Tichys Einblick
Von wegen Einheitsgewerkschaft

Am 1. Mai präsentiert sich der DGB als Vorfeldorganisation der SPD

Die Gewerkschaften als Vorfeldorganisation der SPD – hatten die Gründungsväter des DGB 1949 nicht vor. Sie wollten mit einer „Einheitsgewerkschaft“die Lehren aus der Weimarer Republik ziehen, in der Richtungsgewerkschaften sich auf's Heftigste bekämpft hatten.

Reiner Hoffmann, chairman of the German Confederation of Trade Unions (DGB), speaks on a rally on May 1, 2015 in Berlin

© Carsten Koall/Getty Images

„Es ist Zeit, zu zeigen: ‚Wir sind viele. Wir sind eins‘. Gemeinsam stehen GewerkschafterInnen für ihre Ziele ein – soziale Gerechtigkeit, gute Arbeit und einen handlungsfähigen Staat.“ Es ist die übliche Gewerkschaftsprosa, mit der der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) seine rund sechs Millionen Mitglieder am diesjährigen „Tag der Arbeit“ auf die Straßen und Plätze locken will.

An diesem „Kampftag“ geht es nicht nur um die üblichen gewerkschaftlichen Parolen und Forderungen. Für den DGB geht es um mehr, nämlich um die Mobilisierung der „Kolleginnen und Kollegen“ für die SPD. Das sagt der DGB in seinem Aufruf zum 1. Mai relativ offen: „Im Superwahljahr 2017 zeigen die Gewerkschaften klare Kante: Im Mai stehen zwei Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen an sowie die entscheidende Runde der französischen Präsidentschaftswahlen. Im September wird der Deutsche Bundestag neu gewählt. DGB und Gewerkschaften setzen sich ein für eine Politik, die den Staat wieder handlungsfähig macht.“

Nun ja, bei den französischen Präsidentschaftswahlen hört wohl niemand auf das, was deutsche Gewerkschaftsfunktionäre für richtig oder falsch halten. Der kleine Hinweis auf Frankreich soll vielmehr die eigentliche Stoßrichtung etwas verbrämen. Wer einen „wieder handlungsfähigen Staat“ fordert, wer „für mehr soziale Gerechtigkeit, für bessere Arbeitsbedingungen, für ein Leben in Würde auch im Alter und gute Bildung für alle“ plädiert, der zeigt, als was er sich versteht: als parteipolitische Vorfeldorganisation der Sozialdemokratie, als williger Helfer des SPD-Kanzlerkandidaten „Sankt Martin.“

Natürlich lädt der DGB Politiker als Redner zu seinen Kundgebungen ein, natürlich keinen einzigen von der CDU, CSU oder FDP. Das ist schon seit langem so. Selbst die CDU-Sozialausschüsse kritisieren das nicht mehr. Schließlich gibt es in der „Einheitsgewerkschaft DGB“ auch ein paar Alibi-Posten für CDU-Mitglieder. Mit diesen Brosamen vom Tisch der roten Gewerkschaftsbosse geben diese Schwarzen sich zufrieden – und halten still.

So ist es kein Wunder, dass die Spitzenfunktionäre des DGB und seiner Einzelgewerkschaften in erster Linie dort auftreten, wo an den nächsten beiden Sonntagen gewählt wird, in NRW und Schleswig-Holstein. Unter diesem Wahlkampfaspekt sind auch die Auftritte führender SPD-Politiker geplant. Auf der zentralen DGB-Kundgebung in Gelsenkirchen wird Arbeitsministerin Andrea Nahles das hohe Lied der historischen Verbindung von Sozialdemokratie und Arbeitnehmerschaft singen, in Aachen Martin Schulz den gemeinsamen Kampf für die „hart arbeitende Mitte“ beschwören, in Bergkamen Justizminister Heiko Maas in das gleiche Horn stoßen. Überall werden sie – unisono mit den Gewerkschaftsbossen – die „unanständig hohen“ Managergehälter kritisieren.

Natürlich werden die Genossen von DGB und SPD unisono verschweigen, dass Selbstbedienung von Managern und betrügerische Geschäftspraktiken in keinem anderen Unternehmen so verbreitet sind wie bei der Volkswagen AG, also dort, wo Staat, Gewerkschaften und SPD mehr Einfluss haben als in jedem anderen deutschen Konzern. Und dass in allen mitbestimmten Großunternehmen die Gewerkschaftsvertreter in den Aufsichtsräten die „unanständig hohen“ Vorstandsbezüge gerne abnicken – gegen entsprechende Gegenleistungen für Betriebsräte und Belegschaften selbstverständlich.

Die Gewerkschaften als Vorfeldorganisation der SPD – so hatten die Gründungsväter des DGB sich das 1949 nicht vorgestellt. Sie wollten die Lehren aus der Weimarer Republik, in der Richtungsgewerkschaften sich auf das Heftigste bekämpft hatten, ziehen und eine „Einheitsgewerkschaft“ gründen. Aber die parteipolitische Schlagseite dieser „Einheitsgewerkschaft“ ist immer deutlich geworden: Viel SPD-Rot, ein paar grüne Tupfer, auf den unteren Ebenen auch das Dunkelrot der Linkspartei und ab und zu ein „Alibi-Schwarzer“ – das ist der DGB, der am 1. Mai angeblich für „alle ArbeitnehmerInnen“ kämpft, aktuell aber in erster Linie für rot-grüne Erfolge bei den anstehenden Wahlen.

Die diesjährige Mai-Parole „Wir sind viele. Wir sind eins,“ erinnert auffällig an den SPD-Wahlslogan von 2013: „Das Wir entscheidet“. Nun ja: „Wir“, das waren gerade mal 25,7 Prozent der Wähler.

 

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