Tichys Einblick
Spendensammlung der Amadeu Antonio Stiftung:

Wer bekommt die Spendengelder für mutmaßlich Betroffene von Rammstein?

Die Spendensammlung der Amadeu Antonio Stiftung generierte 826.000 Euro für die Unterstützung „mutmaßlich betroffener“ Frauen. Doch was in Ermangelung von Prozessen übrig bleibt, geht an den hauseigenen SHEROES Fund zur Unterstützung linker Aktivisten. Teil 1 von 2 einer Kurzreportage

@ Fotolia

Bereits vor rund einem Monat berichtete TE über die Spendenaktion der Amadeu Antonio Stiftung zur Unterstützung mutmaßlicher Betroffener von Rammstein, die allerdings eine Hintertür zur Weiterleitung der Spenden in den hauseigenen SHEROES Fund von Jasmina Kuhnke beinhaltete. Mittlerweile ist die Spendensammlung beendet und über 826.000 Euro wurden von 70.000 Spendern zur Verfügung gestellt. Zeit, um nachzusehen, wie es um die Nutzung dieser Spendengelder steht.

Denn die Entwicklungen des letzten Monats haben den Eindruck bestätigt, dass wohl nur ein Bruchteil der gesammelten Mittel tatsächlich für die Unterstützung mutmaßlich Betroffener eingesetzt wird. Die Staatsanwaltschaft Vilnius hatte bereits zum Zeitpunkt der TE-Berichterstattung über die Spendensammlung ihre Ermittlungen eingestellt. Die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft Berlin laufen zwar noch, verlaufen bislang aber ebenfalls inkonklusiv und beruhen lediglich auf einer Klage unbeteiligter Dritter. Stattdessen haben die Anwälte Till Lindemanns in der Zwischenzeit erfolgreiche Unterlassungsklagen gegen sowohl den Spiegel, wegen Teilen von dessen Verdachtsberichterstattung, als auch gegen die Influencerin Kayla Shyx vor dem Landgericht Hamburg durchgebracht.

Gleichzeitig aber kommen die finanziellen Einschläge der Schuldenbremse immer näher, erst kürzlich berichtete TE über die angekündigte Streichung der Fördermittel des Justizministeriums für das Projekt „Firewall“ der Amadeu Antonio Stiftung, das in den drei Jahren seiner Existenz immerhin mit fast 250.000 Euro pro Jahr begünstigt wurde.

Da kommen die 826.000 Euro der Spendensammlung gegen Rammstein ganz recht, zumindest wenn man sie im eigenen Topf behalten kann. Dazu lohnt es sich, noch einmal den ursprünglichen Spendenaufruf genauer anzusehen. Genauer gesagt: Es lohnt sich, die Ankündigung der Spendenaktion auf der Webseite der Amadeu Antonio Stiftung (AAS) mit dem ähnlichen, aber nicht identischen Text auf der Webseite der eigentlichen Spendensammlung, betterplace.org (BP), selbst zu vergleichen.

Während BP von „immer mehr Vorwürfen“ gegen Till Lindemann spricht, behauptet die Seite der AAS, die Vorwürfe wären „zahlreich und werden immer mehr“. AAS berichtet von denen, „die Anschuldigungen erhoben haben“, während BP von „mutmaßlich betroffenen Frauen“ spricht. BP beklagt „Lindemanns Star-Anwälte, die bereits Unterlassungsaufforderungen an Frauen schicken, die sich äußern“, die AAS lässt den Seitenhieb „Star“ weg und spricht diesmal umgekehrt von „mutmaßlich Betroffenen“, anstatt von „Frauen, die sich äußern“. Während die AAS diese Form fortan beibehält, sobald es um die „Strafanzeigen, die offenbar einschüchtern sollen“ geht, lässt BP das Wort „mutmaßlich“ fallen und spricht hernach nur noch von „Betroffenen“.

An diesen Aufruf knüpfen sich, trotz unterschiedlicher Formulierungen auf den beiden Webseiten, bereits einige Fragen:

Die Spendenaufrufe sowohl bei BP, als auch bei der AAS, erläutern im weiteren Fortgang mit identischen Texten den Zweck ihrer Spendensammlung:

„Die Amadeu Antonio Stiftung unterstützt im Rahmen des SHEROES Fund für Held*innen der Demokratie die Kampagne von Jasmina Kuhnke, Nora Tschirner, Carolin Kebekus, Rezo, Roger Reckless, Micha Fritz, Jany Tempel, MeTooGermany & Jannik Rienhoff. Die Spenden werden in Partnerschaft [die Seite der AAS spricht hier von „in Absprache“; Anm.] mit dem Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe – Frauen gegen Gewalt vergeben. Die Unterstützung erfolgt in Form von Anwalts-/Prozesskosten, der Umsetzung von Schutzmaßnahmen sowie psychologischer Beratung und Therapie.

