Während immer mehr Staaten Abstand von der allgemeinen Impfpflicht nehmen, kommt die Debatte in Deutschland erst so richtig in Fahrt. Im Bundestag wird im April über fünf Anträge zur Einführung eines „Impfpflicht“ genannten gesetzlichen Impfzwangs abgestimmt. Eine Gruppe um den Grünen-Abgeordneten Janosch Dahmen fordert eine Impfpflicht ab 18, eine weitere möchte die Bundesbürger ab 50 Jahren zur Corona-Impfung verpflichten.
Dabei gibt es nicht einmal eine solide Grundlage, auf der das Vorhaben beraten werden kann. Die Behörden wissen nicht, wer geimpft und wer nicht geimpft ist. Nach wie vor existiert kein Impfregister. Es wird eine Impfquote von 95 Prozent angestrebt, doch die derzeitige Impfquote ist unbekannt. Derzeit liegt die offizielle Quote an Zweitimpfungen laut RKI bei 75,8 Prozent. Das Institut räumte allerdings bereits ein, wohl nicht alle Impfungen erfasst zu haben. Bei einer repräsentativen Umfrage des Allensbach Instituts gaben 84 Prozent an, doppelt geimpft zu sein. Die tatsächliche Datenlage bleibt nebulös. Auf dieser Basis soll der Impfzwang nun verabschiedet werden.
Hier stellt sich die Frage, was passiert, wenn weder der Impfnachweis erbracht noch das Bußgeld gezahlt wird. Beide Anträge schließen die Erzwingungshaft (Beugehaft) aus. Möglich ist jedoch die Anwendung anderer Zwangsmittel, namentlich das des Zwangsgeldes. Dieses droht immer dann, wenn ein bestimmtes Verhalten erzwungen werden soll. Nach geltenden Gesetzen sind hier theoretisch bis zu 25.000 Euro möglich. Wer das Zwangsgeld nicht zahlt, dem droht die Beitreibung bzw. Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher. Bei Zahlungsunfähigkeit ist normalerweise die Erzwingungshaft die Folge, diese ist in den Anträgen jedoch ausgeschlossen. Auch dieser Verwaltungsakt kann mehrfach wiederholt werden, so lange bis der gewünschte Erfolg – die Impfung – erzwungen wurde.
Nur 2 Prozent der Ungeimpften wollen sich bei einer Impfpflicht impfen lassen
Einem Papier des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags vom Dezember 2021 zufolge stünde es dem Bundestag grundsätzlich sogar frei, Straftatbestände aufgrund des sich Nicht-Impfens einzuführen – das ist bisher aber nicht geplant. Zumindest dann, wenn eine Impfplicht ab 18 oder ab 50 beschlossen wird. Nach §74 des Infektionsschutzgesetz kann mit bis zu 5 Jahren Haft oder einer Geldstrafe bestraft werden, wer das Corona-Virus vorsätzlich verbreitet. Im Falle der Einführung der Impfpflicht könne (im Rahmen einer vorsätzlichen Unterlassung) hierauf der Straftatbestand aufgebaut werden.
In einer Umfrage im Auftrag der Welt sagten lediglich zwei Prozent der Befragten, dass sie sich im Falle einer Impfpflicht impfen lassen würden. Demnach könnte das vorgegebene Impfziel von 95 Prozent auch mit einer Impfpflicht nicht erreicht werden. Ein zunehmender Druck – auch über gesetzliche Zwangsmaßnahmen – wird Deutschland folglich eher nicht zum 95-Prozent-Ziel führen.
Die geringen Erfolgsaussichten einer allgemeinen Impfpflicht zeigen sich auch bei der Impfpflicht für medizinische Berufe, die jetzt schon gilt. Hier droht aufgrund der einrichtungsbezogenen Impfpflicht nunmehr jedem fünften Beschäftigten ein Bußgeld in Höhe von bis zu 2.500 Euro sowie der Verlust des Arbeitsplatzes. Bis heute sind aber bundesweit mindestens rund 10 Prozent der betroffenen Beschäftigten nicht geimpft.
Das zeigt, dass die Impfbereitschaft trotz drohender Bußgelder und Arbeitsplatzverluste im Gesundheitsbereich nicht nennenswert beeinflusst wurde.
Die Reaktion auf die einrichtungsbezogene Impfpflicht kann als Indikator für die Wirkung einer allgemeinen Impfpflicht genommen werden. Es ist dementsprechend davon auszugehen, dass die Impfbereitschaft durch eine allgemeine Impfpflicht ähnlich wenig beeinflusst werden würde wie im Gesundheitswesen.