Am Wochenende wurde bekannt, dass die Amadeu Antonio Stiftung am 14.02.2019 eine sogenannte Fachtagung zum Thema „Der rechte Rand der DDR-Aufarbeitung“ veranstaltet, die von der Landeszentrale für politische Bildung des Landes Berlin durch Steuergelder unterstützt wird.
Weder auf der Homepage der Landeszentrale, noch auf der der Amadeu Antonio Stiftung fand ich am Wochenende einen Hinweis auf die Veranstaltung, so dass ich noch am Wochenende die Pressestellen kontaktierte. Die Landeszentrale für politische Bildung antwortete vorgestern um 10:11 Uhr: „… in der Tat fördern wir besagte Veranstaltung – allerdings nur finanziell. Es handelt sich nicht um eine Kooperationsveranstaltung mit der Landeszentrale, die operative Verantwortung liegt also allein bei der Amadeu Antonio Stiftung. Daher kann ich Ihnen leider nichts über Anmeldemodalitäten sagen. Ich kann hier nur auf die Stiftung verweisen und verbleibe …“
Der Amadeu Antonio Stiftung wird also ohne Rücksicht auf Inhalte das benötigte Geld einfach so herübergeschoben, nach dem Motto, wenn Frau Kahane Geld benötigt, steht ihr das Steuersäckel offen. Bisher habe ich noch keine Antwort, um welche Summe es sich dabei handelt. Auf meine wiederholte Anfrage bei der Amadeu Antonio Stiftung erhielt ich dann vorgestern um 16:53 Uhr folgende Auskunft des Presseprechers: „Ich war bislang nicht weiter mit der Veranstaltung befasst, eine gesonderte Presse-Akkreditierung ist aber nicht vorgesehen. Da ich heute und morgen außer Haus unterwegs bin und keinen aktuellen Stand zur Anmeldesituation habe, würde ich Sie bitten, sich über die Adresse veranstaltung@amadeu-antonio-stiftung.de anzumelden. Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier: https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/presse/termine/der-rechte-rand-der-ddr-aufarbeitung/”
Plötzlich existierte ein Hinweis auf die Veranstaltung der Amadeu Antonio Stiftung. Folgte man dem Hinweis, um sich anzumelden, erstaunte nach all dem nicht, dass dort der Zutritt zur Tagung, was man wohl von Anfang an vorhatte, verwehrt wird: „Leider ist die Fachtagung ausgebucht.“
Die „Fachtagung“ bezieht sich auf einen verunglimpfenden Artikel im SPIEGEL, über den TE in der Druckausgabe vom März 2018 bereits berichtet hat. Wir bringen ihn aus aktuellem Anlaß noch einmal, um die steuerfinanzierte Expertise der „Fachtagung“ der Amadeu Antonio Stiftung zu dokumentieren:
Medien ohne Anstand
Kampagne gegen DDR-Bürgerrechtler
Bürgerrechtler sind so etwas wie das Gewissen einer Gesellschaft und zugleich ihr Seismograph. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ veröffentlichte jüngst einen Artikel, mit dem ehemalige Gegner des SED-Regimes in die rechte Ecke gerückt werden. Das Ende des fairen Diskurses
Wladimir Iljitsch Lenin forderte 1905: „Nieder mit den parteilosen Literaten! … Die literarische Tätigkeit muss zu einem Teil der allgemeinen proletarischen Sache, zu einem Rädchen und Schräubchen des einen einheitlichen, großen … Mechanismus werden.“
Gut 100 Jahre später übersetzt der „Spiegel“-Kolumnist Georg Diez die Forderung für Journalisten in heutiges Deutsch, wenn er „einen anderen Journalismus, … härter, aktivistischer, … entschlossener“ fordert. Einher geht damit die Notwendigkeit, so lange auf die störrische Realität einzuschreiben, bis sie sich der rot-grünen Ideologie beugt.