In dem Fall, dass die Rechtsstreitigkeiten erfolgreich ausgehen und die Prozess-/Anwaltskosten erstattet werden, oder mehr Spenden eingehen, als benötigt, werden die erstatteten und nicht benötigten Spendengelder im SHEROES Fund – Held*innen für Demokratie, für die Umsetzung des satzungsgemäßen gemeinnützigen Zweck der Amadeu Antonio Stiftung eingesetzt.“

Seit einiger Zeit bietet die Seite BP zusätzlich auch ein „Update“, in dem eine Mitarbeiterin der AAS den Spendern dankt. Die Kampagne mache deutlich, dass „Betroffene von sexualisierter Gewalt“ nicht allein sind. Wohlgemerkt: Von Mutmaßlichkeit ist hier schon lange keine Rede mehr! Der Rest des „Updates“ betrifft auch hier wieder den SHEROES Fund:

„Sollten Mittel übrig bleiben, werden wir diese für unseren SHEROES Fund sowie den satzungsgemäßen gemeinnützigen Zweck der Amadeu Antonio Stiftung einsetzen, wie die Unterstützung von Betroffenen von Hass und Hetze.“

Werden hier die Spender bereits langsam darauf vorbereitet, dass der überwiegende Teil der Spenden an linksextreme Aktivisten weitergeleitet wird? Jedenfalls drängen sich weitere Fragen auf:

Eine Stiftungssatzung als loser Anhaltspunkt aus Gummi

Ein Blick in die Satzung der AAS offenbart aber folgende Stiftungszwecke:

§ 2 Stiftungszweck

  1. Die Stiftung dient der Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung der Förderung der Jugendhilfe sowie der Förderung der internationalen Gesinnung, der Toleranz und des Völkerverständigungsgedankens.
  2. Die Stiftung verwirklicht ihren Zweck insbesondere, indem sie Projekt und Initiativen, die dem Abs.1 beschriebenen Zweck dienen, durchführt oder solche öffentlicher und als gemeinnützigen Zwecken dienend anerkannter Körperschaften durch finanzielle Zuwendungen sowie durch Beratung, organisatorische und logistische Hilfestellung oder auf andere zweckdienliche Weise fördert.
  3. Darüber hinaus soll sich die Stiftung die Dokumentation und Vermittlung von demokratischer Kultur und von Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Jugendgewalt zum Anliegen machen.
  4. Die Stiftung kann in Erfüllung ihres Stiftungszweckes Einrichtungen unterhalten, eigene Veranstaltungen (z.B. Workshops, Seminar und dergl.) durchführen, Fortbildungsmaßnahmen konzipieren und durchführen.
  5. Die Stiftung kann in Einzelfällen bedürftigen Personen Hilfe zum Lebensunterhalt gewähren.
  6. Die Stiftung kann insbesondere auch mit finanziellen Zuwendungen verbundene Preise an Personen und Gruppen vergeben. Außerdem kann sie Publikationen herausgeben oder deren Herausgabe fördern und alle der Verwirklichung des Stiftungszweckes dienlichen Maßnahmen ergreifen.
  7. Ziel der Stiftung ist auch, die Anliegen der Stiftung in zweckmäßiger Form der Öffentlichkeit bekannt zu machen, die Bereitschaft zur finanziellen Unterstützung der Arbeit der Stiftung zu wecken und Beiträge zu Grundstockvermögen (Zustiftungen) einzuwerben.
  8. Der Wirkungsbereich der Stiftung ist nicht auf Deutschland beschränkt.
  9. Die Interpretation des in Abs.1 bis 7 niedergelegten Stifterwillens obliegt dem Stiftungsrat. Welche Schwerpunkte die Stiftung bei der Verwirklichung des Stiftungszweckes bildet oder ob sie ggf. nur einen Teil der Zwecke verwirklicht, liegt allein in seinem Ermessen.

