückschießen „Wir verlagern die Güter auf die Schiene“ und das Thema ist für ihn erledigt.

Seit zwei und einem Viertel Jahr sind die Grünen nun mit in der Verantwortung. Und der Ausbau der Schiene steht vor einem herben Rückschlag. Die Ampel will die Bahn nur noch mit 27 Milliarden Euro ausstatten. Versprochen waren 40 Milliarden Euro, wie der Spiegel berichtet. Demnach fehlt jetzt jedes Geld für den Ausbau. Die 27 Milliarden Euro reichen gerade noch für die Reparatur der vorhandenen Strecken. Unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) war das Schienennetz schon in den letzten Jahren verkümmert.

Deutsche Bahn
Sparen statt Schienen: Aus der Traum von der Verkehrswende
Diesen Rückstau aufzuholen, war eines der größten Versprechen der Ampel. Es gehörte zu den wenigen Punkten, in denen die drei Partner gemeinsame Interessen verbinden: Die SPD mag die Investition des Staates in die Wirtschaft. Die FDP stellt in Volker Wissing den Verkehrsminister, der über die Vergabe des Geldes entscheiden darf, und die Grünen können die Umsetzung ihres Konzeptes feiern: „Wir verlagern die Güter auf die Schiene.“ Soweit die Idee. Doch angesichts des Haushalts-Debakels, das die Ampel erlebt hat, und angesichts der irrsinnigen Verschwendungssucht für Radwege in Peru und für „gegen Rechts“ demonstrierende NGOs scheitert auch dieses gemeinsame Projekt der Ampel.

Der Dachverband der Verkehrsbetriebe, der VDV, nennt die Sparpläne der Ampel „beunruhigend“. Mit Reparaturen alleine könne das seit Jahrzehnten unterfinanzierte Netz nicht fit gemacht werden. VDV-Präsident Ingo Wortmann wirft der Ampel vor, den Wettbewerb zwischen LKW und Zug zugunsten des LKWs zu entscheiden: „Erst legt man den bereits umfangreich geplanten und dringend notwendigen Ausbau bei der Schiene durch erhebliche Kürzungen nahezu auf Eis, um dann einen Tag später bei der Eröffnung der neuen Autobahnbrücke in Leverkusen die Wichtigkeit von moderner Verkehrsinfrastruktur zu betonen. Das passt im Rahmen der Gesamtverantwortung, die der Bund für alle Verkehrsnetze in Deutschland hat, nicht zusammen.“

Ankündigen statt verwirklichen
Die Regierung will mehr Tempo für Verkehrsprojekte, kennt aber die eigene Verfahrensdauer nicht
Deutschland ist unter der Ampel nicht nur wegen seiner schrumpfenden Wirtschaft der kranke Mann Europas. Auch in Sachen Schienenverkehr behindert Deutschland seine Nachbarn. Die haben massiv in die Schiene investiert. Zum Beispiel Schweiz und Niederlande. Doch während die Züge in Zürich und Rotterdam auf Schnellbahnen starten, müssen sie zwischendurch über deutsche Bummelstrecken. Die sind schon lahm, wenn die Räder rollen. Da aber Bahn und Bundespolizei Probleme wie den Kabelklau nicht in den Griff bekommen, stehen die Züge auf deutschem Boden oftmals gleich komplett. Deutschland hat mit seinen Nachbarn eigentlich Verbesserungen ausgemacht. Doch die sieht der VDV jetzt in Gefahr: „Die Kürzungen würden den geplanten Ausbau des Ostkorridors Stendal – Magdeburg – Halle und der Oberrheinschiene betreffen. Beide sind zentrale Achsen des Schienengüterverkehrs mit nicht nur nationaler, sondern europaweiter Bedeutung“, erklärt Wortmann.

Österreich ist es gelungen, den Anteil des Güterverkehrs auf 25 Prozent zu erhöhen. In der Schweiz sind es sogar 41 Prozent. Bei den Eidgenossen liegen keine 20 Prozentpunkte mehr zwischen Schiene und Straße. In Deutschland sind es 53 Prozent. Denn 72 Prozent der Güter transportieren im Land der „Verkehrswende“ LKW, nur 19 Prozent bewegen sich mit Zügen von A nach B. Die Zahlen stammen vom Interessenverband „Allianz pro Schiene“. Die Allianz wirft der deutschen Regierung vor, keine echte Strategie zu verfolgen. Das Streichen des Geldes scheint sie zu bestätigen.

Regionalverkehr besonders betroffen
Deutsche Bahn so unpünktlich wie nie
Das Problem, dass nicht mehr Güter auf die Schiene verlagert werden können, ist kein Solitär. Es steht mit der gesamten wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands im Zusammenhang. Allzumal angesichts der Folgen der von grüner Ideologie getriebenen Politik der Ampel. Die hat angesichts ihres enormen Geldbedarfs und ihres Hasses gegen Individualverkehr die LKW-Maut zum Dezember drastisch erhöht. Das hat Folgen. Von November auf Dezember ist die Fahrleistung der LKW, die von der Mauterhöhung betroffen sind, um 3,5 Prozent zurückgegangen, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Das sind ebenfalls 3,5 Prozent weniger Leistung als im Dezember 2022.

Kein Güterverkehr, kein Handel. Kein Handel, keine Wirtschaft. Zumindest dem Statistischen Bundesamt ist dieser Zusammenhang klar: „Die LKW-Fahrleistung auf Autobahnen gibt frühe Hinweise zur aktuellen Konjunkturentwicklung in der Industrie. Wirtschaftliche Aktivität erzeugt und benötigt Verkehrsleistungen.“ Es bestehe ein „deutlicher Zusammenhang“ zwischen der Fahrleistung der LKW und der wirtschaftlichen Aktivität. Das betreffe eben nicht nur den Handel, sondern auch das Verarbeitende Gewerbe. Bleiben die LKW in der Garage stehen, dürfte die Wirtschaft in Deutschland weiter schrumpfen – oder zumindest auf dem durch die Ampel niedrigeren Niveau stagnieren.

Was tut die Ampel, um Handel und Verarbeitendes Gewerbe anzukurbeln? „Wir verlagern die Güter auf die Schiene.“ Wie das funktionieren soll – ohne Geld, ohne Personal? Das kümmert die Ampel nicht. „Wir verlagern die Güter auf die Schiene.“ Danach ist für die Grünen die Diskussion beendet. Und SPD sowie FDP sind an inhaltlicher Arbeit ohnehin schon lange nicht mehr so interessiert wie an ihrem eigenen Machterhalt.

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