Der „Spiegel“-Autor Konstantin von Hammerstein versucht in einem Artikel über den neuen Klassenfeind die dietzsche Doktrin umzusetzen und liefert einen Groschenroman ab, der alle Normen der leninschen Forderung an die Parteiliteratur erfüllt. Die Stärke Lenins lag allerdings nicht in der Argumentation, sondern in der Diffamierung.
Hammersteins Tendenzstück spielt in Dunkeldeutschland. Protagonisten des Groschenromans sind ehemalige DDR-Bürgerrechtler, denen der Autor vorwirft, zur AfD und zu Pegida, ins Lager der Reaktion, zum Klassenfeind „abgedriftet“ zu sein.
Der erste Verräter an der Sache des Guten, auf den Hammerstein in Dunkeldeutschland trifft, ist Siegmar Faust. Dass Siegmar Faust nach sieben Monaten Untersuchungshaft von der Stasi in die Psychiatrie nach Waldheim verlegt wurde, weil er seinen „Stasi-Vernehmer mit seinen eigenen Waffen zu schla-gen“ versuchte, erlaubt dem Autor, das Hauptthema gleich in der Exposition zu etablieren, nämlich die psychische Abseitigkeit der Renegaten.
Siegmar Faust bekam als Einziger in der Psychiatrie keine Pillen. Dabei hätte er „gern Widerstand geleistet. Und die Medikamente heimlich wieder rausgewürgt wie seine beiden Mithäftlinge“. Wer Medikamente will, um sie als Akt des Widerstands wieder „herauszuwürgen“, muss verrückt sein. So verrückt, wie damals der Wunsch zu kämpfen war, ist es, dass Siegmar Faust nicht vom Kämpfen lassen kann, obwohl seine „Peiniger“ doch „in Rente oder lange tot“ sind. Ein Verrückter eben! Damals dagegen, heute wieder dagegen. Und was macht ein Verrückter? Er wählt bei der Bundestagswahl AfD. Was zu beweisen war.
Wer steht auf der richtigen Seite?
Hammerstein gibt vor, dass er erfahren will, was diese ehemaligen Bürgerrechtler nach „rechts“ treibt. Lange suchen muss er nicht, denn die Erklärung liefert ihm die Grünen-Politikerin Marianne Birthler: „Es gibt keine Garantie, dass man in seinem Leben immer auf der richtigen Seite steht.“ Marianne Birthler steht oder sitzt auf der richtigen Seite, beispielsweise im Kuratorium der Friede-Springer-Stiftung neben Angela Merkels Ehemann Joachim Sauer.
Faust ist nun leider auf die falsche Seite abgedriftet: Er wagt es, Birthlers Parteifreundin Katrin Göring-Eckardt zu kritisieren, er erdreistet sich, die Politik der Bundesregierung ausgesprochen kritisch zu sehen, er begeht das Sakrileg, vor dem politischen Islam zu warnen. Hammerstein schaudert geradezu zurück vor der „düsteren, paranoiden Parallelwelt, in der sich der Mann bewegt“. Aber was will man von jemandem schon erwarten, der „in den Siebzigerjahren im Zuchthaus Cottbus 400 Tage lang in Einzelhaft im berüchtigten ,Tigerkäfig‘ überlebte“?
Faust war deshalb eine Legende unter den DDR-Dissidenten, eine Legende, die nachwirkt und die folglich zerstört werden muss, wenn der Held auf der „falschen Seite“ steht. Um das zu erreichen, bedient sich der Autor bei Stevensons Dr. Jekyll und Mr. Hyde, denn eben ist Siegmar Faust noch ein „freundlich lächelnder Märchenonkel“, doch wenn er „aufgebracht ist, merkt man es nicht gleich“, „sein Mund scheint immer noch zu lächeln, aber die Augen werden dunkel und seine Stirn beginnt zu glänzen“.
Und Werner Molik, dem als junger Ökonom wegen Sozialismuskritik die Promotion aberkannt und der in Cottbus eingesperrt wurde und durch Häftlingsfreikauf in den Westen kam, so als wäre er ein Doppelgänger von Faust, schießt angeblich „der Blutdruck nach oben, sein Gesicht rötet sich, auf seiner Stirn bilden sich Schweißperlen“, wenn es um Politik geht, denn auch er wagt es, Kritik an grüner Politik zu äußern. Damit steht er für den aktivistischen Journalisten auf der „falschen Seite“.