Vor allem (9) liefert natürlich den gewünschten Interpretationsspielraum, um die Befugnisse je nach Wunsch auszuweiten. Dennoch könnte strenggenommen am ehesten wohl (5), die „Hilfe zum Lebensunterhalt“ bedürftiger Personen, zur Rechtfertigung für diese Spendensammlung herhalten. Aber natürlich ist es vor allem der SHEROES Fund, als Ausfluss der Punkte (1) und (2), der durch entsprechende Deutung des Schlagworts der „Toleranz“ den mutmaßlich Betroffenen Unterstützung bieten soll und dafür von der AAS finanziell unterstützt wird.

Selbst auf der Seite des SHEROES Fund ist zwar die Rede von der Unterstützung von Frauen (und anderen „trans*, inter* und non-binären Personen“) durch den Fonds, allerdings gilt diese Unterstützung eigentlich denjenigen, die für ihren „Einsatz gegen Rassismus, Antisemitismus und andere menschenverachtende Einstellungen angefeindet und bedroht werden und finanzielle Unterstützung bei der Umsetzung von Schutzmaßnahmen benötigen“. Es bedarf mehr als nur wohlwollender Phantasie um die Unterlassungsklagen von Till Lindemann & Rammstein gegen die mediale Verdachtsberichterstattung von zum Beispiel einer Kayla Shyx als „Anfeindung und Bedrohung“ für deren Einsatz „gegen menschenverachtende Einstellungen“ zu deuten, zumal die Übernahme von Prozesskosten „mutmaßlich Betroffener“ auch nicht der „finanziellen Unterstützung bei der Umsetzung von Schutzmaßnahmen“ entspricht, für die der SHEROES Fund eigentlich bestimmt ist.

In der Praxis laufen die Dinge aber wohl einfacher: Wie auch schon der SHEROES Fund an sich eine Überdehnung der satzungstechnischen Aufgaben der AAS darstellt, werden nun selbst innerhalb des SHEROES Fund die Spielregeln nach den jeweiligen Bedürfnissen angepasst. So wie innerhalb eines Spendenaufrufs „Frauen, die sich äußern“ zu „mutmaßlich Betroffenen“ und schließlich „Betroffenen“ werden, so wird auch hier der satzungsgemäße Zweck durch die Schaffung von Subfonds und verschachtelten Konstrukten erweitert und letztlich umgangen. Es sei denn, natürlich, die Spenden würden gar nicht an die mutmaßlich Betroffenen gehen, sondern sofort gänzlich dem SHEROES Fund zugeführt und zur „Umsetzung des satzungsgemäßen gemeinnützigen Zwecks der Amadeu Antonio Stiftung eingesetzt“. Dann allerdings stellt sich die Frage, ob die Spendensammlung womöglich unter Vorspielung falscher Tatsachen – und somit betrügerischer Absicht – ins Leben gerufen wurde. Eine Frage, die angesichts der von Anfang an geringen Wahrscheinlichkeit auf Prozesse gegen Till Lindemann mehr als berechtigt erscheint.

Unbeantwortete Fragen und Antworten auf Umwegen

Doch im Gegensatz zu den #MeToo-Anhängern, die dazu aufrufen, pauschal allen Frauen zu glauben („believe all women“), ziemt es sich auch hier, die andere Seite zu Wort kommen zu lassen. Nachdem die Budgetkürzungen des „Firewall“-Projekts der AAS publik wurden, entschieden wir uns, im Namen von TE eine Presseanfrage an die AAS zu stellen, die leider unbeantwortet blieb. Die Fragen seien der Vollständigkeit halber dennoch hier abgebildet:

Da uns aber die Fragen, trotz des Schweigens der AAS, doch sehr auf der Seele brannten, entschlossen wir uns, auf anderem Wege das Gespräch zu suchen, und wandten uns an einen Kollegen unserer hauseigenen, fiktiven Klimaaktivistin, Anabel Görlach-Benanni (bekannt von ihren Undercover-Recherchen zur Beziehung von Museen und Klimaklebern), den freien und ebenso fiktiven Journalisten Tim Schleicher. Diesem gelang es, ein Interview mit einem Vertreter der AAS zur Spendensammlung „Wie viel Macht 1€“ zu führen und uns dieses zur Verfügung zu stellen. Die Ergebnisse dieses Gesprächs lesen Sie morgen im zweiten Teil dieser Reportage.

Anzeige
Die mobile Version verlassen