Selbst die Mitgründerin der Sozialdemokratischen Partei in der DDR Angelika Barbe wird vor den Augen des Autors von diesem unerklärlichen Virus befallen: Wenn es um Politik gehe, behauptet er, dann sehe sie überall nur Feinde, „und wenn der Nachschub mal ausgeht, findet sie problemlos neue“.
Nichts erfährt der Leser allerdings über die Vorstellungen, nichts darüber, wofür sich die Bürgerrechtler engagieren. Hammerstein trifft im Osten nur auf Stereotypen: Wutbürger (Faust, Molik), die Kämpferin (Barbe), einen Verstoßenen (Michael Beleites) und einen Dissidenten (Arnold Vaatz).
Wäre Leonid Iljitsch Breschnew noch Generalsekretär der KPdSU, so würde Konstantin von Hammerstein der Rotbannerorden dafür verliehen, dass er die Methode der Psychopathologisierung des Kritikers journalistisch wiederbelebt hat. Breschnew war der Meinung, dass jemand, der die Sowjetunion kritisiert und den Sozialismus ablehnt, psychisch krank sein müsse.
Sind Dissidenten Narzissten?
Um dieser These so etwas wie Tiefe zu geben, bemüht er einen Therapeuten. Für Hans-Joachim Maaz ergeben sich ohnehin alle Probleme der Welt aus einer „frühen Beziehungsstörung meist zur Mutter“. Ein Dissident wird Dissident, „weil er persönliche Probleme hat, wie so viele Menschen, die etwas Besonderes sein wollen“. Staatlich daran gehindert zu werden, seine Meinung frei zu äußern, kann man natürlich auch als persönliches Problem auffassen. Und so kommt Maaz laut Hammerstein zu dem Diktum: „Wer ein Unrechtsregime herausfordert, müsse ein Narzisst sein.“
Übrigens merkt der Journalist nicht, dass Maaz mit nur einem Satz seine ganze argumentative Linie zu Fall bringt, denn Maaz glaubt: „Ohne eine erhebliche Störung hätte ein Stauffenberg wohl nie sein Hitler-Attentat gewagt.“ Mit anderen Worten: Stauffenberg, die Geschwister Scholl, Arvid Harnack, Dietrich Bonhoeffer, Harro Schulze-Boysen – alles Menschen mit erheblichen Störungen? Existieren keine politischen, keine moralischen, keine christlichen, keine philosophischen Motive, aus denen heraus Menschen Position beziehen? Ist die Geschichte des menschlichen Fortschritts und des großartigen Widerstands gegen Unrecht nichts anderes als eine „frühe Beziehungsstörung meist zur Mutter“?
Stimmt das, was Hammerstein behauptet, engagieren sich die Bürgerrechtler tatsächlich bei der AfD und Pegida? Michael Beleites schreibt über das Gespräch mit Konstantin von Hammerstein: „Obwohl er ausgiebig danach fragte, wollte er offenbar gar nicht wissen, warum frühere Bürgerrechtler die bei Pegida und AfD sichtbar werdende Protestbewegung ernst nehmen und nicht als ,Naziaufmärsche‘ betrachten. Obwohl wir ausgiebig darüber sprachen, ließ er in seiner Geschichte völlig beiseite, warum wir aus unserer 1989er-Erfahrung heraus einen offenen gesellschaftlichen Dialog über die nun aufgeworfenen Fragen befürworten – sondern er will offenkundig auch diese Versuche in die ,rechte Ecke‘ schieben und damit ausbremsen. Ich war nie Mitglied der AfD oder einer ihr nahestehenden Organisation und habe mich nie bei der AfD engagiert. … Mehrfach habe ich dem Autor gegenüber begründet, warum ich ,Links‘ und ,Rechts‘ gleichermaßen für Irrwege halte und lieber an die Option eines ,Dritten Weges‘ aus den blockübergreifenden Zusammenschlüssen der Friedens- und Umweltbewegungen der 80er-Jahre anknüpfen würde.“
Nachdem Michael Beleites sich freiwillig aus dem Amt des Landesbeauftragten für die Stasiunterlagen zurückgezogen hatte, hatte der studierte Landwirt in der Nähe von Dresden einen Hof eröffnet. Daraus wird, dass Beleites einen „Kräuterhof“ betreibt und „versucht, sich mit Artikeln und Vorträgen über Wasser zu halten“. Hammerstein will erstens dem Leser vermitteln, dass Beleites ein Versager ist. „Der Rückzug auf die eigene Scholle hat Beleites nicht gutgetan … jetzt verstrickt er sich weiter in seiner rechten Gedankenwelt.“ Mit den Wörtern „Scholle“ und „rechte Gedankenwelt“ wird zweitens der Eindruck von Blut und Boden assoziiert, was auf seine rechte Gesinnung hinweisen soll.
Alte Freunde – die Guten – distanzieren sich von ihm, behauptet Hammerstein und führt zum Beweis die Ausladung von einer Lesung an, die noch nicht einmal von einer „guten“ Freundin stammt. Hammerstein führt nicht einen Namen an – wie kommt er auf den Plural? Doch wie der Patriarch aus Lessings „Nathan der Weise“ hat Hammerstein sein Urteil bereits gesprochen: „Inzwischen hat er zu viele rote Ampeln überfahren.“
In welchem Staat lebt Konstantin von Hammerstein? In einem Land voller roter Ampeln, ohne wirkliche Meinungsfreiheit, einem Land mit Zensur? Ist der aktivistische Journalist eigentlich noch ein Journalist, oder sieht er sich als Ampelwart in einer Gesinnungsdiktatur?
Der Landesbeauftragte der Konrad- Adenauer-Stiftung für Sachsen, Joachim Klose, gehörte wohl nicht zum Rechercheprogramm des Redakteurs. Er sagt über Michael Beleites: „Herr Beleites ist eine Persönlichkeit, die den aufrechten Gang nicht nur in der Diktatur während der DDR-Zeit praktizierte. Ich schätze ihn persönlich, seine Haltung und sein Engagement außerordentlich. Er ist nicht nur Zeitzeuge und Bürgerrechtler, sondern hat sich zu keinem Zeitpunkt opportunistisch verhalten. Man sollte ihm diese Haltung jetzt nicht vorwerfen, sondern sie schätzen. Unsere Demokratie braucht Leute, die für etwas stehen, auch wenn sie Gegenwind bekommen.“
Hoher Konformitätsdruck
Wer die im „Spiegel“-Artikel beschriebenen Bürgerrechtler unvoreingenommen trifft, begegnet Menschen, die sich nicht durch Macht und Ehren korrumpieren lassen, sondern zu ihrem Denken stehen – und sich darin treu geblieben sind und nicht danach fragen, woher gerade der Wind weht, wo es die nächste Ehrung, den nächsten Posten, eine erfreuliche Dotation gibt.
Über das Tendenzstück hinaus stellt sich eine viel tiefer gehende Frage: Wie konnte in unserem freiheitlichen Land ein so hoher Konformitätsdruck entstehen? Weshalb wird dieser Druck von den Medien mit erzeugt, anstatt ihn zu kritisieren? Wissen wir denn nicht, wie gefährlich und verführerisch die vermeintlich gute Sache ist? Denn wenn sie nicht durch einen kritischen Journalismus begleitet, sondern propagiert wird, und sogar die Meinungsmache zur Nachrichtenmache zu kippen droht, dann wird auch aus der besten Sache die schlechteste Sache der Welt.
Wenn der faire Streit aufhört und eine große Einheit anbricht, dann leben wir in der Diktatur. Davor zu warnen war schon immer die Sache der Bürgerrechtler, sie sind so etwas wie das Gewissen einer Gesellschaft und zugleich ihr Seismograph.